Ein Lord entbrennt in Leidenschaft
bisher gelangweilt.
„Ich sagte, dass ich weder Miss du Prés verdrängen möchte, noch sonst eine Dame Ihrer Gunst – eine Ihrer Opernsängerinnen oder lockeren Vögelchen oder wie Sie sie zu bezeichnen p fl egen.“ Sie schaute auf und errötete. „Lachen Sie über mich?“
„Nein, nein, ehrlich nicht. Mich beeindruckt lediglich, dass Sie mir so viel zutrauen. Wie viele dieser ‚Vögelchen‘, vermuten Sie denn, könnte ich gleichzeitig beglücken? Ich bin schließlich auch nur ein Mann.“
Clarissa konnte nicht anders, sie musste kichern. So unerhört dieses Gespräch auch war, war es doch auch unerhört amüsant. „Nun, erwähnten Sie nicht selbst Ihre schlechte Reputation? Also nahm ich natürlich an, dass Sie Quantität vor Qualität setzen.“
Nun schmunzelte Kit seinerseits amüsiert. „Nein, Clarissa, wirklich, da irren Sie gewaltig. Ich ziehe Qualität jederzeit vor, nur ist sie sehr rar. Aber nun habe ich Sie schon wieder unterbrochen. Bitte fahren Sie fort, das ist äußerst … äußerst … äh … faszinierend.“
„Ah, gut zu hören, dass Sie Qualität bevorzugen, denn eben die biete ich Ihnen. Sehen Sie, ich bin vierundzwanzig, und es wird höchste Zeit, dass ich heirate. Aber die Ehe verurteilt einen, wie Sie selbst sagten, zu lebenslanger Langeweile und verspricht gerade der Frau wenig Genuss.“ Tiefe Röte stieg ihr in die Wangen, doch sie wollte um keinen Preis aufhören, so peinlich das alles war. „Dennoch muss ich endlich heiraten, und das bald, ehe ich zu alt bin.“
Als sie den Blick hob, sah sie deutlich lesbar Unbehagen auf Kits attraktives Gesicht geschrieben, und beeilte sich, ihn zu beruhigen. „Keine Angst, nicht das verlange ich von Ihnen! Ich habe nicht die Illusion, zu Ihren gesellschaftlichen Höhen aufstreben zu können, denn ich habe keine Mitgift und entspreche nicht dem gerade modernen Schönheitsideal. Doch es gibt da einen Ehekandidaten, nur ist er leider ein wenig gesetzt und mehr als nur ein wenig alt.“ Gnadenlos und ohne Gewissensbisse nahm sie ihren Nachbarn Mr. Bingley Smythington als Modell, was sie sofort sehr glaubhaft schaudern ließ. Der Mann hatte ständig feuchte Hände und stolzierte aufgeblasen wie ein Truthahn einher, außerdem war er dem sechzigsten Lebensjahr näher als dem fünfzigsten. „Deshalb dachte ich, wenn ich mich schon mit einem Leben in Schicklichkeit ab fi nde, könnte ich mir zuvor ein einziges Mal etwas gönnen und ein einziges kleines Abenteuer erleben.“
Sie unterbrach sich, um zu sehen, wie Kit reagierte, doch er hob nur eine Augenbraue und bedeutete ihr fortzufahren. Weil ihr klar gewesen war, dass sie überzeugen musste, hatte sie ihre Rede so gründlich einstudiert, dass sie in ihrem Eifer, seine Zustimmung zu erlangen, jede Sittsamkeit vergaß.
„Sie sehen also, warum die Beziehung zu Ihnen auf jeden Fall verborgen bleiben muss. Und von kurzer Dauer. Ich darf nicht kompromittiert werden. Und ich dachte sofort an Sie, weil Sie sich, wie Sie sagen, kein Gewissen daraus machen, eine Jungfrau zu verführen – vorausgesetzt, sie ist willig. Und das bin ich – vorausgesetzt, dass es für mich Vergnügen bedeutet. Was natürlich der Fall sein wird, da Ihr Ruf als Frauenheld ja … nun, Sie wissen, was ich meine.“ Jäh verstummte sie, ob ihres Gedankengangs tief errötet. Ohne Frage würde es ein Vergnügen sein, sich diesem Mann zu ergeben, daran zweifelte sie nicht im Mindesten. Aber, musste sie sich rasch erinnern, so weit würde sie ja keinesfalls gehen. Deshalb fort mit diesen gefährlichen Gedanken!
Wie um sich zur Ordnung zu rufen, schüttelte sie leicht den Kopf und nahm ihre Ausführungen wieder auf, wobei sie feststellte, dass Kit sie amüsiert und ein wenig ratlos betrachtete. „Ich muss darauf bestehen, dass Sie mir versprechen, für eine Weile, das heißt, für die Dauer unserer Bekanntschaft, keiner anderen Frau Aufmerksamkeit zu schenken. In der Tat ist es eine grundlegende Bedingung. Vor allem jedoch will ich etwas Neues erleben. Etwas Überraschendes. Ich erwarte ein Abenteuer, nicht einfach eine Affäre.“
Abwehrend hob sie eine Hand, als er etwas sagen wollte. Jetzt kam nämlich die schwierigste Stelle. „Sie sagten natürlich, dass Sie mangelnde Erfahrung nicht besonders schätzen, und ich will nicht vorgeben, die Künste einer Dame wie zum Beispiel Charlotte du Prés zu besitzen. Doch ich bin lernbegierig, und ich bin mir sicher, wenn Sie bereit wären, sich darauf einzulassen, würden Sie
Weitere Kostenlose Bücher