Ein Lied für meine Tochter
ein Wort zu sagen. »Das ist ein wirklich schönes Haus«, bemerkt Pauline.
»Danke«, sagt Zoe. »Es gehört meiner Freundin.«
Das Wort explodiert förmlich im Raum, doch Pauline reagiert, als hätte sie nichts gehört. Sie deutet auf ein Foto an der Wand hinter Zoe. »Ist das Block Island?«
»Ich glaube schon.« Zoe dreht sich um. »Vanessas Eltern hatten dort ein Sommerhaus, als sie noch klein war.«
»Meine Tante auch«, sagt Pauline. »Ich nehme mir immer wieder vor, noch einmal dorthin zu fahren, doch dann komme ich irgendwie nie dazu.«
Zoe dreht sich zu mir um. »Schau mal, Max. Ihr zwei könnt die Schauspielerei ruhig lassen. Ich will ehrlich zu dir sein. Es gibt nichts, worüber wir reden müssten. Wenn du dir von der Eternal Glory Church das Hirn waschen lassen willst, dann ist das deine Entscheidung. Aber wenn du mit deiner Missionarsfreundin hierhergekommen bist, um mich zu missionieren, dann kann ich dir jetzt schon sagen, dass das nicht funktionieren wird.«
»Ich bin nicht hier, um dich zu missionieren. Egal, was zwischen uns vorgefallen ist, du sollst wissen, dass du mir am Herzen liegst. Und ich möchte, dass du die richtigen Entscheidungen in deinem Leben triffst.«
Zoe funkelt mich an. » Du willst mir von richtigen Entscheidungen predigen? Das ist wirklich lustig, Max.«
»Ja, ich habe Fehler gemacht«, gebe ich zu. »Genau genommen mache ich sie noch immer, jeden Tag. Ich bin nicht perfekt. Aber das ist niemand von uns. Und das ist auch der Grund, warum du mir zuhören solltest, wenn ich dir sage, dass das, was du fühlst … Es ist nicht deine Schuld. Es ist irgendwas mit dir passiert. Aber das bist nicht du.«
Zoe blinzelt mich kurz an und versucht zu verstehen, was ich ihr mitteilen will. Und als sie versteht, kann ich es an ihrem Gesicht ablesen. »Du sprichst von Vanessa. Oh, mein Gott! Du hast deinen kleinen Anti-Homo-Kreuzzug mitten in mein Wohnzimmer geführt.« Panisch schaue ich zu Pauline hinüber, als Zoe die Arme hebt. »Bitte, komm doch rein, Max«, sagt sie spöttisch. »Ich kann es gar nicht erwarten zu hören, was du mir über meinen degenerierten Lebensstil zu erzählen hast. Immerhin habe ich den Tag mit sterbenden Kindern im Krankenhaus verbracht, da käme mir ein wenig Comedy ziemlich gelegen.«
»Vielleicht sollten wir besser gehen«, murmele ich zu Pauline gewandt, doch Pauline geht einfach an mir vorbei und setzt sich auf die Wohnzimmercouch.
»Ich war genau wie Sie«, erzählt sie Zoe. »Ich habe mit einer Frau zusammengelebt, und ich habe sie geliebt und mich als homosexuell betrachtet. Wir sind zusammen in Urlaub gefahren und sind gemeinsam ausgegangen. Und einmal, als die Kellnerin die Bestellung meiner Freundin aufgenommen hatte, hat sie sich zu mir umgedreht und gesagt: ›Sir, was darf ich Ihnen bringen?‹ Damals habe ich nicht so ausgesehen wie jetzt. Ich habe mich wie ein Junge angezogen und mich wie einer bewegt. Ich habe von ganzem Herzen geglaubt, dass ich so geboren wurde, denn solange ich denken konnte, habe ich mich schon anders als andere gefühlt. In jener Nacht habe ich etwas getan, was ich zum letzten Mal als Kind getan habe: Ich habe die Bibel aus dem Nachttisch im Hotel genommen und darin gelesen. Durch puren Zufall landete ich bei Leviticus: Leg dich nicht zu einem Mann wie zu einer Frau. Das ist abscheulich. Ich war zwar kein Mann, doch ich wusste, dass Gott auch über mich sprach.«
Zoe rollt mit den Augen. »Meine Bibelkenntnisse sind zwar ein wenig eingerostet, aber ich bin mir ziemlich sicher, dass dort auch Scheidungen abgelehnt werden. Und trotzdem habe ich nicht plötzlich vor deiner Tür gestanden, nachdem das Gericht uns die Papiere zugeschickt hatte, Max.«
Pauline fährt fort, als hätte Zoe nichts gesagt. »Mir wurde bewusst, dass ich Person und Handeln voneinander trennen konnte. Ich war nicht homosexuell geboren, ich war dazu gemacht worden. Ich habe mir noch einmal die Studien durchgelesen, die beweisen sollten, dass ich so geboren wurde, und ich fand Fehler und Lücken darin so groß, dass ein Truck hindurchgepasst hätte. Ich war auf eine Lüge hereingefallen. Und nachdem mir das erst einmal klargeworden war, wurde mir auch bewusst, dass die Dinge sich wieder ändern konnten.«
»Sie meinen …«, sagt Zoe atemlos. »So einfach ist das? Ich muss einfach nur an Gott glauben, und ich werde auf magische Art errettet? Ich muss einfach nur sagen, ich bin nicht lesbisch und dann … Halleluja! Bin ich geheilt. Lassen
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