Ein Lord entdeckt die Liebe
lang mit ihrer strengen Frisur und ihren sackartigen Kleidern hinters Licht geführt hatte? Nun, auf jeden Fall behagte es ihm nicht, dass Sir Thomas ihr so anbetende Blicke zuwarf.
Chloe kämpfte unterdessen gegen ihre Nervosität. Warum sagte Braedon nichts?
Tatsächlich fand er erst in diesem Moment seine Stimme wieder. Noch klang sie rau, als er nichts weiter als „Hardwick“ hervorstieß.
„Mylord.“ Sie nickte ihm zu.
„Vermutlich sollte ich Ihnen zu Ihrem veränderten Äußeren gratulieren.“
Sie hob die Hand, als wolle sie nach den Knöpfen der Jacke greifen, die sie normalerweise trug. Braedon kannte die Geste gut und verspürte ein Gefühl des Triumphs. In diesem Moment senkte sie den Arm wieder. Tatsächlich hatte das Kleid keine Knöpfe an der entsprechenden Stelle. Es war ein wundervolles Kleid. Der weich fließende Stoff erinnerte ebenso wie die Farbe an den Ozean – was zweifellos beabsichtigt war.
Jetzt lächelte Chloe. „Sie sind natürlich nicht verpflichtet, mir ein Kompliment zu machen. Sollten Sie sich allerdings entscheiden, es zu tun, so werde ich es freudig akzeptieren.“
„Es ist vollkommen überflüssig, dass ich Ihnen schmeichle. Denn Ihr Spiegelbild hat Ihnen bereits bewiesen, dass Sie hinreißend aussehen.“
Sie neigte den Kopf ein wenig. „Jede Frau liebt es, Komplimente aus dem Mund eines Gentleman zu hören. Deshalb will ich Ihnen auch für diesen halbherzigen Versuch danken.“
Noch immer zornig nahm er einen Schluck aus seinem Glas. „Ich dachte gerade an die Redensart: Das Fell eines Leoparden ändert niemals sein Muster. Und ich hoffe sehr, dass das stimmt.“
„Um bei Ihrem Bild zu bleiben: Ich habe das Muster meines Fells nicht geändert, sondern zeige mich lediglich von einer anderen Seite.“
„Eher könnte man sagen: Sie haben Ihr Inneres nach außen gekehrt.“
Chloe lachte. „Durchaus nicht.“
Mairi, die die schlechte Laune ihres Bruders bemerkt hatte, trat zu ihm und legte ihm lächelnd die Hand auf den Arm. „Bitte, verzeih die Verspätung. Wollen wir ins Speisezimmer gehen?“
Sir Thomas verbeugte sich vor Mrs Goodmond. Und so blieb es dem Pastor überlassen, Chloe den Arm zu reichen. Zuvor allerdings trat sie noch einmal nahe an Lord Marland heran. „Vielleicht erhaschen Sie einen Blick auf mein Inneres. Allerdings nur, wenn Sie mir auch etwas von Ihrem zeigen.“
Er runzelte die Stirn und führte seine Schwester schweigend ins Nebenzimmer, wo ein festlich gedeckter Tisch wartete. Nachdem alle Platz genommen hatten, warf Braedon einen kurzen Blick in die Runde. Nie zuvor hatte er eine so seltsame Gesellschaft zu Gast gehabt. Vor allem Hardwicks Anwesenheit in diesem Zimmer verstörte ihn.
Zweifellos steckt Mairi hinter allem. Daher war zu hoffen, dass Hardwicks Veränderung nur eine vorübergehende Episode sein würde. Bald würde seine Assistentin sich wieder in die zuverlässige, kluge und unauffällige Frau verwandeln, die er so schätzte. Natürlich hatte er nicht grundsätzlich etwas gegen schöne und schlagfertige Frauen. Aber solche Qualitäten brauchte seine Hardwick nicht. Und ganz gewiss würde er ihr niemals einen Blick in sein Inneres gestatten!
Er unterdrückte ein Seufzen und versuchte, Hardwick einfach nicht mehr zu beachten. Doch aus irgendeinem Grunde wollte ihm das nicht gelingen. Immer wieder musste er zu ihr hinschauen. Sie sah so sanft aus, so weich und weiblich. Im Licht der Kerzen schimmerte ihr Haar verführerisch. Ihre Figur war aufregend weiblich. Ihre blauen Augen blitzten. Wo, zum Teufel, war ihre Brille geblieben?
Gerade beugte Chloe sich lachend zu Mr Goodmond hinüber.
Braedon fühlte, wie erneut Zorn in ihm aufstieg. Was, zum Teufel, sollte das? War er etwa eifersüchtig? Nein, unmöglich!
In diesem Moment schaute sie auf. Ihre Blicke trafen sich. Errötend wandte sie den Kopf ab.
Nein, er war nicht eifersüchtig. Die Vorstellung war einfach absurd! Trotzdem beneidete er den Pfarrer, weil Chloe ihm dieses strahlende Lächeln schenkte. Woher kam dieses Leuchten, das ihr Gesicht erstrahlen ließ? Er musste sie einfach anschauen.
Er war nicht der Einzige. Auch Sir Thomas starrte sie fasziniert an. Selbst Mr Goodmond schenkte ihr bewundernde Blicke.
Mrs Goodmond hingegen sagte spitz: „Ich habe mich gefragt, ob Sie daran denken, eine Anstandsdame einzustellen, Miss Hardwick. Lady Ashton wird vermutlich nicht allzu lange in Denning bleiben.“
Chloe legte ihr Besteck aus der Hand und erwiderte
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