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Ein Lotterielos. Nr. 9672

Ein Lotterielos. Nr. 9672

Titel: Ein Lotterielos. Nr. 9672 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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Leuten!«
    »O, der ist schon in ganz Telemarken bekannt genug; das
    ist nicht der erste schlechte Streich des Kerls!«
    »Man sagt, er habe Ole Kamps Los, nachdem er es ziem-
    lich teuer bezahlt, nicht weiter verkaufen können.«
    »Nein, kein Mensch wollte es annehmen.«
    »Das ist nicht verwunderlich! In den Händen von Hulda
    Hansen hatte das Los einen Wert, in denen Sandgoists aber
    gar keinen.«
    »Das ist recht! Mag er es auf dem Hals behalten und die
    15.000 Mark, die es ihn gekostet hat, verlieren.«
    »Doch, wenn der Spitzbube nun wirklich das große Los
    darauf gewänne?«
    »Er! . . . Das wäre!«
    »Das wäre eine Ungerechtigkeit des Schicksals! Wenn er
    sich nur nicht etwa bei der Ziehung sehen läßt . . .!«
    »O, da sollt es ihm schlecht ergehen!«
    So etwa lauteten die Ansichten bezüglich Sandgoists.
    Wir wissen, daß er – ob aus Klugheit oder aus irgendeinem
    andern Grund – nicht die Absicht zu haben schien, der Zie-
    hung beizuwohnen, denn wenigstens gestern befand er sich
    ja in seinem Haus zu Drammen.
    Hulda fühlte sich sehr erregt und Joel bemerkte, wie ihr
    Arm in dem seinen zitterte; so gingen sie rasch weiter, um
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    nicht noch mehr zu hören, als hätten sie gefürchtet, von al-
    len den unbekannten Freunden, die sich unter der Menge
    kundgaben, erkannt und angerufen zu werden.
    Wenn sie damit gerechnet hatten, vielleicht Sylvius Hog
    in der Stadt zu treffen, so ging das nicht in Erfüllung. Ein-
    zelne Worte aus den ihnen zu Ohren gekommenen Gesprä-
    chen ließen sie jedoch erkennen, daß des Professors Rück-
    kehr nach Christiania schon unter den Leuten bekannt
    geworden war. Schon von früh an hatte man ihn sehr ge-
    schäftig und wie einen Mann, der weder zu fragen, noch
    Antwort zu geben Zeit hatte, und zwar einmal nach dem
    Hafen und dann wieder nach den Marinebüros dahineilen
    sehen.
    Joel hätte gewiß jeden Vorüberkommenden fragen kön-
    nen, wo Professor Sylvius Hog wohnte, und jeder hätte ihm
    ebenso gewiß das betreffende Haus gezeigt oder ihn gleich
    selbst dahin geführt. Er tat dies aber nicht, aus Furcht in-
    diskret zu erscheinen, und da sie verabredet hatten, sich im
    Hotel wieder zu treffen, schien es ihm am besten, dahin zu-
    rückzugehen.
    Es war halb 11, als Hulda ihren Bruder darum bat. Sie
    fühlte sich angegriffen, und jene Bemerkungen, in denen
    ihr Name immer wieder genannt wurde, taten ihr weh.
    Sie begab sich also wieder nach dem Hotel Victoria und
    dort nach ihrem Zimmer, um Sylvius Hog zu erwarten.
    Joel blieb in dem im Erdgeschoß gelegenen Lesesaal des
    Hauses zurück, wo er sich damit beschäftigte, zum Zeitver-
    treib die Zeitungen von Christiania zu durchblättern.
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    Plötzlich wurde sein Gesicht totenbleich und sein Auge
    trübe – das Blatt, das er eben las, fiel ihm aus der Hand . . .
    In der betreffenden Nummer des Morgen-Blatt hatte er
    unter den Seenachrichten eben folgende, aus Neufundland
    angelangte Depesche gelesen:
    Der Aviso ›Telegraf‹ hat an der vermutlichen Stelle des
    Schiffbruchs der ›Viken‹ keine Spur von ihr entdecken kön-
    nen. Ebenso erfolglos waren seine Nachforschungen an der
    Küste von Grönland. Man muß also leider annehmen, daß
    von der Besatzung der ›Viken‹ kein Mann mehr am Leben
    ist.
    XVIII.
    Das war eine Ansammlung von Menschen im größten Saal
    der Universität von Christiania, wo die Ziehung der Lotte-
    rie vor sich gehen sollte! – Selbst in den Gängen und Höfen,
    da der große Saal die ganze Volksmenge nicht zu fassen ver-
    mochte, stand alles gedrängt voll, und sogar bis hinaus in
    die benachbarten Straßen, da sogar die Höfe noch zu klein
    waren, um alle Interessenten aufzunehmen.
    An jenem Sommertag des 15. Juli hätte man die ganz
    außergewöhnlich erregten Norweger freilich nicht an der
    ihnen sonst angeborenen Ruhe erkennen können. Rührte
    diese Erregung wohl von dem Interesse her, das sich an die
    bevorstehende Lotterieziehung knüpfte, oder war nur die

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    hohe Luftwärme dieses Sommertags daran schuld? Viel-
    leicht trugen Interesse und Hitze mit gleichen Teilen dazu
    bei; wenigstens vermochte der gewaltige Konsum erqui-
    ckender Früchte, jener »Multers« (Berghimbeeren), die in
    ganz Skandinavien in so großen Mengen verzehrt werden,
    sie heute nicht zu dämpfen.
    Pünktlich um 3 Uhr sollte die Ziehung stattfinden. Dafür
    waren 100 Lose in drei Serien geteilt worden, deren erste 90
    Gewinne von 100 bis 1000 Mark im Gesamtwert

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