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Ein Lied für meine Tochter

Ein Lied für meine Tochter

Titel: Ein Lied für meine Tochter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jodi Picoult
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ist da noch eine Nachricht von meiner Mutter, die mich fragt, ob ich ihr heute Nachmittag mit ein paar Möbeln helfen kann.
    Als ich mich meinem gelben Jeep auf dem Parkplatz nähere, wartet Angela Moretti dort auf mich. »Stimmt etwas nicht?«, frage ich sofort. Es kann schließlich kein gutes Zeichen sein, wenn ein Anwalt eine Stunde weit fährt, um einem etwas persönlich mitzuteilen.
    »Ich war gerade in der Nähe«, sagt sie. »Na ja, zumindest in Fall River. Da habe ich mir gedacht, ich komme mal vorbei und berichte Ihnen die neusten Neuigkeiten.«
    »Das klingt nicht sehr gut …«
    »Heute Morgen ist ein weiterer Antrag auf meinen Schreibtisch geflattert, mit schönem Gruß von Wade Preston«, erklärt Angela. »Er will einen Vormund ad litem bestellen lassen.«
    »Einen was?«
    »Das ist bei Sorgerechtsfällen normal. Der Vormund entscheidet, was dem Kindeswohl entspricht, und teilt das dem Gericht mit.« Sie schüttelt den Kopf. »Preston will tatsächlich einen Vormund für ein Ungeborenes bestellen.«
    »Wie kann er …?« Meine Stimme verhallt.
    »Das ist nur Show«, erklärt Angela. »Auf diese Art will er seinen politischen Plan durchdrücken. Das ist alles. Das Gericht wird ablehnen, bevor Sie sich auch nur setzen können.« Sie schaut mich an. »Aber es gibt noch mehr. Preston war gestern Abend bei Joe Hoffman .«
    »Wer ist Joe Hoffman?«
    »Ein Konservativer mit einem Radiosender, der Voice of Liberty. Ein Mekka für die Engstirnigen, wenn Sie mich fragen.«
    »Und worüber hat er gesprochen?«
    Angela schaut mir direkt in die Augen. »Über die Vernichtung familiärer Werte. Und er hat ausdrücklich Sie und Vanessa erwähnt als Vorreiter der homosexuellen Bewegung, deren Ziel nichts Geringeres sei als der Untergang Amerikas. Bekommen Sie beide die Post nach Hause? Falls ja, dann empfehle ich Ihnen dringend, ein Postfach anzumieten. Und ich nehme an, Sie haben eine Alarmanlage …«
    »Wollen Sie mir damit etwa sagen, wir sind in Gefahr?«
    »Ich weiß es nicht«, antwortet Angela. »Aber man kann nie vorsichtig genug sein. Hoffman ist ein kleiner Fisch im Vergleich zu dem, wo Preston hinwill. O’Reilly, Beck, Limbaugh. Er hat diesen Fall nicht übernommen, weil ihm Max am Herzen liegt. Er hat diesen Fall übernommen, weil er damit in die Talkshows kommt. Wenn die Hauptverhandlung anfängt, wird er auf allen Kanälen sein.«
    Angela hat uns davor gewarnt, dass das ein harter Kampf werden würde und dass wir uns darauf vorbereiten müssten. Doch ich habe gedacht, es ginge nur um meine letzte Chance, Mutter zu werden. Dass ich auch meine Privatsphäre verlieren würde, habe ich nicht geahnt.
    »Wenn man sich so ansieht, was er für einen Aufwand treibt, ist das schon lächerlich«, bemerkt Angela.
    Aber ich finde das gar nicht komisch. Als ich in Tränen ausbreche, nimmt Angela mich in die Arme. »Wird es wirklich so schlimm?«, frage ich.
    »Schlimmer«, verspricht sie mir. »Aber stellen Sie sich nur einmal vor, was für Geschichten Sie irgendwann Ihrem Kind erzählen können.«
    Sie wartet, bis ich mich wieder zusammengerissen habe, dann sagt sie mir, ich solle morgen im Gericht erscheinen, um gegen den Antrag vorzugehen. Als ich in meinen Wagen steige, klingelt mein Handy.
    »Warum bist du noch nicht zu Hause?«, will Vanessa wissen.
    Ich sollte ihr von Angelas Besuch erzählen, von Wade Preston und seinem Plan. Aber wenn man jemanden liebt, dann beschützt man sie. Ich werde vielleicht meine Glaubwürdigkeit verlieren, meinen Ruf und meine Karriere, aber es ist meine Schlacht. Es ist mein Ex, es sind meine Embryonen. Vanessa ist da nur reingezogen worden, weil sie das Pech hatte, sich in mich zu verlieben.
    »Ich bin aufgehalten worden«, antworte ich. »Erzähl mir von deiner Fahrt.«
    Aber Vanessa will nichts davon hören. »Was ist los? Du hörst dich an, als hättest du geweint.«
    Ich schließe die Augen. »Ich bekomme eine Erkältung.«
    Das ist das erste Mal, dass ich sie anlüge.
    Meine Mutter und ich brauchen zwei Stunden, um alle Möbel von ihrem Schlafzimmer in mein altes zu schaffen und umgekehrt. Sie sagt, sie brauche eine neue Perspektive, und wie geht man das am besten an? Richtig. Indem man erst einmal dafür sorgt, dass man morgens etwas Neues sieht.
    »Außerdem«, sagt sie, »öffnet sich das Fenster nach Westen. Ich bin es leid, mit der Sonne in meinen Augen aufzuwachen.«
    Ich lasse meinen Blick über die alten Schlafzimmermöbel schweifen. »Du bist jetzt also deine

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