Ein Lindwurm unter Wölfen (German Edition)
ja besser als gedacht“, flüsterte der Lindwurm Velyne zu. Im Gegensatz zu Velyne war der Lindwurm sehr gut darin, überzeugende Lügen und Ausreden für fast jede Situation zu erfinden. Der Lindwurm ließ Velyne voran gehen und bald waren sie mitten unter den anderen Wölfen. Velyne schien tatsächlich einer der stärksten zu sein. Das viele Training mit dem Lindwurm hatte sich eindeutig schon bemerkbar gemacht.
Velyne sah sich um und staunte, wie viele Wölfe da auf einen Fleck waren. Doch besonders glücklich schienen sie nicht zu sein. „Pst, du. Das sieht ja aus wie ein Trauerhaufen. Ich glaube denen fehlt wohl ein Lindwurm, der sie trainiert und gelegentlich verschluckt“, flüsterte er ganz leise zum Lindwurm und kicherte. “Ich glaube die Wölfin da drüben ist perfekt für mein Anliegen. Vielleicht kann ich sie ja beeindrucken“, meinte Velyne und lächelte aus Vorfreude.
„Hm... könnte sein. Versuch doch mal eine der Wölfinnen anzusprechen. Ich bin mal gespannt, ob sie dich mögen. Ich lass das besser bleiben, weil ich bezweifle, dass sie von einem Lindwurm besonders begeistert wären. Wir Lindwürmer sind bei den meisten Tieren nicht besonders beliebt. Aber egal. Sie wissen ja nicht, was ich in Wirklichkeit bin.“
"War auch nur ironisch gemeint", sagte Velyne und zwinkerte mit einem Auge. „Nun gut... Velyne du schaffst das. Ansprechen und nicht stottern... ansprechen und nicht stottern", sagte er leise zu sich selbst und ging auf die Wölfin zu. Diese schien schon ziemlich interessiert an ihm zu sein. Immerhin sah er weit stärker und dominanter aus als all die Anderen hier. Von Weitem konnte man die Beiden sprechen sehen und auch, dass Velyne rot wurde als ihm die Wölfin über die Backe schleckte.
Der Lindwurm beobachtete Velyne aus einiger Entfernung. Er wollte lieber nicht näher rangehen, um Velyne nicht zu stören. Doch es schien eigentlich ganz gut zu laufen. Zumindest hatte es den Anschein.
Velyne drehte sich noch mal zum Lindwurm um und nickte deutlich. Gleich darauf verschwand er in einer Höhle, die das Rudel als Unterschlupf für die Nacht verwendete. Da es aber Tag war, waren die Beiden ungestört. Doch plötzlich gingen zwei Wölfe auf den Lindwurm zu und sahen ihn prüferisch an. „Du willst Jäger sein? Aber das meinst du doch nicht ernst, oder?“, fragte einer ziemlich abwertend.
Der Lindwurm war ein wenig überrascht, selbst angesprochen zu werden und erwiderte: „Äh... sind nicht alle Wölfe mehr oder weniger Jäger? Natürlich ist Velyne der bessere von uns beiden. Aber ich bin dafür ein besonders guter Spurenleser.“ Der Lindwurm wusste, dass er noch immer etwas ungeschickt war, so lange er als Wolf herumlief. Daher war es wohl besser. erst mal nicht zu sehr anzugeben.
„Nun gut, da hast du wohl Recht. Also bist du sozusagen nur die linke Pfote von deinem Freund?“, fragte der eine provozierend. „Pscht, Noton. Du sollst die Neuen nicht ärgern. Tut mir Leid, er ist immer so.“ „Spurenleser sind Schwächlinge“, unterbrach Noton wieder. „Halt die Schnauze!“ rief der Zweite und schlug ihm auf den Hinterkopf. „Komm wir gehen Noton. Tut mir aufrichtig Leid“, sagte der zweite Wolf und verließ mit seinem Kumpel Noton den Lindwurm, der derzeit ein Wolf war.
Der Lindwurm erwiderte besser nichts, da er nicht auffallen wollte. Doch insgeheim merkte er sich genau, wer von den Wölfen ihn gerade als Schwächling bezeichnet hatte. „Na warte nur. Wir werden ja sehen, wer hier der Schwächling ist“, murmelte er so leise, dass es keiner der Wölfe hören konnte.
Mittlerweile hatte Velyne seinen Spaß mit der Wölfin. Sie ließ alles mit sich machen und schien schon auf ein kräftigeres Männchen gewartet zu haben. Nun konnte Velyne endlich all seine Träume ausleben, für die er vorher zu schüchtern und zu schwach gewesen war. Viele der anderen Wölfe sahen den Lindwurm neugierig an.
Der Lindwurm wusste nicht so recht, was er tun sollte. Eigentlich hatte er keine Ahnung, was Wölfe so taten, wenn sie unter sich waren. Er hoffte, dass er nicht allzu sehr auffallen würde. An den Wölfinnen war er nicht wirklich interessiert. Es war wohl auch besser, sich möglichst ein wenig abseits aufzuhalten, denn er war sich nicht sicher, ob die Wölfe vielleicht riechen konnten, dass er nur zum Schein ein Wolf war.
Nach einer Stunde kam Velyne aus der Höhle und lächelte zufrieden. Doch dann beobachtete er wie eine zweite Wölfin direkt auf den Lindwurm zuging.
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