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Ein Lotterielos. Nr. 9672

Ein Lotterielos. Nr. 9672

Titel: Ein Lotterielos. Nr. 9672 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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bestehende Familie so
    glücklich zu leben, daß ich zu ihrem Glück nichts hinzuzu-
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    fügen vermöchte. Nun, wir werden ja miteinander plaudern,
    und vielleicht führt mich das eher auf die rechte Fährte . . .«
    Während der 3 Tage, die der Professor noch das verletzte
    Bein ruhig auf dem Schemel ausgestreckt halten mußte,
    plauderten dann auch alle drei häufiger von dem und je-
    nem; leider schienen sich beide Geschwister eine merkwür-
    dige Zurückhaltung aufzuerlegen. Weder der eine noch die
    andere wollten sie etwas über ihre Mutter aussagen, deren
    kühlere und sorgenvolle Haltung Sylvius Hog recht wohl
    bemerkt hatte. Aus unerklärlichem Feingefühl zögerten sie
    sogar, ihm von der Angst, die sie wegen der verzögerten
    Rückkehr Ole Kamps empfanden, etwas mitzuteilen, da sie
    Gefahr zu laufen fürchteten, ihrem Gast durch Erzählungen
    von ihren Besorgnissen die gute Laune zu verderben.
    »Indes«, äußerte Joel einmal zu seiner Schwester, »tun
    wir doch vielleicht unrecht daran, uns Herrn Sylvius nicht
    anzuvertrauen. Er ist ein Mann, der uns wohl guten Rat er-
    teilen könnte, und bei seiner ausgebreiteten Bekanntschaft
    könnten wir durch ihn wahrscheinlich auch erfahren, ob
    man sich im Seeamt damit beschäftigt, klarzustellen, was
    aus der ›Viken‹ geworden ist.«
    »Du hast recht«, meinte Hulda, »ich denke auch, wir tun
    besser, ihm alles zu sagen, nur wollen wir damit warten, bis
    er vollkommen wiederhergestellt ist.«
    »O, das kann ja nicht lange dauern!« erwiderte Joel.
    Mit dem Ende der Woche brauchte Sylvius Hog schon
    keine Hilfe mehr beim Verlassen seines Zimmers, obwohl
    er noch ein wenig hinkte. Jetzt setzte er sich gern vor dem
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    Haus auf eine im Schatten der Bäume stehende Bank. Von
    da aus konnte er den Gipfel des Gusta sehen, der im hel-
    len Sonnenschein glänzte, während der Maan, der oft Holz-
    stämme mit sich herabführte, zu seinen Füßen rauschte.
    Hier sah man auch zuweilen Leute vorüberkommen, die
    von Dal nach dem Rjukanfos gingen. Meist waren es Tou-
    risten, die 1 oder 2 Stunden im Gasthaus von Frau Hansen
    Rast machten, um zu frühstücken oder zu Mittag zu essen.
    Daneben trafen auch, Tornister auf dem Rücken und die
    kleine norwegische Kokarde an der Mütze, einige Studen-
    ten von Christiania hier ein.
    Diese kannten natürlich den Professor, und so hörte man
    immer und immer wieder ein fröhliches »Guten Tag« und
    herzliche Grüße, die bewiesen, wie beliebt Sylvius Hog auch
    bei der ganzen akademischen Jugend war.
    »O, Sie sind hier, Herr Sylvius?«
    »Ja, liebe Freunde.«
    »Sie, den man tief drin im Hardanger wähnt?«
    »Das ist eine Täuschung. Eigentlich müßte ich im Grund
    des Rjukanfos liegen.«
    »O, gar das; nun, wir wollen überall melden, daß Sie sich
    in Dal befinden.«
    »Ja, in Dal . . . und mit einem Bein in der Binde.«
    »Sie haben glücklicherweise aber eine gute Lagerstatt und
    sorgsame Pflege im Haus von Frau Hansen gefunden?«
    »Wer könnte sich’s besser erdenken?«
    »Gewiß, es gibt keine behaglichere Stelle.«
    »Und etwa wo bravere Menschen?«
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    »Nein, die gibt’s auch nicht!« erklärten die Touristen
    freudig.
    Dann tranken wohl alle auf die Gesundheit Huldas und
    Joels, die beide in ganz Telemarken rühmlich bekannt wa-
    ren.Darauf berichtete der Professor sein Abenteuer und ge-
    stand seine Unbesonnenheit freimütig ein, erzählte auch
    getreulich, wie er gerettet worden sei und wie viel Dankbar-
    keit er seinen Rettern schulde.
    »Und wenn ich hierbleibe, bis meine Schuld abgetragen
    ist«, fügte er lächelnd hinzu, »dann, meine Herren, bleibt
    mein Staatsrechts-Kolleg noch lange geschlossen und Sie
    können Ferien ohne Ende machen.«
    »Ach, Herr Professor«, rief dann die lustige Gesellschaft;
    »gewiß ist daran die reizende Hulda schuld, die sie hier in
    Dal zurückhält.«
    »Ein liebenswürdiges Kind, meine Freunde, und bezau-
    bernd obendrein, und ich – beim heiligen Olaf – ich bin ja
    auch erst 60 Jahre alt!«
    »Auf das Wohlsein des Herrn Professor Hog!«
    »Und auf das eure, junge Leute! Durchstreift nur immer
    das Vaterland, unterrichtet und belustigt euch! In eurem
    Alter ist es immer und überall schön! Aber hütet euch vor
    dem Weg über den Maristien! Joel und Hulda könnten viel-
    leicht nicht gleich zur Stelle sein, um die Unbesonnenen zu
    retten, die sich dahin gewagt hätten.«
    Dann zog die muntere Schar ab und noch lange hallte ihr
    »God aften«

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