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Ein Lord zu Tulivar (German Edition)

Ein Lord zu Tulivar (German Edition)

Titel: Ein Lord zu Tulivar (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dirk van den Boom
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Bürgermeister«, sagte ich schließlich. »Bei der Lösung der von Ihnen genannten Probleme und sicher einiger mehr. Es ist schwer, Leuten zu helfen, die sich nicht helfen lassen wollen.«
    Und aus einem spontanen Entschluss heraus, erweicht durch die gastfreundliche Atmosphäre und die freundliche Ehrlichkeit Motts, erzählte ich ihm vom Brückenbau bei Floßheim und der Reaktion der dortigen Bewohner. Es sprudelte nahezu aus mir heraus. Mott unterbrach mich nicht ein einziges Mal.
    Als ich fertig war, räusperte er sich.
    »Die Menschen in dieser Stadt sind nicht so viel anders. Vielleicht ein kleines wenig aufgeschlossener. Aber wartet, bis Ihr in den Norden reist, zur dritten Ansiedlung der Baronie, an der Grenze zum nördlichen Gebirge. Gegen die Menschen dort sind die Einwohner Floßheims voller Tatendrang und Veränderungsbereitschaft.«
    »Was kann ich tun?«, stellte ich die entscheidende Frage.
    »Direkt? Rein gar nichts. Die Menschen in ganz Tulivar sind seit Jahrzehnten ignoriert und vernachlässigt worden. Das hat einen gewissen trotzigen Stolz befördert, der uns gut über die Krise geholfen hat. Aber die Stimmung ist: ›Wir brauchen niemanden, und einen neuen Baron, sogar von außerhalb, schon gar nicht. Wir kommen ganz gut zurecht.‹«
    Mott hob die Hand, ehe ich darauf etwas entgegnen konnte.
    »Nein, wir kommen natürlich nicht gut zurecht. Tulivar ist auf dem absteigenden Ast. Wir benötigen frische Ideen, auch mal einen Tritt in den Hintern. Ihr seid als neuer Landesherr sicher in der Lage, den Stiefel das eine oder andere Mal schwingen zu lassen. Doch letztlich seid Ihr einfach nur ein neuer Sklaventreiber, ein Repräsentant jener Macht, die nicht unwesentlich dazu beigetragen hat, dass es uns jetzt so geht, wie es uns geht. Ihr werdet subtiler vorgehen müssen. Ihr müsst … Türen öffnen und dann den Dingen ihren Lauf lassen.«
    Mott lächelte. »Der Bau der Brücke war eine instinktiv richtige Entscheidung, wenn Ihr mir diesen Kommentar gestattet.«
    Ich stützte meinen Kopf in die Hände, blickte in das flackernde Feuer des Kamins, den Geschmack des wunderbaren Gebäcks noch auf der Zunge. Motts Worte hatten in meinem Bewusstsein einige Räder ins Laufen gebracht. Wohin die Reise meiner Gedanken ging, vermochte ich noch nicht abzusehen, aber es war nun Bewegung im Spiel.
    Ich richtete mich auf.
    »Bürgermeister, ich bedanke mich. Ich werde nun öfters Ihren Rat einholen und hoffe, dass Sie ihn mir weiterhin geben werden.«
    Mott hob die Augenbrauen, senkte dann aber den Kopf in der Andeutung einer Verbeugung. »Ich bin der Bürgermeister, Ihr seid der Baron. Verfügt über mich.«
    Ich nickte Dalina zu, die weiterhin kein Wort gesagt hatte. »Allein für diese Kuchen lohnt es sich, hierher zurückzukehren.«
    Sie nahm das Lob schweigsam zur Kenntnis.
    Als Selur und ich einige Momente später alleine auf der Gasse standen und uns in Richtung des Zimmermanns abwandten, stupste mein Kamerad mich an.
    »Sie hat Gefallen an dir gefunden, Hauptmann«, wisperte er.
    »Was sagst du da?«, erwiderte ich unwirsch.
    »Du hast nicht aufgepasst«, meinte Selur unbeirrt. »Als du über Floßheim berichtet hast, weichte ihr Gesicht auf. Alle Härte und Ablehnung verschwand. Sie mochte, wie ehrlich du alles dargestellt hat, und sie mochte, dass du nicht so getan hast, als hättest du für alles eine Lösung. Sie liebt ihren Vater. Dass du seinen Rat schätzt, hat ihr Herz erreicht. Du hast eine Flamme entzündet, werter Hauptmann.«
    »Für dich immer noch Baron«, murrte ich. Doch irgendwie vermochte ich in den Worten Selurs nichts Tadelnswertes erkennen. Im Gegenteil. Eine völlig absurde, irrationale Hoffnung erfüllte mich. Das war doch nicht …
    »Ich lasse die Finger von ihr«, meinte Selur. »Keine Sorge. Hier herrscht ja offenbar Notstand. Viel zu tun für mich und die Jungs.«
    Ich beschloss, das nicht weiter zu kommentieren. Ich zeigte die Gasse hinab.
    »Zum Zimmermann!«, befahl ich.
    Selur nickte.
    »Mal schauen, ob er auch hübsche Töchter hat.«
    Er leckte sich die Lippen. »Oder Söhne.«
    Ich holte aus, um Selur auf den Hinterkopf zu schlagen, doch er wich aus.
    Er war schon immer schneller gewesen als ich.
        
     

7   Nach Norden
     
    Nach zwei Wochen, die wir vor allem dazu benutzten, mit Hilfe einiger Arbeitskräfte aus der Stadt den Turm wieder herzurichten, kam mir der Gedanke, dass es an der Zeit sei, die dritte Siedlung der Baronie zu besuchen, das nördlich gelegene

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