Ein Lord entbrennt in Leidenschaft
„Nein, nein! Ich weiß, was Sie sagen wollen. Immerhin haben Sie mir selbst erzählt, dass der ein oder andere sich auf Sie verlässt – aber da geht es um Geld. Das geben Sie Ihrer Mutter und Ihrer Schwester und bestimmt auch Ihrer Mätresse im Über fl uss. Aber das ist ja auch einfach. Was Sie nicht bereit zu geben sind, ist etwas von sich selbst.“
„Ich glaube, ich kann Ihnen nicht ganz folgen. Bis aufs Blut ausgenommen zu werden heißt nicht, etwas von mir selbst zu geben? Genügt das nicht?“ Seine Worte klangen bitter. Er war so reich, dass diese paar Frauen ihn kaum ruinieren konnten, wenn sie sich auch alle Mühe gaben. Charlotte auszuzahlen hatte ihn ein kleines Vermögen gekostet und ein Brillanthalsband obendrein, und seine Mutter deutete auch schon wieder Renovierungswünsche für ihren Witwensitz an. Ganz zu schweigen von seinem Neffen Jeremy mit seinen regelmäßig au fl aufenden Spielschulden.
„Sie verstehen mich sehr gut, Mylord“, sagte sie streng. Er war schließlich kein Dummkopf, und sie hasste Ausweichmanöver. „Für Sie ist Geld das Allheilmittel, doch Sie sind verstimmt, wenn Sie nichts dafür zurückbekommen.“ Als sie sein Stirnrunzeln sah, begriff sie, dass sie sich schon wieder zu weit vorgewagt hatte. Er mochte offene Worte schätzen, doch unbequeme Wahrheiten schätze er nicht. Clarissa ver fl uchte ihre Deutlichkeit, die ihr schon immer Ärger eingebracht hatte.
Sie biss sich auf die Lippe, doch die reuevolle Miene gelang ihr nicht so recht. „Ich bitte um Verzeihung, Sir. Manchmal reißt mich mein Übereifer hin. Wählen wir ein angenehmeres Thema.“ Schmeichelnd sah sie zu ihm auf.
„Gut. Aber geben Sie zu, es tut Ihnen überhaupt nicht leid – Sie haben nur meinen Ärger bemerkt.“ Hastig verdrängte Kit, dass sie ihn anscheinend mühelos durchschaute – und dass sie bis aufs Wort wiedergab, was er selbst oft über sich dachte. Ach, das war purer Zufall. So leicht durchschaubar war er wirklich nicht. Mittlerweile war er sich sicher, dass sie irgendein Spielchen spielte, aber ein außerordentlich raf fi niertes, und das reizte ihn. „Zur Sache, Miss Wexford. Zuerst einmal, ich weiß, dass Sie nicht so heißen. Wie soll ich Sie also nennen? Denn wenn wir schon auf Offenheit setzen, würde ich doch wenigstens ein winziges Stückchen Wahrheit schätzen.“
„Nun gut, sagen Sie Clarissa zu mir. Da wir doch zwanglos miteinander umgehen wollen.“
„Ah, sind wir also zwanglos, Clarissa. Und werden Sie mich mit Kit ansprechen?“
„Ja, gerne, Kit. Ich schätze, da unsere Bekanntschaft sowohl zwanglos als auch von kurzer Dauer sein wird, können solche Vertraulichkeiten nicht schaden. Wir sind schließlich unter uns.“
„Sie faszinieren mich. Verstehe ich recht, dass Sie nicht nach Charlotte du Prés’ Position trachten?“
Eilig unterdrückte sie ihren auf fl ammenden Zorn und entgegnete ruhig: „Nein, eine solche Beziehung wünsche ich nicht. Und weder eine fi nanzielle Entschädigung noch Geschenke oder ähnliches. Stellen wir das gleich klar, Lord … äh … Kit.“ Sie beugte sich vor und berührte leicht mit ihren Fingerspitzen seinen Arm. Selbst dieser winzige Kontakt ließ ihre Haut prickeln.
„Ich sehe, Sie meinen es ernst. Lügen fällt Ihnen nicht leicht, oder? Ich weiß nicht, was Sie beabsichtigen, aber Sie haben ehrliche Augen“, sagte Kit mit schiefem Lächeln. „Also auch keine Geschenke. Nun, das ist in der Tat eine erfrischende Abwechslung. Und Sie sind zufrieden damit, Charlottes Position nicht infrage zu stellen?“ Er hatte eben beschlossen, ihr zu verheimlichen, dass die Dame längst Geschichte war.
Seine Frage gab Clarissa zu denken. Wenn er die eine Dame abschaffte, würde er sie bestimmt durch eine andere ersetzen wollen – Amelia. Eigentlich hatte sie nicht beabsichtigt, sich über seine Mätressen zu äußern, doch wenn sich gerade die Gelegenheit ergab?
„Denken Sie an eine Veränderung? Hatten Sie gestern nicht gesagt, dass die Gerüchte bezüglich Miss Warrington nicht zutreffen?“
„Ich sagte, dass ich sie nicht zur Frau wünsche. Was soll ich mit einer Gemahlin, solange ich mein Vergnügen außerhalb des Ehebettes fi nden kann? Welche Freuden die Ehe bieten soll, habe ich noch nicht heraus fi nden können. Tagtäglich schreiben die Skandalblätter von neuen Ehebrüchen, gebrochenen Herzen, unehelichen Kindern; unerwähnt bleibt das Leid, das daraus entspringt – für die Kinder zumindest, wenn schon nicht für
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