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Ein Lord zu Tulivar (German Edition)

Ein Lord zu Tulivar (German Edition)

Titel: Ein Lord zu Tulivar (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dirk van den Boom
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zerfetzten Körpern übrig war. Es erinnerte mich an den Krieg, den ich gehofft hatte, weit hinter mich zu lassen. Ein Krieg, in dem der Einsatz aller Formen von Magie zu unnötiger Grausamkeit geführt hatte – und nicht zuletzt dazu, dass er schier endlos lang gewesen war. Wie bei vielen Veteranen war es auch meine Hoffnung gewesen, mit derlei niemals wieder in Berührung zu kommen, und nun war ich selbst, wenn auch indirekt, dafür verantwortlich.
    Throcius warf mir einen Blick zu. Ich erkannte darin keinen Vorwurf, was mich ein wenig beruhigte.
    »Dieser Sieg kann uns nützen oder schaden«, meinte der Hauptmann. Hinter ihm kamen die hartgesottenen Soldaten aufs Feld, bestrebt, geeignete Beutestücke zu finden: gute Rüstungsteile, schöne Waffen, vielleicht ein paar Münzen. Es war ihr Recht, ich wollte sie davon nicht abhalten.
    Ich sah Throcius auffordernd an, damit er weitersprach.
    »Er nützt uns, da die Bergkrieger jetzt eine Weile brauchen werden, bis sie einen erneuten Angriff wagen – und das gilt vor allem auch für Felsdom, das nun wieder besiedelt werden kann. Die Familien der Arbeiter können dort wohnen und all jene, die aus Tulivar wieder zurückkehren wollen.«
    Das würden nach meiner Einschätzung nicht alle, aber einige sein. Es würde wieder stiller werden in meiner Hauptstadt.
    »Auch diejenigen, die den Hetman insgeheim unterstützt haben, werden sich etwas Neues ausdenken müssen. Das wird etwas Zeit erfordern. Eine Atempause.«
    »Aber es wird nicht ewig anhalten«, sagte ich.
    »Nicht nur das. Was hier passiert ist, wird sich herumsprechen. Wenn Eure Feinde zum nächsten Schlag ausholen, werden sie sich noch mehr anstrengen.«
    »Wenn sie sich zu sehr anstrengen, erregen sie noch mehr Aufsehen, auch bei Hofe. Der Kaiser wird irgendwann nicht mehr dulden, dass eine reiche Familie Krieg gegen einen Lord des Reiches führt.«
    Throcius nickte. »Kann sein. Bei Hofe ist vieles möglich. Ich durchschaue es nicht. Ihr etwa?«
    Ich schüttelte den Kopf. Er hatte recht. Alles Mögliche konnte geschehen, je nachdem, wie die Machtbalance im Thronrat war. Ich kam nicht umhin, mir darüber Gedanken zu machen, wie ich diese zu meinen Gunsten beeinflussen könnte. Ich musste Politik machen. Mir wurde schon wieder schlecht.
    Wir wanderten bis zu der Stelle, an der es den Hetman und den Söldnerführer erwischt hatte. Wir fanden die Leiche von Wronz, dem Hauptmann der Bergkrieger. Ich war froh, keinen Leib gesehen zu haben, der mich an den jungen Endo erinnerte. Bergkrieger wurden früh als vollwertige Kämpfer angesehen. Der Gedanke schüttelte mich. Ich verschloss meine Augen.
    Eigentlich hatte ich so etwas ja nicht mehr durchmachen wollen.
    Wir marschierten ein Stück weiter, bis zu den Zelten der Söldner, die in Fetzen lagen.
    Daneben lag das, was vom Agenten der Levellianer übrig geblieben war, und es war nicht mehr allzu viel.
    Throcius beugte sich hinab. Er griff nach einem Siegelring, der noch am Finger des Kommandanten der feindlichen Söldner steckte. Er machte sich nicht die Mühe, den Ring abzustreifen, sondern gab mir den Finger gleich mit.
    Ich seufzte und zog den Ring ab.
    »So etwas schon einmal gesehen?«, fragte Throcius leise. Er meinte das Siegel selbst, es zeigte einen stilisierten, geschwungenen Drachenflügel. Ich nickte langsam, plötzlich überwältigt von sehr schlimmen, lange verdrängten Erinnerungen. Meine Kehle wurde mir eng und ich räusperte mich.
    »Es ist das Siegel der Heiligen Garde, der Leibwache des dramanischen Herrscherhauses. Ich war mir ziemlich sicher gewesen, sie wären alle im Palast zu Bulgir verbrannt, zusammen mit den Prinzen und Prinzessinnen. Wir haben jedenfalls keinen herausgelassen, bis alles nur noch schwelende Ruinen war.«
    »Ich habe davon gehört. Ihr wart daran beteiligt.«
    Ich hatte die Flammen gelegt und mir die Schreie bis zur letzten Minute angehört. Sie hatten sich in mein Gedächtnis gebrannt wie sonst nichts in meinem Leben. Ich schloss die Augen und verdrängte die bösen Geister. War meine Zeit gekommen, würden sie sich zur Genüge um mich bemühen können, aber nicht jetzt.
    »Ein Heiliger Gardist erklärt die Effizienz der Söldnertruppe«, meinte ich dann mit belegter Stimme. »Das beunruhigt mich. Vielleicht haben wir in unserem Triumph über die Dramanen das eine oder andere übersehen.«
    »Vielleicht«, bestätigte Throcius nur und ließ mir den Ring.
    Er wog sehr schwer in meiner Hand.
        
     

29   Ernsthafte

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