Ein Lord entdeckt die Liebe
solltest.“
Chloe straffte die Schultern.
Lady Ashton sagte ernst: „Miss Hardwick ist eine junge Frau, die selbst über ihr Leben entscheiden kann. Sie hat Gefühle, Hoffnungen und Träume wie andere junge Frauen auch.“
„Sie hat vor allem Pflichten. Ich brauche sie hier. Die Sammlung …“
„… ist in Ihren Händen gut aufgehoben, Mylord“, erklärte Chloe. „Der Anbau ist so gut wie fertig. Das Gleiche gilt für die Innenausstattung des Ausstellungsraums und der Werkstatt. Es gibt genug Ausstellungsstücke. Gewiss können Sie mich ein paar Wochen lang entbehren.“
„Natürlich kann er das!“, bestätigte Mairi. „Ich freue mich so darauf, mit Ihnen zusammenzuarbeiten, Miss Hardwick. Aber wir werden auch Gelegenheit haben, ins Theater zu gehen, Ausfahrten in den Park zu unternehmen und uns in den Londoner Geschäften umzuschauen.“
Chloe war hin- und hergerissen. Was Lady Ashton sagte, hörte sich wundervoll an – aber auch beängstigend.
„Das ist lächerlich, Mairi“, schimpfte der Marquess. „Du willst Hardwick doch nicht etwa in die Gesellschaft einführen?“
Sein spöttischer Ton ließ Chloe erschauern.
Doch Lady Ashton war nicht zu bremsen. „Du solltest Miss Hardwick nicht unterschätzen.“
„Und du solltest die Geduld der Mitglieder der guten Gesellschaft nicht überschätzen.“ Er schaute kurz zu Chloe hin und fuhr fort: „Hardwick kann Marmor von Alabaster unterscheiden, alte Waffen restaurieren und mit Schreinern und Antiquitätenhändlern verhandeln. Aber sie hat keine Ahnung von gesellschaftlichen Regeln oder Mode. Man wird sich über sie lustig machen. Sie wird den Klatsch nicht ertragen.“
Chloe starrte ihn an. Gewiss hatte er nicht beabsichtigt, grausam zu sein – oder?
„Im Übrigen kenne ich dich gut genug, Mairi, um zu wissen, dass es dir nicht nur um diese Geburtstagsfeier geht. Natürlich wirst du alles daransetzen, um Miss Hardwick unter die Haube zu bringen. Und mit welchem Ergebnis? Zu guter Letzt wird sie mit zerstörten Träumen und ohne Hoffnung dastehen.“
Der Schmerz durchfuhr Chloe wie ein scharfes Schwert. Marland schien noch nicht einmal zu merken, wie abwertend er über sie sprach. Sie schluckte. Nie hätte sie gedacht, dass er ihr mit wenigen Worten so wehtun könnte. Am schlimmsten war, dass er ihr sehr deutlich zu verstehen gegeben hatte, wie er sich ihre Zukunft vorstellte: Nichts sollte sich je für sie ändern. Sie sollte weiterhin für ihn arbeiten, aber als Person wollte er sie nicht wahrnehmen.
Nun, was hatte sie erwartet? Er hatte sie nie als Frau gesehen – was in erster Linie wohl daran lag, wie sie selbst sich ihm präsentiert hatte. Sie war „seine Hardwick“, ein geschlechtsloses Wesen, das all seine Aufträge möglichst rasch und bisher stets zu seiner Zufriedenheit ausgeführt hatte. Warum hätte er sich etwas anderes wünschen sollen?
In diesem Moment wurde ihr klar, dass sie keine Wahl hatte. Sie musste fortgehen. Denn sie konnte nicht so tun, als habe sie selbst sich nicht verändert. Sie würde den Schmerz, den seine Missachtung ihr zufügte, nicht ertragen können. Für ihn würde sie immer nur Hardwick sein. Aber sie war viel mehr, auch wenn sie in diesem Moment nicht genau hätte sagen können, was in ihr steckte.
Nun, sie würde es herausfinden.
Damit war die Entscheidung gefallen.
Chloe schaute dem Marquess fest in die Augen und sagte: „Mylord, ich bin zu dem Entschluss gekommen, dass es das Beste ist zu kündigen.“ Dann wandte sie sich Mairi zu: „Lady Ashton, ich freue mich darauf, mit Ihnen nach London zu gehen und Sie bei der Vorbereitung der Feier zu unterstützen.“
Vor allem aber freue ich mich darauf herauszufinden, wer Chloe Hardwick wirklich ist, setzte sie im Stillen hinzu.
4. KAPITEL
E in Brief aus London, Euer Lordschaft.“ Billings blieb unsicher an der Tür zur Werkstatt stehen. „Der Bote sagte, es sei eilig.“
Braedon, der Hardwicks verlassenen Arbeitstisch angestarrt hatte, schaute zur Tür. „Wartet er auf Antwort?“
„Nein, Mylord.“
Ungeduldig bedeutete er dem Butler näher zu kommen. Der zögerte, gehorchte dann jedoch. Man sah seinem Gesicht an, wie sehr ihm das Durcheinander aus alten Waffen, Werkzeugen, Büchern und Kisten zuwider war.
Braedon seufzte. Es war noch keine vier Wochen her, dass Hardwick fortgegangen war. Und schon war die Werkstatt, in der stets alles seinen festen Platz gehabt hatte, zu einem unordentlichen Raum geworden, in dem sich anscheinend
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