Ein Lord entdeckt die Liebe
gelassen den Blick der Pfarrersfrau. „Ich muss gestehen, dass mir nie der Gedanke gekommen ist, ich könne eine Anstandsdame benötigen. Sie erinnern sich sicher, dass ich gemeinsam mit meinem Vater hierhergezogen bin. Nach seinem Tod war ich einerseits so traurig und andererseits so sehr mit meiner Arbeit beschäftigt, dass ich gar keine Zeit hatte, über eine Anstandsdame nachzudenken.“
„Nun, ich habe wiederholt darüber nachgedacht“, meinte Mrs Goodmond. „Aber Lord Marland schien sich für nichts anderes zu interessieren als für die Bauarbeiten. Natürlich hat es trotzdem Gerede gegeben. Ich habe versucht, die Gemüter zu beruhigen. Doch heute Abend …“
Chloe machte eine abwehrende Handbewegung. „Ich habe nicht meinen Charakter geändert, sondern lediglich meinen Kleiderstil.“
„Sie sollten wissen, wie wichtig das Äußere ist, Miss Hardwick. Ich hoffe nur, dass es noch nicht zu spät …“
Braedon fand, es sei an der Zeit, einzuschreiten. „Ich achte Ihre Meinung, Mrs Goodmond“, erklärte er. „Aber Hardwick gehört zu meinem Haushalt. Und ich schätze es nicht, wenn man sich in meine Angelegenheiten mischt.“
Ehe die Pfarrersfrau eine unhöfliche Antwort geben konnte, sagte Mairi: „Wir alle wissen, dass mein Bruder ein verantwortungsvoller Arbeitgeber und zudem ein Gentleman ist. Lassen wir das Thema also. Wollen Sie mir nicht lieber erzählen, was Sie für die Menschen hier tun, Mrs Goodmond? Es heißt, Sie seien eine große Wohltäterin.“
Braedon holte tief Luft. Vor Kurzem noch hatte er sich gegen die meisten Gefühle erfolgreich zur Wehr gesetzt. Warum war das plötzlich so schwierig geworden? Wenn wenigstens das Dinner endlich zu Ende wäre und er sich zurückziehen könnte!
Morgen, beschloss er, werde ich mit Hardwick reden, und alles wird wieder seinen normalen Gang gehen.
Chloe starrte auf ihren Teller. Sie hatte gehofft, Lord Marland würde von ihrer Verwandlung fasziniert sein. Doch er wirkte lediglich gereizt. Woran lag das?
In diesem Moment trafen sich ihre Blicke. Und sie begriff, was geschehen war. Während sie selbst, schon ehe Lady Ashton aufgetaucht war, begonnen hatte, sich zu verändern, war der Marquess derselbe geblieben. Vermutlich war er gar nicht bereit, eine neue Chloe zu akzeptieren.
Hoffentlich, dachte sie, habe ich nicht einen großen Fehler begangen.
In diesem Moment hörte sie, wie die Countess sagte: „… verstehe jetzt, warum du Miss Hardwick in deinen Briefen so gelobt hast, Braedon. Auch mir hat sie heute bei der Lösung eines besonders schwierigen Problems geholfen.“
Marland brummte etwas Unverständliches.
Mairi wandte sich an Mrs Goodmond. „Es geht um die Feier zum Geburtstag meines Gatten. Ich möchte ihn überraschen, indem ich etwas arrangiere, das genau seinem Geschmack entspricht und keinen seiner Wünsche offen lässt. Alle männlichen Vergnügen sollen …“
„Oho!“, rief Sir Thomas.
„Beinahe alle männlichen Vergnügen“, korrigierte Mairi sich, „sollen berücksichtigt werden. Die Vorbereitungen werden natürlich viel Zeit in Anspruch nehmen. Ich hoffe sehr, dass ich jemanden finde, der so gut organisieren kann wie Miss Hardwick.“
Wie vom Blitz getroffen, starrte Chloe die Countess an. Dann bemerkte sie Lord Marlands Blick, der auf ihr ruhte. Und plötzlich wurde ihr klar, dass sie keinen Fehler begangen hatte. Sie hatte sich verändert, ja. Es war richtig, zu dieser Veränderung zu stehen. Vielleicht war es sogar nötig, den Marquess noch mehr zu schockieren, als sie das bereits getan hatte. Vielleicht war es an der Zeit, ihn spüren zu lassen, dass er ihre Anwesenheit nicht als selbstverständlich hinnehmen durfte.
„Mir ist da gerade eine Idee gekommen, Lady Ashton“, meinte sie lächelnd. „Mir stehen ein paar freie Tage zu. Die könnte ich doch mit Ihnen in London verbringen. Ich würde Ihnen gern bei den Vorbereitungen zu dieser Geburtstagsfeier helfen.“
„Wundervoll!“, rief Mairi.
Die Goodmonds tauschten einen Blick.
Der Marquess stieß ein Schnauben aus.
Sir Thomas runzelte die Stirn.
„Ich wäre sehr glücklich, wenn Sie mich nach London begleiten würden!“, verkündete Mairi. „Mit Ihrer Unterstützung werde ich meinen Gatten mit der schönsten Geburtstagsfeier aller Zeiten überraschen.“
„Ich bitte dich, Mairi!“, beschwerte Braedon sich. „Als ich dir riet, dir eine nette Beschäftigung zu suchen, dachte ich nicht daran, dass du mir Hardwick entführen
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