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Ein Lord zu Tulivar (German Edition)

Ein Lord zu Tulivar (German Edition)

Titel: Ein Lord zu Tulivar (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dirk van den Boom
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Rest des Leibes trennen zu können. Und war man Hauptmann und Kriegsheld – bei aller Bescheidenheit –, schmolz auch so manche Jungfer bei Hofe dahin . Selur hatte sich dies des Öfteren zunutze gemacht. Ich war etwas zurückhaltender gewesen. Kein Kind von Traurigkeit, aber gewisser Ansteckungsgefahren bewusst, die Selur eher noch als zusätzlichen Anreiz vorantrieben.
    Dalina aber war nicht schön.
    Sie war nicht einmal übermäßig gut aussehend.
    Ich glaube, ihre Nase war etwas schief. Sie hatte einen leichten Überbiss, der durchaus reizvoll war. Ihre Augen standen mir eine Spur zu eng beieinander. Sie hatte nussbraunes Haar und braune Augen. Ihr fehlte ein Eckzahn. Ihr Körper war unter einem weit geschnittenen Kleid mehr oder weniger verborgen, aber sie schien mir nicht besonders füllig zu sein. Sie stand im Türrahmen und sah an ihrem Vater vorbei direkt in meine Augen , die Arme in die Hüften gestemmt, der Blick voll Misstrauen und einem ganz klein wenig Angst.
    Ich konnte meine Augen nicht von ihr wenden. Mott merkte es nicht – er hielt es offenbar für die stille Aufforderung des Barons, anständig begrüßt zu werden – und er fuhr seine Tochter wütend an: »Das ist der Baron von Tulivar, Mädchen! Zeige etwas Respekt!«
    Dalina folgte der Aufforderung unwillig, verbeugte sich und malte die angestrengte Karikatur eines Lächelns auf ihre Lippen. Als sie sich runterbeugte, zwangen mich meine Instinkte, den Blick in ihren Ausschnitt zu werfen, und was ich dort sah, löste körperliche Reaktionen bei mir aus. Ich lächelte etwas blöde, glaube ich. Während Mott dies wiederum so interpretierte , dass ich die Manieren seiner Tochter nun akzeptierte, und erleichtert seufzte, schaute mich Selur mit einem halb erschreckten, halb belustigten Seitenblick an.
    Er kannte mich zu gut.
    Das war jetzt ein wenig peinlich.
    Ich riss mich zusammen. Ich war ein Kriegsheld, verdammt! Hunderte Feinde fielen von meiner Hand. Blutüberströmt kehrte ich von mancher Schlacht zurück. Morgar, Fürst der Kampftrolle? Lächerlich, ich schlug ihm den Kopf ab. Delion, Kommandantin der Terrorelfen der Dunklen Schwesternschaft? Ich wickelte ihr die eigenen Gedärme dreimal um den Hals, bis sie an ihnen erstickte. Frost, die aus der Unterwelt beschworene Dämonengestalt? Sie schreit noch immer voller Qual, da ich ihr den Lichtstein direkt in den Bauch gerammt habe und sie weder sterben noch leben kann.
    Da konnte doch nicht … es ging doch nicht an …
    »So tretet ein!«
    Ich folgte Motts freundlichen Worten, sah, wie Dalina den Eingang zur Tür frei machte, und wir traten in das Haus. Die Tür führte direkt in einen Wohnraum, freundlich eingerichtet, mit alten Holzmöbeln, etwas staubig, aber nicht verdreckt. Ein mächtiger Lehnsessel dominierte eine Ecke, der Platz des Hausherren, mit durchgescheuertem, altem Leder, das angenehm roch. Auf einem Tisch, um den Schemel gruppiert waren, stand eine Karaffe Wein und saubere Kupferkelche, das gute Geschirr, ohne Zweifel. Auf einer Schale angerichtet lagen Gebäckstücke, die noch Wärme ausstrahlten.
    »Setzt Euch, setzt Euch nur!«, forderte Mott uns auf. Er wies auf das Gebäck. »Dalina ist eine Göttin der Backkunst, das hat sie von meiner seligen Adele gelernt. Bedient Euch nur. Ihr werdet keine besseren Backwaren in ganz Tulivar finden.«
    Wenn Dalina ob der lobenden Worte ihres Vaters beschämt war, zeigte sie es nicht. Immerhin wies auch sie einladend auf die weichen Schemel. Als ich mich setzte, ging ich recht nahe an ihr vorbei. Sie roch nach frischer Seife. Ich hatte die Parfums und Wässerchen edler Damen bei Hofe gerochen, aber dafür nie eine besondere Begeisterung entwickelt – die meisten dieser Frauen parfümierten sich, um damit die Tatsache zu überdecken, dass sie sich so gut wie nie wuschen.
    Da war mir die frische Seife ein Labsal und Verheißung zugleich.
    Narr, schalt ich mich und nahm Platz. Verheißung, sicher. Blödmann!
    Das Gebäck war köstlich, zerging einem auf der Zunge. Was auch immer Dalina sonst für Schwächen haben mochte, ich musste ihrem Vater wirklich beipflichten: Auch die Zuckerbäcker bei Hofe hätten dieses Gebäck nicht besser hinbekommen. Ich musste mich davon abhalten, nicht gleich ein Weiteres davon in mich hineinzustopfen. Einen Moment später merkte ich, dass ich Selur ebenfalls davon abhalten musste. Er begnügte sich dann damit, die Bäckerin verheißungsvoll anzustarren. Sie ignorierte ihn oder gab es zumindest vor.
    »Ihr

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