Ein Lord entdeckt die Liebe
nichts mehr da befand, wo man es suchte.
„Seit Hardwick uns verlassen hat“, bemerkte Billings, „gehen die Arbeiten hier nicht mehr so zügig voran.“ Er ließ den Blick über das Chaos schweifen. „Soll ich Ihnen zum Aufräumen jemanden vom Personal schicken, Mylord?“
„Nein, ich werde mich selbst darum kümmern“, gab Braedon gereizt zurück. Er wollte Hardwicks Namen nicht mehr hören. Er wollte nicht mehr an Hardwick denken. Er wollte sich auf seine Sammlung konzentrieren. Aber das war auf einmal sehr schwierig geworden. Ihm fehlte jemand, mit dem er sich über seine Pläne, seine Sorgen und seine Begeisterung austauschen konnte. Warum, zum Teufel, hatte er, solange Hardwick da war, nicht bemerkt, wie sehr er sie brauchte?
Er nahm den Brief, den Billings ihm reichte, öffnete ihn jedoch nicht, sondern fragte: „Stellt sich heute noch jemand vor, der sich um Hardwicks Posten beworben hat?“
„Ja, Mylord. Soll er in der Bibliothek warten, bis Sie Zeit haben, mit ihm zu sprechen?“
„Das wird das Beste sein. Hat der Bewerber irgendwelche Zeugnisse?“
Billings runzelte die Stirn. „Ja, Mylord. Er war bis vor Kurzem bei einem Bergwerksbesitzer beschäftigt.“
Braedon stieß einen lästerlichen Fluch aus. Es hatten sich bereits mehrere Männer vorgestellt, die bisher als Verwalter oder Privatsekretär gearbeitet hatten. Keiner hatte auch nur die geringste Ahnung davon gehabt, wie man eine Sammlung wie die seine pflegen und erweitern sollte. Und nicht nur das! Es war auch nicht einer dabei gewesen, der etwas von Menschenführung verstanden hatte. Wie war es Hardwick nur gelungen, sich stets die Unterstützung von Handwerkern, Kaufleuten und Antiquitätenliebhabern zu sichern?
Zornig schlug er mit der flachen Hand auf den Tisch. Wie absurd, dass Hardwick nun in London war, um eine Geburtstagsfeier zu organisieren! Sie gehörte hierher, nach Denning Castle!
Jemand stürzte in den Raum, knallte die Tür hinter sich zu und rief: „Mylord, drüben …“ Es war Brian Keller, der Architekt, der mit hochrotem Kopf neben Billings zum Stehen kam. Vorwurfsvoll zeigte er auf den Brief in der Hand des Marquess. „Dafür ist jetzt keine Zeit. Ich brauche Sie nebenan.“
Braedon warf einen kurzen Blick auf das Schreiben, das er noch nicht einmal geöffnet hatte.
„Der Italiener hat schon wieder mit einem der Zimmerleute gestritten. Ich habe versucht, ihn zu beruhigen. Aber er weigert sich, die Stuckarbeiten im Ausstellungsraum fertigzustellen. Sie müssen ihm mit Kündigung drohen, damit er weitermacht, sonst werden wir den Raum nie vollenden.“
Braedon war froh, die Werkstatt verlassen zu können, in der alles ihn an Hardwick erinnerte. Er hatte die Tür schon fast erreicht, als er abrupt stehen blieb und Keller fragte: „Hätte Hardwick ihm gedroht?“
„Um Himmel willen, nein!“
Er wartete.
Keller sah sehr unglücklich aus. „Ich weiß nicht genau, was sie getan hätte. Wahrscheinlich hätte sie sich erst einmal angehört, was jeder der Streithähne zu sagen hatte. Dann wäre es ihr irgendwie gelungen, alle zum Lachen zu bringen. Und schon hätten sie ihren Streit vergessen und sich gegenseitig ermutigend auf die Schulter geklopft.“
„Um Gottes willen, das kann ich nicht.“
Keller warf ihm einen ungeduldigen Blick zu. „Sie sind der Marauding Marquess. Es heißt, Sie hätten im Krieg wahre Heldentaten vollbracht. Da werden Sie es doch schaffen, diese Dummköpfe zur Vernunft zu bringen!“
Die Tür wurde so heftig aufgestoßen, dass sie gegen die Wand knallte. Zwei aufgeregte Männer drängten sich in den Raum. Der italienische Stuckateur gestikulierte wild mit den Händen und fluchte laut in seiner Muttersprache. Der englische Zimmermann wiederum brüllte, er verstehe nicht einmal, was ihm vorgeworfen werde, und er erwarte eine Entschuldigung dafür, dass er sich ständig anschreien lassen müsse.
Keller drängte sich zwischen die Streitenden. Und Billings rief laut: „Ruhe jetzt!“
Braedon tat zunächst gar nichts. Innerlich verfluchte er Hardwick, die ihn mit solchen Problemen allein gelassen hatte. Am liebsten hätte er eines der Schwerter ergriffen, die in der Werkstatt herumlagen, und allen Anwesenden damit gedroht. Aber das war natürlich ganz undenkbar. Tatsächlich hatte er – abgesehen vom Krieg – keine Waffe mehr benutzt, um anderen Angst einzujagen. Selbst damals, als er noch gemeinsam mit seinem Vater und seinem Bruder in Denning Castle lebte, hatte er nur zum
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