Ein Lord entdeckt die Liebe
sie es plötzlich leichter fand, ihr eigenes Benehmen zu begreifen und zu steuern. Sie hatte ihre Einstellung gegenüber dem Leben geändert – und dabei sollte es bleiben. Sie würde nicht zulassen, dass die Furcht, die sie so mühsam überwunden hatte, erneut von ihr Besitz ergriff.
Sie machte ein paar Schritte auf ihren alten Freund zu und sagte: „Es war doch nur ein Kuss, Signore. Eine Theaterszene, um Ihren Ruf zu schützen und Laxton in die Irre zu führen. Es gibt keinen Grund zur Aufregung, denn dergleichen wird nie wieder geschehen.“
„Nur ein Kuss? Ein bisschen Theater? Dio mio! Für mich sah es jedenfalls ganz anders aus.“
„Nun, um Laxton zu täuschen, mussten wir uns schon ein bisschen anstrengen. Aber Sie wissen doch, Signore, dass ich nicht mehr für den Marquess arbeite, nicht wahr? Ich werde ihm bei der Suche nach Skandas Speer helfen. Sobald die Waffe ihm gehört, ist der Tag gekommen, an dem unsere Wege sich endgültig trennen.“ Sie bemühte sich, den Schmerz nicht zu beachten, den diese Vorstellung weckte.
„Ich bete darum, dass dieser Tag möglichst bald kommt“, murmelte Pisano.
„Niemand kann mehr dazu tun als Sie“, erklärte Marland. „Helfen Sie uns, den Speer zu finden.“
„Sie haben mich schon fast davon überzeugt, dass es das Beste wäre. Und dennoch …“ Der alte Mann ließ sich auf einen Stuhl sinken. „Ich halte es für meine Pflicht, Sie noch einmal zu warnen. Wollen Sie die Jagd nicht aufgeben? Ich spüre deutlich, dass nichts Gutes dabei herauskommen kann.“
Der Marquess schüttelte den Kopf. Chloe zuckte die Schultern. Woraufhin Signor Pisano tief aufseufzte. „Also gut.“ Er wirkte jetzt regelrecht unglücklich.
Braedon und Chloe warteten. Doch das Schweigen des Italieners wollte kein Ende nehmen. Schließlich fasste Chloe sich ein Herz: „Was können Sie uns berichten, mein Freund?“
Sein Blick wirkte leer. „Nicht viel.“
„Ist Skandas Speer in London?“, erkundigte Marland sich.
Pisano nickte.
„Haben Sie ihn gesehen?“, fragte der Marquess weiter.
„Nein. Aber ich kenne jemanden, der ihn gesehen hat.“
„Wer ist es?“, fragte Chloe sanft.
Der alte Mann straffte die Schultern. „Ich würde dich gern mit ihm bekanntmachen, cara. Arthur Claibourne, Earl of Conover. Ein junger Mann, aber sehr gelehrt.“ Unerwartet erhellte ein Lächeln sein Gesicht. „Zudem sieht Conover gut aus. Es heißt, er sei einer der begehrtesten Junggesellen weit und breit.“
„Selbst wenn er der wiedergeborene Adonis wäre“, meinte Braedon mit leichtem Spott, „wenn er nicht mit uns reden will, nützt er uns gar nichts. Zudem ist es fraglich, ob wir uns auf sein Wort verlassen können. Vertrauen Sie ihm, Signore?“
„Allerdings. Wir haben gelegentlich zusammengearbeitet, wenn es darum ging, die Echtheit bestimmter Stücke zu prüfen. Eigentlich ist die Zeit der Angelsachsen sein Spezialgebiet. Aber die Gesellschaft der Altertumsforscher hat ihn gebeten, sich mit einer bestimmten Frage zu befassen, die den Speer betrifft.“
„Die Gesellschaft der Altertumsforscher?“, wunderte Braedon sich. „Was hat sie mit dem Speer zu tun?“
„Warten Sie bitte einen Moment.“ Signor Pisano erhob sich, trat an eines der Bücherregale und zog einen dicken ledergebundenen Band heraus. Er schlug ihn auf, nahm zwei lose Blätter heraus und stellte das Buch zurück. Er schien einen Moment zu zögern, ehe er Chloe die Blätter reichte.
„Eine Einladung?“, fragte sie verwirrt.
Pisano nickte. „Wenn du wirklich an dieser Jagd teilnehmen willst, wirst du sie brauchen. Aber …“ Er verstummte.
„Die Gesellschaft der Altertumsforscher“, sagte Chloe zu Marland gewandt, „veranstaltet eine Vortragsreihe zum Thema antike Waffen.“
„Es wird auch um Skandas Speer gehen“, versicherte Pisano. „Teilnehmen an der Veranstaltung kann nur, wer eine Einladung besitzt. Deshalb habe ich Conover gebeten, mir eine für dich zukommen zu lassen. Ihnen, Mylord, werde ich meine eigene überlassen.“
„Danke.“ Marland deutete eine Verbeugung an, ließ jedoch ansonsten keine Regung erkennen. „Wann und wo soll die Vortragsreihe stattfinden?“
„In vier Tagen in den Hanover Square Rooms. Dann, denke ich, wird die Jagd nach dem Speer wirklich eröffnet.“ Erneut seufzte er. „Chloe, Liebes, versprich mir, vorsichtig zu sein. Das Interesse an dem Speer ist gefährlich.“
„Ich werde daran denken.“
„Mylord“, Pisano wandte sich noch einmal dem
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