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Ein Lied für meine Tochter

Ein Lied für meine Tochter

Titel: Ein Lied für meine Tochter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jodi Picoult
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Vanessa.
    »Wirklich? Wie auch immer … Auf einen hat sie Mein Ex geschrieben, auf einen anderen Ich habe nie Frieden mit meiner Schwester geschlossen , und Nach der Geburt meiner Kinder habe ich keine zwanzig Pfund abgenommen und so weiter und so fort … Ich sage dir, Vanessa, sie hat ganze drei Textmarker verbraucht. Und dann habe ich sie an den Klippenrand geführt, sie einen Stein nach dem anderen hinunterwerfen lassen und ihr gesagt, in dem Augenblick, in dem sie ins Wasser tauchen, falle die Last auch von ihren Schultern ab.«
    »Ich hoffe nur, da fand nicht gerade eine Fischwanderung im Wasser statt«, murmele ich und trete ungeduldig von einem Fuß auf den anderen. »Ich will euer Fachseminar ja nicht unterbrechen, aber wenn wir nicht bald gehen, verpassen wir die Vorstellung …«
    Vanessa steht auf. »Also ich finde die Idee toll, Dara«, sagt sie. »Du solltest das aufschreiben und an ein Fachmagazin schicken.«
    Vor Verlegenheit wird meine Mutter rot. »Meinst du das ernst?«
    Ich schnappe mir Handtasche und Jacke. »Willst du dich selbst rauslassen?«, frage ich meine Mutter.
    »Nein, nein«, antwortet sie und erhebt sich ebenfalls. »Ich fahre jetzt nach Hause.«
    »Und du willst wirklich nicht mitkommen?«, fragt Vanessa.
    »Ich bin sicher, dass meine Mutter Besseres zu tun hat«, ich umarme sie schnell. »Ich rufe dich dann morgen an«, sage ich und zerre Vanessa aus der Wohnung.
    Auf halbem Weg zum Wagen, dreht Vanessa sich noch mal um. »Ich habe was vergessen«, sagt sie und wirft mir die Schlüssel zu. »Ich bin gleich wieder zurück.« Also steige ich allein in das Cabrio und stecke schon mal den Schlüssel ins Zündschloss. Ich gehe gerade die verschiedenen Radiosender durch, als Vanessa sich auf den Fahrersitz setzt. »Okay«, sagt sie und fährt rückwärts aus der Einfahrt. »Welche Laus ist dir denn über die Leber gelaufen?«
    »Na ja, sagen wir mal so … Was hast du dir dabei gedacht, meine Mom einzuladen, uns zu begleiten?«
    »Dass sie sonst allein zu Hause ist? Und das an einem Samstagabend?«
    »Ich bin vierzig, Vanessa. Da will ich nicht mehr mit meiner Mutter rumhängen!«
    »Das würdest du, wenn sie nicht mehr da wäre«, erwidert Vanessa.
    Ich schaue sie an. In der Dunkelheit wirft der Rückspiegel ein gelbes Licht auf ihre Augen. »Wenn du deine Mutter so sehr vermisst, dann kannst du meine gerne haben«, sage ich.
    »Ich will damit nur sagen, dass du nicht so gemein sein musst.«
    »Und du musst sie nicht ermutigen. Fandst du ihre Ziegelidee wirklich gut?«
    »Sicher. Ich würde diese Methode auch einsetzen, aber die Kids würden vermutlich nur die Namen ihrer Lehrer darauf schreiben, und das wäre nicht gerade konstruktiv.« Sie hält an einem Stoppschild und dreht sich zu mir um. »Weißt du, Zoe, meine Mutter hat mir jede Geschichte mindestens fünfmal erzählt. Ohne Ausnahme. Ich habe immer gesagt Ja, Ma, ich weiß und mit den Augen gerollt. Und jetzt … Jetzt kann ich mich noch nicht einmal mehr an ihre Stimme erinnern. Manchmal glaube ich, sie wieder hören zu können, doch dann ist dieses Gefühl auch schon wieder verschwunden. Gelegentlich schaue ich mir alte Videos an, damit ich nicht ganz vergesse, wie sie geklungen hat, und ich höre mir an, wie sie mir sagt, dass ich einen Servierlöffel für die Kartoffel holen oder ›Happy Birthday‹ singen soll. Ich würde töten , damit sie mir wieder eine Geschichte fünfmal erzählt. Ja, ich würde mich sogar mit einem Mal zufriedengeben.«
    Sie hat ihre Geschichte noch nicht ganz zu Ende erzählt, da weiß ich schon, dass ich nachgeben werde. »Willst du das den Kids in der Schule wirklich antun?« Ich seufze. »Sie zwingen, sich als die armseligen, bösartigen Menschen zu sehen, die sie sind?«
    »Ich denke, das würde funktionieren«, erwidert Vanessa und lächelt.
    Ich schalte mein Handy an. »Dann werde ich meiner Mutter sagen, sie soll uns am Kino treffen.«
    »Sie ist bereits unterwegs«, sagt Vanessa. »Deshalb bin ich ja noch mal ins Haus zurückgelaufen: um sie einzuladen.«
    »Warst du dir wirklich so sicher, dass ich meine Meinung noch mal ändern würde?«
    »Ist die Frage ernst gemeint?« Vanessa lacht. »Ich weiß sogar im Voraus, wie viel Geld du abheben willst, wenn du zum Bankschalter gehst.«
    Ja, das stimmt vermutlich. So ist Vanessa: Wenn man einmal etwas sagt oder tut, dann brennt sich das in ihrem Gedächtnis fest, und sie kann später auf diese Information zurückgreifen. So habe ich zum

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