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Ein Lied für meine Tochter

Ein Lied für meine Tochter

Titel: Ein Lied für meine Tochter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jodi Picoult
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sie den Krug hochhebt und ihn zu mir bringt.
    »Was ist das?«, frage ich.
    »Ein Hoden«, antwortet Angela.
    Kein Wunder, dass ich das nicht erkannt habe. Neben mir würgt Zoe und beginnt zu husten.
    »Der ist irgend so einem Arschloch bei einer Kneipenschlägerei abgebissen worden.«
    »Und er hat ihn aufbewahrt?«
    »In Formaldehyd.« Angela zuckt mit den Schultern. »Er ist eben ein Kerl«, sagt sie, als würde das alles erklären. »Ich habe seine geschiedene Frau vertreten. Sie hat jetzt eine gleichgeschlechtliche Partnerin, und dieser Arsch wollte sie die Kinder nicht sehen lassen. Sie hat mir das Ding zur Verwahrung gebracht. Für ihn sei es das Wichtigste auf der Welt, hat sie gesagt, und es als Ausgleichszahlung verlangt. Ich habe das Ding behalten, weil mir die Vorstellung gefallen hat, einen Beklagten im wörtlichen Sinne bei den Eiern packen zu können.«
    Ich mag Angela Moretti bereits, und das nicht nur, weil sie ein in Formaldehyd eingelegtes Fortpflanzungsorgan auf dem Schreibtisch stehen hat. Ich mag sie, weil niemand auch nur mit der Wimper gezuckt hat, als Zoe und ich händchenhaltend in die Kanzlei gekommen sind. Ich mag Angela, weil sie auf unserer Seite steht, und ich musste sie noch nicht einmal davon überzeugen.
    »Ich habe jetzt schon Angst«, sagt Zoe. »Ich kann einfach nicht glauben, dass Max das tut.«
    Angela schnappt sich einen Notizblock und einen teuer aussehenden Füller. »Die Menschen ändern sich«, bemerkt sie. »Mein Cousin Eddie zum Beispiel war der größte Bastard nördlich von New Jersey, bis er in den Golfkrieg geschickt wurde. Und er war nicht einfach nur launisch oder so. Er war die Art von Typ, der mit dem Auto extra auf das Eichhörnchen zuhält, um es zu überfahren. Ich weiß nicht, was er in dieser Wüste gesehen hat, aber als Eddie zurückkam, ist er zum Mönch geworden. Und das ist die Wahrheit, ich schwöre.«
    »Können Sie uns helfen?«, frage ich.
    Zoe beißt sich auf die Lippe. »Und können Sie uns auch sagen, was das kosten wird?«
    »Keinen Cent«, antwortet Angela. »Und das meine ich wörtlich. GLAD ist ein gemeinnütziger Verein. Seit über dreißig Jahren vertreten wir nun schon die Rechte von Homo-, Bi- und Transsexuellen. Wir waren es zum Beispiel, die den Fall Goodridge gegen das Gesundheitsamt vor Gericht gebracht und zum Präzedenzfall gemacht haben – das Amt behauptete, die Homosexuellenehe verstoße gegen die Verfassung –, und als Folge davon wurde Massachusetts 2004 zum ersten Bundesstaat, in dem die Homosexuellenehe erlaubt wurde. Wir haben für das Recht auf Adoption für homosexuelle Partner gekämpft, sodass der unverheiratete Partner des biologischen Elternteils eines Kindes dieses adoptieren und somit auch das Sorgerecht bekommen kann – und zwar ohne dass der zweite, biologische Elternteil seine Rechte aufgeben muss. Und wir haben das Bundesgesetz zur Verteidigung der Ehe angefochten. Ihr Fall passt hervorragend zu uns«, erklärt Angela, »genau wie der Fall Ihres Ex hervorragend zu Wade Preston passt.«
    »Sie kennen seinen Anwalt?«, frage ich.
    Angela schnaubt verächtlich. »Kennen Sie den Unterschied zwischen Wade Preston und einem Geier? Die Bonusflugmeilen. Preston ist ein homophober Irrer, der durchs ganze Land reist, um die einzelnen Staaten dazu zu bewegen, die Homosexuellenehe in ihren Verfassungen ausdrücklich zu verbieten. Er ist die Anita Bryant und der Jesse Helms dieses Jahrhunderts. Der einzige Unterschied ist, dass er Armani-Anzüge trägt. Aber vor allem ist er hart und zäh, und der Prozess wird dreckig werden. Er wird die Medien mit reinziehen und für Aufruhr im Gerichtssaal sorgen, weil er die Öffentlichkeit auf seine Seite bringen will. Er wird Sie zu Postergirls für unverheiratete Heiden machen, die nicht in der Lage sind, ein Kind großzuziehen.« Angela schaut von mir zu Zoe. »Ich muss wissen, ob Sie beide bereit sind, das bis zum Ende durchzuziehen.«
    Ich greife nach Zoes Hand. »Ja, das sind wir.«
    »Aber wir sind doch verheiratet«, sagt Zoe.
    »Nicht nach den Gesetzen des großen Staates von Rhode Island. Würde Ihr Fall vor einem Gericht in Massachusetts verhandelt, wäre Ihre Position weitaus stärker als in Ihrem Heimatstaat.«
    »Was ist mit den Millionen heterosexueller Paare, die nicht verheiratet sind, aber trotzdem Kinder haben? Warum stellt niemand deren Fähigkeit infrage, die Kinder zu erziehen?«
    »Weil Wade Preston dafür sorgen wird, dass der Fall wie ein Sorgerechtsstreit

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