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Ein Lord zu Tulivar (German Edition)

Ein Lord zu Tulivar (German Edition)

Titel: Ein Lord zu Tulivar (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dirk van den Boom
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Gespräche
     
    Wenige Tage nach der Schlacht machte ich mich auf den Heimweg nach Tulivar. Auf dem Weg in die Stadt traf ich auf die Gruppe der Arbeiter, die wiederum zurück in Richtung des Goldvorkommens unterwegs waren, aufgescheucht von berittenen Boten, die wir sofort nach unserem Sieg entsandt hatten. Ich führte auch meine Krieger mit mir, und nachdem ich die Stadt erreicht hatte, entließ ich jene, die ich nur für diesen kleinen Feldzug rekrutiert hatte. Dauerhaft konnte und wollte ich mir keine größere Truppe leisten, erst wollte ich mir sicher sein, dass mein Einkommen tatsächlich steigen würde – und dann gab es auf meiner Liste noch ganz andere Dinge, für die ich das Gold auszugeben gedachte, nicht zuletzt meine Steuerschuld, die dieses Jahr unzweifelhaft eingetrieben werden würde.
    Nach meiner Ankunft musste ich vielen Leuten viele Fragen beantworten, und ich war mit meinen Schilderungen zurückhaltend und selektiv. Ich war mir sicher, dass meine Männer die Erlebnisse mit allerlei Ausschmückungen – vor allem bezüglich ihrer eigenen Rolle im Gang der Dinge – darstellen würden. Ich sah es daher als meine Aufgabe an, eher knapp und rein faktenbezogen zu berichten, und musste schnell feststellen, dass es nur wenige Zuhörer gab, die diese Art der Wiedergabe zu würdigen wussten. Bald scharten sich die Wissbegierigen um jene von uns, die über das größte rhetorische Talent verfügten, und die Legendenbildung nahm wie erwartet ihren Anfang.
    Ich wollte gar nicht wissen, welche Rolle ich darin spielen würde. Es war gute Sitte, dem Eigenlob und der Betonung der eigenen Taten auch immer etwas Ruhm für den Anführer hinzuzufügen, damit dieser, sollte er Wind von den Lügen bekommen, durchaus geschmeichelt von allzu harten Sanktionen Abstand nahm. Eine Art verbaler Bestechung, wenn man so wollte.
    Da aber die Weltgeschichte, so, wie sie von den Gelehrten aufgezeichnet wurde, sich nur an Anführer, an Barone und an Könige zu erinnern pflegte, blieb langfristig nur der Ruhm, der doch bloß als Bestechung gedacht war, im allgemeinen Gedächtnis, während die Heldentaten des Erzählers bereits beim gelangweilten Zuhören der eigenen Kinder verblassten. Es war ein seltsamer Mechanismus, der doch so gar nicht in der Intention des Erzählers lag, aber absolut unausweichlich war. Ich versuchte, es mit Würde zu ertragen.
    Meine Frau begriff den Inhalt meiner Schilderungen als das, was sie waren: der Beginn eines Prozesses, nicht dessen siegreicher Abschluss. Sie verstand schnell, dass dieser Sieg sogleich süß wie auch bitter war und dass die Konsequenzen mich noch lange beschäftigen würden. Sorgen machte mir jedoch, was dieser Bund mit dem Land, die Auslösung der Landmagie, mich kosten würde. Meine Erfahrungen aus dem Krieg hatten mich gelehrt, dass Magie immer einen Preis hatte, ob sie nun für gute oder schlechte Zwecke eingesetzt wurde. Magier gab es nicht nur deswegen so wenige, weil im Krieg so viele von ihnen aufgrund der von ihnen ausgelösten Monstrositäten getötet worden waren, sondern auch, weil diese Profession mit zahllosen Risiken verbunden war, die nicht halb so romantisch und faszinierend waren, wie die Legenden das gerne hätten.
    Ich war mir also über vieles unsicher. Dem nächsten Treffen mit Neja sah ich daher mit etwas Unruhe entgegen, und als sie dann eines Abends in meinem Haus erschien, das traditionelle Hühnchen köpfte und sich auf meinem Sofa rekelte, war ich sicher nervöser, als ich zugeben wollte. Ein emotionaler Zustand, der Neja, wie zu erwarten war, absolut nicht verborgen blieb.
    »Entsprach der Angriff deinen Erwartungen, Baron?«, fragte sie rundheraus.
    »Das Ergebnis entsprach meinen Hoffnungen«, war meine Antwort. »Aber ich bin mir über die Begleitumstände nicht ganz sicher.«
    Neja nickte und sah dabei nicht im Geringsten verständnisvoll aus.
    »Du meinst die Tatsache, dass das Land fast zweitausend seiner Gefolgsleute verloren hat, hingemetzelt von den Waffen unserer gemeinsamen Feinde?«
    Da hielt ich für einen Moment inne und schalt mich einen Narren. Natürlich, als ich mit Throcius über das Schlachtfeld gewandert war, hatte sich meine Aufmerksamkeit auf die toten Krieger gerichtet und wie entsetzlich sie zugerichtet worden waren. Die zahllosen Tierleichen, die sich zwischen ihnen befunden hatten, und die vielen verletzten Tiere, die sich nicht mehr bewegen konnten, aber immer noch atmeten, die hatte ich gar nicht so wahrgenommen. Es waren

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