Ein Macho auf Abwegen
war ein ekliges Durcheinander von Gerüchen, welche Marc
und Pilar allmählich in die Nasen zogen, während sie nach der richtigen
Wohnungstür suchend bis in den dritten Stock hinaufsteigen mussten. „Hier ist
es!“, rief Marc beinahe erleichtert, als er den gesuchten Namen auf einem
Klingelschild entdeckte.
Du liebe Zeit! Was ist das denn für ’ne Witzfigur?, dachte
er, als die Wohnungsinhaberin öffnete. „Buenos días, Señora
Perez. Yo soy la abogada Pilar Riva, y este es un amigo de Alemania, el Señor
Marc Stevens.” Pilar hatte sich und ihn vorgestellt, soviel hatte Marc
mitbekommen. Er nickte kurz und hoffte, das schäbige Weib würde ihm nicht ihre
Hand zur Begrüßung hinhalten. Gott sei Dank, tat sie weder das, noch erwiderte
sie Pilars Gruß. Sie machte lediglich eine kurze Kopfbewegung nach hinten und
ging stumm voran.
Die Essensgerüche aus dem Treppenhaus waren gar nichts im
Vergleich zu dem Gestank im Inneren dieser finsteren Behausung. Kaum waren sie
der Frau in das Wohnungsinnere gefolgt, kroch ihnen der penetrante Gestank von
Urin und Fäkalien durch ihre Geruchsorgane.
Die Wohnung war komplett abgedunkelt, und der Flur wurde nur
durch eine schwache Glühbirne beleuchtet. Marc stolperte über irgendetwas, was
sich als eine massige Katze entpuppte. Das Tier folgte der Dreiergruppe
gelassen und schwerfällig in das Wohnzimmer. Die gute Stube war genauso
schmutzig wie ihre heruntergekommene Bewohnerin. Das Sofa, auf welches sie sich
setzen sollten, war mit großen, eingetrockneten Flecken übersät.
Eindeutig Katzenpisse!, dachte Marc und setzte sich nur
widerwillig auf die Sofalehne. Die fette Katze legte sich direkt neben ihn und
versuchte sich an ihn zu schmiegen. Pilar blieb nichts anderes übrig, als sich
neben das schnurrende Vieh zu setzen.
Die ungepflegte Ex-Nutte nahm ihnen gegenüber auf einem
Sessel Platz. Die würde man noch nicht einmal in St. Georg reinlassen, dachte
Marc, als er sie jetzt in voller Beleuchtung sah. Die Frau war extrem
übergewichtig und hatte das typisch aufgedunsene Gesicht nebst der blauen,
großporigen Nase einer Alkoholikerin. Das erklärte auch die Massen an Bierdosen
und leeren Schnapsflaschen, die überall im Raum verteilt herumlagen. Sie trug
ein enganliegendes pinkfarbenes Shirt mit weit ausgeschnittenem Halsausschnitt.
Die Krönung war aber der Minirock aus Lackleder, der wie eine zweite Haut an
ihr klebte. Señora Perez hatte sich wie eine Barbiepuppe geschminkt, wirkte auf
Marc aber eher wie ein untoter Zombie. Ob die noch aktiv ist?, dachte er. Du
liebe Zeit! Wer bezahlt denn auch noch für so eine Ruine?
Sie steckte sich eine Zigarette an und klopfte die Asche
über einem randvollen Aschenbecher ab. Sie hätte es eigentlich direkt auf dem
Tisch oder gleich auf dem Fußboden erledigen können, dort war alles schon mit
Asche und stinkenden Essensresten übersät.
Die Nutte oder Ex-Nutte sagte etwas, und Pilar fragte ihn,
ob er etwas trinken wolle. „Um Gottes willen, nein!“, sagte er. „Aber vielleicht
könnte sie mal die Fenster öffnen. Ich glaube, ich muss gleich kotzen!“ Er
resignierte jetzt schon. Was sollte man mit so einer Type anfangen? – Rein gar
nichts! Fadenscheiniger als diese Nutte konnte niemand auf der Welt sein!
Pilar übernahm unterdessen die Gesprächsführung, was Marc
vollkommen zappelig machte, denn er hasste es, außen vor zu sein. Pilar bemühte
sich, ihm jedes einzelne Wort sofort zu übersetzen, bis sie seine Ungeduld
bemerkte. „Marc, es nützt doch alles nichts! Wir sind nun einmal hier und
werden uns anhören, was sie uns zu sagen hat! Ob es uns weiterbringen kann,
entscheiden wir nachher!“
Um sicherzustellen, welchen der zahlreichen ehemaligen
Stammkunden Pilars Interesse galt, zeigte sie der Frau Fotos von Ángel und
Kaiser. Die Schlampe nahm die Bilder in die Hand und warf einen kurzen Blick
darauf. „Sí, sí! Roberto y Ángel…“
Den Rest verstand Marc mal wieder nicht. Sie plapperte
weiter, und Pilar übersetzte. „Sie hat Ángel Moreno und Robert Kaiser als
Stammkunden gehabt. Sie sagt, sie musste sich mit Handschellen fesseln lassen
oder wie ein Hund mit ihnen durch den Klub spazieren gehen. Sie hatte mit ihnen
auch regelmäßig Geschlechtsverkehr, aber für die härteren Vorlieben der Herren
vermittelte man masochistisch veranlagte Kundinnen. Also solche, die nur
können, wenn sie erniedrigt werden. Da wurde dann geschlagen und gepeitscht
und, und, und ...“
„... Ja, ja!“, fiel Marc
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