Ein Lord entdeckt die Liebe
sagte Chloe.
Die Stimmen im Verkaufsraum waren lauter geworden. Gerade rief Signor Pisano sichtlich aufgeregt: „Sie sind wirklich zu misstrauisch, Mr Laxton.“
Braedon zögerte nicht. Er hatte einen Sessel entdeckt und schob Chloe dorthin. Dann setzte er sich, legte ihr die Hände um die Taille und hielt sie fest. Sie wehrte sich nicht, sondern blieb, den Rücken zum Vorhang gewandt, so stehen, dass sie die Gestalt des Marquess beinahe ganz verdeckte.
„Ich möchte nicht, dass Sie das junge Paar stören“, klagte Signor Pisano. „Der Gentleman ist ein guter Kunde, den ich nicht verlieren will.“
„Ich lasse mich nicht von Ihnen an der Nase herumführen“, schimpfte Laxton. „Wenn man in der Stadt darüber redet, dass Marland bei Ihnen aufgetaucht ist, dann wird das gute Gründe haben. Denken Sie, ich hätte vergessen, dass er eine Frau als Assistentin eingestellt hat? Ein junges Paar, ha! Sollte ich feststellen, dass Sie mich belogen haben, Pisano, dann gnade Ihnen Gott. Ich werde dafür sorgen, dass niemand mehr bei Ihnen kauft!“
Chloe hatte zu zittern begonnen und versuchte, Braedons Hände fortzuschieben. Doch er war viel zu stark.
Jetzt befahl er flüsternd: „Beugen Sie sich zu mir herab. Sofort!“ Ohne große Anstrengung zog er sie so nah an sich heran, dass ihre Knie die seinen berührten. Dann umfasste er ihre Schultern und zwang Chloe so, sich über ihn zu beugen.
Ein Luftzug verriet, dass der Vorhang zur Seite geschoben wurde.
„Natürlich möchte ich, dass du glücklich bist, Darling“, sagte Braedon, dessen Stimme plötzlich weich und verführerisch klang. „Aber warum sollte ich Geld für eine Miniatur ausgeben, die das Auge einer Fremden zeigt, wenn du doch die schönsten Augen der Welt hast?“ Liebkosend rieb er ihre Schulter. „Was hältst du davon, dass wir einen Künstler beauftragen, ein Porträt von dir zu malen?“
Chloe hatte längst begriffen, was Marland beabsichtigte.
Hinter ihnen war es ganz still. Dennoch spürten beide, dass Laxton und Pisano sich im Raum befanden. Die zwei mussten jetzt einen sehr guten Blick auf Chloes hübsches Hinterteil haben. Gut so! Laxton würde niemals auf die Idee kommen, dass dieser reizende Körperteil der angeblich reizlosen und stets in ein sackartiges Kleid gehüllten Hardwick gehörte.
„Wir könnten den Maler auch bitten, für unser Schlafzimmer ein Bild von dir zu malen, auf dem man mehr als dein Gesicht sieht.“
Also hat sie sich entschieden, das Spiel mitzumachen, stellte Braedon fest. Was blieb ihr auch anderes übrig? Aber es schien ihr schwerzufallen. Ihre Wangen waren gerötet, ihre Augen weit aufgerissen, und ihr Atem ging viel zu schnell. Fast hätte man meinen können, sie sei erregt.
„Oh …“, hauchte sie.
Plötzlich bemerkte Braedon, dass auch sein Atem sich beschleunigt hatte. Sein Puls raste. Dennoch wollte – oder konnte – er nicht innehalten. Er tat, wovon er seit Wochen geträumt hatte, ohne es sich jemals einzugestehen. Er tat, was er sich gewünscht hatte, seit Chloe damals in Denning Castle in diesem aquamarinblauen Kleid an der Seite seiner Schwester in den Raum getreten war. Er legte ihr eine Hand hinter den Kopf, zog sie noch ein wenig näher und küsste sie – tief, leidenschaftlich, hungrig.
Im ersten Moment versteifte Chloe sich. Doch dann fiel ihr ein, dass sie ein Theaterstück für zwei ganz besondere Zuschauer aufführten. Und so ließ sie sich mit einem Seufzen nach vorn sinken, sodass er sie in die Arme schließen konnte. Sanft zog er sie auf seinen Schoß.
Beinahe im gleichen Moment vergaß sie alles um sich herum. Sie schlang Marland die Arme um den Nacken, schmiegte sich an ihn und öffnete die Lippen.
Ich muss verrückt geworden sein, fuhr es ihm durch den Kopf.
Irgendwie war es dazu gekommen, dass Hardwick nun auf seinem Schoß saß. Jetzt konnte er nicht mehr verhindern, dass sie ihn mit dieser unwiderstehlichen Mischung aus Unschuld und Leidenschaftlichkeit in ihren Bann zog. Er bemühte sich, Herr der Situation zu bleiben. Doch er war nicht in der Lage, auch nur einen klaren Gedanken zu fassen. In seinem Kopf ging alles durcheinander. Sein restlicher Körper hingegen schien genau zu wissen, was er wollte.
Nie zuvor hatte Braedon sich so weit entfernt von seinem selbstgesteckten Ziel, sich nicht von Gefühlen leiten zu lassen und seine Umwelt kühl und distanziert zu betrachten. Er hatte die Vergangenheit vergessen, machte sich keine Sorgen um die Zukunft und gab
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