Ein Lord entdeckt die Liebe
ahnen bestimmt, warum ich hier bin.“ Er bemühte sich, nicht auf das Kribbeln und die Hitze zu achten. „Ich möchte, dass Sie nach Denning Castle zurückkommen. Ich möchte, dass Sie Ihre Stellung wieder antreten. Die Arbeit hat Ihnen doch Freude gemacht, nicht wahr? Und ich könnte mir keinen besseren Assistenten vorstellen als Sie. Kommen Sie zurück, und helfen Sie mir, das zu vollenden, was wir gemeinsam begonnen haben.“
Chloe stieß einen Seufzer aus und senkte den Blick. Sie konnte Lord Marland jetzt unmöglich anschauen. Sie spürte ja, wie erwartungsvoll er sie ansah. Ach, wie sehr wünschte sie, es wäre ihr gelungen, ihm zu entkommen, ehe er ihr seinen Vorschlag unterbreiten konnte! Gleich als sie ihn in Madame Hoberts Konditorei erkannt hatte, hatte sie gewusst, was er von ihr wollte. Schon da hätte sie eine Möglichkeit finden müssen, seine Begleitung abzulehnen. Aber sie war zu aufgeregt und zu verwirrt gewesen, um auch nur einen klaren Gedanken fassen zu können.
Ihn so unerwartet wiederzusehen, hatte sie völlig aus dem Gleichgewicht gebracht. Er war so groß, so männlich, so attraktiv! Es war gar nicht so lange her, dass sie ihn in Denning Castle zuletzt gesehen hatte. Und doch hatte sie vergessen, wie überwältigend seine Ausstrahlung war.
Hier in London kleidete er sich formeller als daheim. Aber weder sein modischer Gehrock noch das Krawattentuch oder die eleganten Pantalons und die auf Hochglanz polierten Schuhe konnten verbergen, dass er ein Krieger war. Sein Anblick hatte ihr den Atem geraubt.
Seit sie mit Lady Ashton nach London gekommen war, hatte sie viele gut aussehende Männer kennengelernt. Charmante Gentlemen, die zudem gebildet und sportlich waren. Doch nicht einer von ihnen konnte sich mit dem Marauding Marquess messen. Er unterschied sich von ihnen wie ein wilder Wolf von einem zahmen Haushund. Als sie an seiner Seite durch die Straßen von London schritt, hatte sie sich beschützt gefühlt und zugleich gespürt, dass sie in großer Gefahr schwebte.
Er trat einen Schritt zurück.
Diese Bewegung holte sie in die Gegenwart zurück. Sie stand mit Lord Marland vor dem Portal von Ashton House, und er wartete auf eine Antwort. Da er kein besonders geduldiger Mensch war, machte er jetzt verständlicherweise einen sehr gereizten Eindruck. Chloe zwang sich, ihre Gedanken auf das Problem zu richten, das am dringendsten gelöst werden musste.
„Mylord“, begann sie, „ich danke Ihnen für das Lob und für das Vertrauen, das Sie in mich setzen. Doch leider muss ich Ihr Angebot ablehnen.“ Sie wandte sich ab und streckte die Hand nach dem Türklopfer aus.
„Warten Sie!“
Über die Schulter warf sie ihm einen kurzen Blick zu.
„Wenn es darum geht, dass Sie … dass Sie Ihr verändertes Äußeres beibehalten wollen, nun, dann tun Sie das. Aber kommen Sie zurück!“
Seine Miene verriet, dass er es als Strafe auffassen würde, wenn sie tatsächlich auf hübschen Kleidern und einer femininen Frisur bestand. Das machte es ihr leichter, hart zu bleiben.
„Ich fürchte, Sie missverstehen da etwas, Mylord“, erklärte sie. „Der Grund dafür, nicht nach Denning zurückzugehen, ist, dass ich mich in vieler Hinsicht eben nicht verändert habe.“ Während sie sprach, vermied sie es sorgfältig, seinem Blick zu begegnen. Er durfte auf keinen Fall sehen, wie wahr diese letzte Bemerkung war. Denn eines ließ sich nicht leugnen: Ein Teil von ihr sehnte sich danach, wieder in seiner Nähe zu sein und ihn glücklich zu machen, auch wenn das bedeutete, dass sie noch einmal in Rolle der „alten“ Hardwick schlüpfen musste.
„Nein“, wiederholte sie, mehr, um sich selbst zu überzeugen, als ihm ihre Meinung klarzumachen, „nein, ich komme nicht zurück.“
„Der Teufel soll Sie holen“, stieß er hervor. „Und hören Sie endlich auf, so gequält dreinzuschauen.“
„Gequält?“
„Oder verängstigt, ich weiß nicht …“ Er runzelte die Stirn. „So, als ob Sie befürchteten, ich würde Sie gleich mit Haut und Haar verschlingen. Dabei will ich doch nur mit Ihnen reden.“
Sie schluckte. Wie oft hatte sie davon geträumt, er würde sie als Person wahrnehmen und mit ihr reden! Jetzt war es zu spät – oder? Trotzdem sagte sie: „Also gut.“
„Aber nicht hier. Ich möchte nicht, dass Mairi sich einmischt.“
Chloe unterdrückte ein Lachen. „Wann und wo dann?“
„Jetzt“, verkündete er, „und zwar dort.“ Gerade rechtzeitig hatte er eine Frau entdeckt, die
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