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Ein Lotterielos. Nr. 9672

Ein Lotterielos. Nr. 9672

Titel: Ein Lotterielos. Nr. 9672 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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von 45.000
    Mark enthielt; die zweite umfaßte neun Gewinne von 1000
    bis 9000 Mark, ebenfalls im Wert von 45.000 Mark; die
    dritte nur einen Gewinn von 100.000 Mark.
    Entgegen der Gewohnheit, der man sonst bei derartigen
    Lotterien folgt, war hier der Haupttreffer bis zuletzt auf-
    gehoben, nicht der ersten gezogenen Nummer sollte das
    große Los zufallen, sondern der letzten, das heißt hier der
    100. Nummer. Selbstverständlich bewirkte das eine sich
    immer weiter steigernde Spannung und immer heftigeres
    Herzklopfen bei den Anwesenden. Wir brauchen natürlich
    nicht zu betonen, daß eine Nummer, die schon einmal ge-
    wonnen hatte, nicht ein zweites Mal gewinnen konnte, und
    für ungültig erklärt wurde, falls sie noch einmal aus den
    Urnen hervorkam.
    Alles das war jedermann bekannt, und es galt jetzt nur
    noch, die bestimmte wichtige Stunde abzuwarten. Um aber
    die Langeweile beim Warten hinwegzutäuschen, plauder-
    ten alle lebhaft und zwar am häufigsten von der bedauerns-
    werten Lage der Hulda Hansen. Hätte sie jetzt das Los Ole
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    Kamps noch besessen, gewiß hätte ihr jedermann – natür-
    lich nach dem eigenen lieben Ich – den besten Erfolg ge-
    wünscht.
    Zu dieser Stunde hatten schon mehrere Personen Kennt-
    nis von der im heutigen Morgenblatt enthaltenen Depe-
    sche und sprachen darüber mit den Nebenstehenden. Bald
    wußte man nun in der ganzen Versammlung, daß die Nach-
    forschungen des Avisos zu keinem Ziel geführt hatten; die
    Sache war abgeschlossen, man mußte darauf verzichten,
    nur eine einzige Planke der ›Viken‹ wiederzufinden. Von
    der Besatzung hatte kein Mann den schrecklichen Schiff-
    bruch überlebt. Hulda würde ihren Verlobten nie mehr wie-
    dersehen.
    Da lenkte ein Zwischenfall die Aufmerksamkeit nach an-
    derer Seite. Es verbreitete sich nämlich das Gerücht, Sand-
    goist habe sich doch entschlossen, Drammen zu verlassen,
    und einige behaupteten sogar, ihn in den Straßen von Chris-
    tiania schon gesehen zu haben. Sollte er wirklich die Kühn-
    heit haben, in diesem Saal zu erscheinen? Wenn es der Fall
    war, durfte der schlechte Mann sich eines Ausbruchs der
    allgemeinen Entrüstung gegen ihn versehen. Er . . . der Zie-
    hung der Lotterie selbst beiwohnen? Nein, das war so un-
    wahrscheinlich, daß es gar nicht möglich war, die Sache lief
    auch auf nichts weiter, als auf einen blinden Alarm hinaus.
    Gegen viertel nach 2 entstand eine gewisse Bewegung im
    Saal.
    Eben zeigte sich Professor Sylvius Hog im Tor der Uni-
    versität. Man wußte, wieviel Anteil er an der ganzen Ange-
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    legenheit hatte und wie er nach erfolgter eigener Rettung
    durch die Kinder von Frau Hansen ehrlich bestrebt war,
    seine Schuld zurückzuzahlen.
    Sofort öffneten sich die Reihen der zunächststehenden
    Landleute. Ein schmeichelhaftes Murmeln, auf das Sylvius
    Hog durch freundliches Nicken mit dem Kopf antwortete,
    lief durch die Menschenmenge und wuchs bald zu lebhaf-
    ten Zurufen an.
    Der Professor war jedoch nicht allein. Als die ersten zu-
    rückwichen, um ihm Platz zu machen, sah man, daß er ein
    junges Mädchen am Arm führte, während ein junger Mann
    den beiden folgte.
    Ein junger Mann und ein junges Mädchen! Wie ein elek-
    trischer Schlag durchzuckte es die guten Leute. Derselbe
    Gedanke sprang in allen Köpfen so gleichzeitig auf, wie der
    Funken von ebenso vielen Akkumulatoren.
    »Hulda! . . . Hulda Hansen!«
    Dieser Name drängte sich unwillkürlich aus jedem
    Mund.
    Ja, es war Hulda, aber so erregt, daß sie sich kaum auf-
    recht zu halten vermochte. Ohne den Arm Sylvius Hogs
    wäre sie gewiß zusammengebrochen. Dieser aber hielt sie
    ordentlich fest, die reizende Heldin dieser festlichen Stunde,
    der nur ihr Ole Kamp fehlte. Und doch, wie viel lieber wäre
    sie in ihrem kleinen Stübchen in Dal geblieben, und wie
    drängte es sie, sich dieser, wenn auch noch so wohlgemein-
    ten teilnehmenden Neugier zu entziehen. Sylvius Hog hatte
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    es jedoch gewollt, daß sie hierherkam, und so war sie ge-
    kommen.
    »Platz! Platz!« rief man von allen Seiten.
    So dicht die Menge gedrängt stand, wich sie doch vor
    Sylvius Hog, vor Hulda und Joel zurück. Aber wie viele
    Hände streckten sich aus, um die ihrigen zu erfassen! Wie
    viele freundliche Begrüßungsworte wurden ihnen beim Vo-
    rüberkommen zugerufen, und mit wie sichtlicher Befrie-
    digung nahm Sylvius Hog diese freiwilligen Huldigungen
    entgegen!
    »Ja, sie ist es, liebe Freunde! . . . Das ist meine

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