Ein Lord entdeckt die Liebe
meinem Beisein haben Sie nie Kaffee getrunken, nur Tee. Ich bin mir ziemlich sicher, dass Sie ihn mit Milch trinken, aber das tun die meisten Leute. Hm … Im Winter haben sie manchmal ein bisschen Honig hineingegeben.“
Sie verbarg ihre Überraschung nicht.
„Wir haben sehr eng zusammengearbeitet. Wie hätte ich da nicht ein paar Dinge über Sie erfahren sollen?“
„Selbst Mrs Goodmond erinnert sich vermutlich daran, wie ich meinen Tee trinke. Dabei kennen wir uns kaum.“
„Sie geben sich alle Mühe, mich wie einen selbstsüchtigen Dummkopf dastehen zu lassen, der sich nur für sich selbst interessiert. Aber Sie tun mir Unrecht. Ich habe nicht vergessen, dass Sie vor einiger Zeit einmal erwähnten, wie sehr Sie die See lieben.“
„Ich habe tatsächlich einmal gesagt, dass ich gern am Meer leben würde.“
„Das beweist ja wohl, dass ich meinen Mitmenschen Beachtung schenke.“
Chloe lächelte. Aber es lag eine gewisse Herablassung darin. Und sogleich wallte neuer Zorn in Braedon auf. Wie oft hatte er ein solches Lächeln auf dem Gesicht seines Vaters gesehen? Wie oft hatte sein Bruder irgendeine Bosheit mit einem überheblichen Lächeln eingeleitet?
Deshalb, ermahnte er sich selbst, will ich keine Nähe zu anderen Menschen. Deshalb wollte er auch Hardwicks Vertrauen nicht.
„Sie schauen mich an, als sei ich ein Ungeheuer“, warf er ihr vor. „Verflucht, Sie haben doch alles getan, um niemanden an sich heranzulassen. Wie können Sie mir dann vorwerfen, ich wüsste zu wenig über Sie?“
Ihr Lächeln erstarb. Einen Moment lang wirkte sie zutiefst verletzt. Doch schon straffte sie die Schultern.
„Wir wollen nicht streiten“, erklärte sie und stand auf. „Ich wollte Ihnen nur erklären, warum ich einen Weg einschlagen musste, der Ihnen so gar nicht gefällt.“
Ohne sich auch nur ein einziges Mal nach ihm umzuschauen, ging sie davon.
Er musste sie gehen lassen! Alles andere war unvernünftig. Doch dann hörte er sich selbst rufen: „Hardwick!“
Sie blieb stehen.
„Es kann nicht leicht für Sie gewesen sein mit einem so kalten und anspruchsvollen Arbeitgeber wie mir. Wenn ich Sie gekränkt habe, so bitte ich um Vergebung.“ Noch einmal holte er tief Luft. Dann wandte er sich ab.
Gleich darauf spürte er ihre Hand auf seiner Schulter.
„Ich möchte mich ebenfalls entschuldigen“, flüsterte Chloe. „Ich fühle mich hilflos und verwirrt. Es ist …“
Wider besseres Wissen drehte er sich zu ihr um und ergriff ihre Finger. „Sie werden Ihren Weg finden“, versicherte er ihr. „Sie haben schon so manches über sich herausgefunden. Sie mögen Tee mit Honig, glänzende Schwerter und aufgeräumte Arbeitstische, aber auch die Fahrt in einem schnellen Phaeton. Und heute haben wir herausgefunden, dass es noch etwas gibt, das Sie sehr mögen.“ Er schaute ihr tief in die Augen und stellte zufrieden fest, dass sie errötete.
Jetzt, dachte er, ist es an der Zeit zu fliehen.
Aber er rührte sich nicht vom Fleck. Stattdessen ließ er Chloes Nähe auf sich wirken. Wie einladend ihre Lippen waren! Wie reizvoll diese Mischung aus Unschuld und Leidenschaft, die er in ihren blauen Augen entdeckte. Sein Puls beschleunigte sich. Ihm wurde heiß. Oh Gott, wie sehr er sie begehrte!
Ihre Hand bewegte sich ein wenig in der seinen. Da zog er sie an sich. Und als sie den Kopf in den Nacken legte, presste er seinen Mund auf den ihren.
10. KAPITEL
M ut. Ja, ihr Kuss schmeckte nach Mut. Und nach Leidenschaft und der Ahnung von Glück. Doch das Wichtigste war der Mut, den sie beide aufbringen mussten, um sich im anderen zu verlieren, um ganz für den Augenblick zu leben.
Sich so zu verhalten, war gefährlich. Chloe wusste das sehr gut. Neues zu wagen, brachte immer das Risiko des Scheiterns mit sich. Sie fühlte sich verletzlich, denn sie öffnete sich gerade dem einzigen Menschen auf der Erde, der ihr noch wirklich wehtun konnte.
Es machte ihr nichts aus.
Sein Kuss wurde drängender, feuriger, wilder. Sie reagierte darauf mit einer Leidenschaft, die der seinen gleichkam. Ihr Inneres schien in Flammen zu stehen. Sie ließ die Finger über seine muskulösen Arme wandern, umschlang schließlich seinen Nacken, zog Braedon an sich. All die Fantasien, denen sie in zahllosen schlaflosen Nächten nachgehangen hatte, wurden plötzlich wahr. Sie stöhnte auf, als sie die Finger in sein dichtes Haar grub.
Dies alles war so unwirklich! Oh Gott, sie konnte kaum glauben, dass es tatsächlich geschah! Sehnsucht
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