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Ein Lotterielos. Nr. 9672

Ein Lotterielos. Nr. 9672

Titel: Ein Lotterielos. Nr. 9672 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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kleine
    Hulda, die ich von Dal mit hergebracht habe!« sagte er.
    Darauf wandte er sich um.
    »Und das ist Joel, ihr wackerer Bruder!«
    Dann fügte er aber noch hinzu:
    »Nun tut mir noch den einzigen Gefallen, uns nicht aus
    Liebe zu erdrücken!«
    Und während die Hand Joels auf jeden Druck antwor-
    tete, wurde die minder kräftig gebaute Hand des Professors
    unter der Pressung, die sie zu erdulden hatte, fast zerbro-
    chen. Gleichzeitig aber glänzte sein Auge vor Freude auf,
    obgleich eine kleine Träne der Rührung in seinen Lidern
    hing. Aber – eine der Aufmerksamkeit der Ophtalmolo-
    gen würdige Erscheinung – diese kleine Träne war fast la-
    chend.
    Es bedurfte einer guten Viertelstunde, die Höfe der Uni-
    versität zu durchschreiten, nach dem großen Saal zu gelan-
    gen und hier die Stühle zu erreichen, die für den Profes-
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    sor reserviert worden waren. Endlich war es jedoch, freilich
    nicht ohne einige Mühe, gelungen. Sylvius Hog nahm zwi-
    schen Joel und Hulda Platz.
    Um halb 3 öffnete sich eine Tür auf dem Podium an der
    Schmalseite des Saals. Es erschien der Vorsitzende des Bü-
    ros, ernst und würdig mit der bekannten Herrschermiene,
    der eigentümlichen Haltung des Kopfs, die man bei jeder-
    mann beobachtet, der die Ehre hat, zu irgendeinem Präsi-
    dium berufen zu sein. Zwei nicht minder ernste Beisitzer
    folgten ihm. Darauf sah man sechs kleine, mit Bändern und
    Blumen geschmückte Mädchen eintreten, lauter Blondköpf-
    chen mit blauen Augen und rosigen Händen, an denen man
    deutlich die Hand der Unschuld erkannte, und die auserse-
    hen waren, die Losnummern zu ziehen.
    Diese Eintrittsszene begrüßte ein allgemeines Lärmen,
    das zunächst Zeugnis gab von dem Vergnügen, das die
    Leute empfanden, die Direktoren der Lotterie von Christi-
    ania vor sich zu sehen, daneben auch von der dadurch her-
    vorgerufenen Ungeduld, daß sie sich nicht eher auf der Es-
    trade gezeigt hatten.
    Wenn hier 6 kleine Mädchen erschienen, so geschah das
    deshalb, weil 6 Urnen auf einem Tisch standen, aus der bei
    jeder einzelnen Ziehung 6 Ziffern hervorgehen sollten.
    Diese 6 Urnen enthielten die 10 Ziffern 1, 2, 3, 4, 5, 6, 7,
    8, 9 und 0, welche die Einer, die Zehner, Hunderter, Tausen-
    der, Zehntausender und Hunderttausender der Zahl Mil-
    lion darstellen sollten. Eine siebte Urne für die Zahl Mil-
    lion selbst gab es nicht, weil bei dieser Art und Weise der
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    Ziehung ausgemacht war, daß 6 gleichzeitig aus den Urnen
    hervorgehende Nullen die Zahl Million bedeuten sollten –
    wodurch also für alle Nummern gleiche Gewinnaussichten
    geschaffen wurden.
    Außerdem war die Bestimmung getroffen, daß die Num-
    mern nacheinander aus den Urnen gezogen würden, und
    zwar zuerst diejenige, die den Anwesenden zur linken Hand
    lag.Die gewinnende Zahl entstand sozusagen auf diese
    Weise vor den Augen der Zuschauer, zuerst die Ziffer, die
    die Hunderttausend bildete, dann die Zehntausend und so
    hinab bis zu den Einern.
    Man kann sich bei dieser Anordnung denken, wie jeder
    beim Erscheinen einer neuen Ziffer seine vielleicht win-
    kende Aussicht auf Gewinn mit zunehmender Erregung
    wachsen sah.
    Schlag 3 Uhr machte der Vorsitzende mit der Hand ein
    Zeichen und erklärte die Ziehung für eröffnet.
    Das lange Gemurmel, das diese Erklärung begleitete,
    dauerte einige Minuten an, nach denen dann ein gewisses
    Stillschweigen eintrat.
    Der Vorsitzende erhob sich nun. Sehr bewegt hielt er
    eine kleine angepaßte Rede, in der er bedauerte, daß eben
    nicht auf jede Nummer ein großes Los fallen könne. Dann
    gab er Erlaubnis, mit der Ziehung der ersten Serie zu begin-
    nen. Diese enthielt, wie wir wissen, 90 gewinnende Num-
    mern, was immerhin einige Zeit in Anspruch nahm.
    Die 6 kleinen Mädchen begannen jetzt mit automati-
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    scher Regelmäßigkeit die Lösung ihrer Aufgabe, ohne daß
    die Geduld der Anwesenden nur ein einziges Mal ausge-
    gangen wäre. Bei dem zunehmendem Wert jeder gezogenen
    Nummer nahm freilich auch die Spannung aller gleichmä-
    ßig zu, und niemand fiel es ein, seinen Platz zu verlassen,
    nicht einmal denjenigen, deren schon gezogene Nummern
    doch keine weitere Aussicht auf Gewinn bieten konnten.
    So verlief eine volle Stunde ohne jeden Zwischenfall. Je-
    der hatte sich dabei überzeugen können, daß die Nummer
    9672 noch nicht gezogen worden war, was ihr ja jede Aus-
    sicht entzogen hätte, den Gewinn von 100.000 Mark zu er-
    halten.
    »Das ist schon von

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