Ein Lord entdeckt die Liebe
gegeben?“
„Sie haben doch noch das Hinterzimmer …“, begann Chloe.
Aber der alte Mann winkte ab. „Es hat ein Fenster zur Gasse hinaus, und immer wieder versuchen irgendwelche Verrückte von dort einen Blick auf das zu erhaschen, was ich vorn im Laden nicht ausstelle. In letzter Zeit ist es besonders schlimm, weil viele glauben, ich würde ihnen Informationen über den Speer verheimlichen.“
„Es tut mir leid, dass ich Ihnen solche Ungelegenheiten bereite“, meinte Braedon. „Können Sie uns denn überhaupt irgendetwas über den Speer sagen, Signore? Ich möchte weder Ihre noch meine Zeit verschwenden.“
„Ha!“ Signor Pisano schaute ihn triumphierend an. „Seit Jahren schon sammle ich alle Informationen über den Speer. Natürlich darf man nicht alles glauben, aber …“
Chloe schaute den alten Mann leicht amüsiert an. „… aber es ist immer wieder von diesem Fluch die Rede, nicht wahr? Allerdings wundert es mich, dass Sie dem Gerede Bedeutung beimessen.“
„Fast immer, wenn von einem Fluch die Rede ist, geht es nur darum, eine Sache interessant und auf diesem Wege teuer zu machen.“
„Fast immer?“
Signor Pisano nickte. „Als ich noch in Italien lebte, habe ich einen Mann getroffen, der den Preis verschiedener Dinge in die Höhe trieb, indem er sich die Faszination zunutze machte, die das Böse ausübt. Für seine Kunden erfand er gruselige Geschichten. Er war ein skrupelloser Halunke, der sich selbst vor gar nichts fürchtete – außer vor dem Fluch, der auf Skandas Speer liegt.“
Eine nachdenkliche Stille senkte sich über den Raum, die allerdings plötzlich durch das Läuten der Türglocke unterbrochen wurde.
„Pisano, wo stecken Sie? Ich muss mit Ihnen reden!“, rief eine Männerstimme.
Der Italiener warf Chloe einen entschuldigenden und Marland einen gereizten Blick zu, ehe er hinter dem Schrank hervortrat.
„Ah, Mr Laxton“, hörten sie ihn sagen. „Wie immer stehe ich Ihnen gern zu Diensten. Doch bitte gedulden Sie sich einen Moment. Ich verhandele gerade mit einem jungen Ehepaar.“
Chloe erschrak, als sie den Namen hörte. Laxton war ein bekannter Sammler, reich wie Krösus und ausgesprochen rücksichtslos, wenn es um die Verfolgung seiner Interessen ging. In den letzten Monaten hatte sie sich mehrfach um dieselben Waffen bemüht wie er. Beim Erwerb der japanischen Lanze war sie ihm zuvorgekommen. Sie wusste, dass er ihr das noch nicht verziehen hatte.
„Ich habe nicht die Absicht, mich zu gedulden. Gerade habe ich gehört – und zwar aus sicherer Quelle –, dass Marland bei Ihnen aufgetaucht ist. Ich hoffe, Signore, Sie wissen, was gut für Sie ist. Ich bin zweifellos Ihr bester Kunde. Und ich will Skandas Speer! Sie werden es bereuen, wenn Sie Marland bevorzugen.“
Nervös biss Chloe sich auf die Unterlippe. Laxton konnte weder sie noch den Marquess sehen, aber es war ihm durchaus zuzutrauen, dass er sich daranmachte, den Laden zu durchsuchen.
„Sir, Sie tun mir Unrecht, wenn Sie den Gerüchten mehr Glauben schenken als meinem Wort“, stellte Pisano entrüstet fest. „Ich weiß nichts über diesen Speer. Und sollte der Marauding Marquess je hier auftauchen, so werde ich ihm genau das sagen. Bitte, entschuldigen Sie mich jetzt. Das junge Paar, das ein Kunstwerk für sein Heim anschaffen möchte, wartet auf mich.“
„Ein Kunstwerk? Ein Gemälde, meinen Sie? Die jungen Leute können sich die Bilder, die Sie anzubieten haben, doch bestimmt allein anschauen! Unterdessen können Sie mit mir diese Liste durchgehen.“ Laxton zog ein Blatt Papier aus der Rocktasche. „Es ist eine Aufstellung all jener, die nach meinen Erkenntnissen den Speer jemals besessen haben. Vielleicht können Sie sie vervollständigen.“
Signor Pisano seufzte und rief dann: „Madam, Sir, bitte, haben Sie Verständnis dafür, dass ich erst in ein paar Minuten wieder zu Ihnen komme. Vielleicht verschaffen Sie sich schon mal einen Überblick über die Gemälde. Ich berate Sie gern, sobald ich Mr Laxtons Wunsch erfüllt habe.“
Je länger er dem Wortwechsel zwischen Pisano und Laxton gelauscht hatte, desto zorniger war Marland geworden. Nun ballte er die Hände zu Fäusten.
Chloe erschrak. Was würde geschehen, wenn er jetzt in den Verkaufsraum stürmte? Sie musste etwas tun, damit er sich beruhigte! Zunächst legte sie einen Finger an die Lippen und schüttelte langsam den Kopf. Doch das schien keinerlei Wirkung zu haben. Also rief sie Pisano mit verstellter Stimme ein
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