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Ein Macho auf Abwegen

Ein Macho auf Abwegen

Titel: Ein Macho auf Abwegen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Hitzblech
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anderer Leute zutreffend zu interpretieren.
Marc deutete ebenso feinfühlig die einzelnen Andeutungen und Gesten ihrer
Mitmenschen. Es handelte sich um eine seltsame Mischung aus Neugier, Furcht
oder gar Abscheu und Verachtung, welche Christina in regelmäßigen Abständen
entgegenschlug. Einige Männer schauten nach allen Regeln der Kunst lüstern und
triebgesteuert aus ihren giererfüllten Augen, mit denen sie Christina wie ein
Lustobjekt fixierten, was Marc jedes Mal zur Weißglut brachte. Ihre
Vergangenheit schien in seinen Geschlechtsgenossen eine regelrechte Geilheit
auf Außergewöhnliches auszulösen. Auf ihren Stirnen schien geschrieben zu
stehen: „Die Frau hat ’was drauf! Die Alte weiß, was den Männern gefällt!“ Bis
zu einem gewissen Punkt teilte Marc diese Meinung, denn seine Christina wusste
in der Tat sehr genau, was Männern gefiel, aber nicht so wie es sich in der
schmutzigen Phantasie einiger Herren abspielte. Diese Kerle würden sich ganz
gerne mal seiner Frau als Opfer bedienen, mit ihr ins Bett steigen, um ihren
geheimsten Phantasien freien Lauf zu lassen. Das war das Einzige, was sich in
diesen Köpfen abspielte. Nun gut, mit so etwas musste man rechnen, und sie
hatten eigentlich besprochen, solchen Gesten oder auch dummen Bemerkungen
keinen Wert beizumessen, doch er konnte Christina hier und da verstehen, wenn
sie bissige Kommentare von sich gab. Sie fühlte sich erniedrigt, würdelos und
verwundet.
    Bei einem Geschäftsessen in Hamburg, mit einigen Ehepaaren
aus der Musikbranche, schaute sie ihrem gaffenden Gegenüber assistentinneneisig
in die Augen und kommentierte beinahe tiefgefroren ihr Filetsteak auf dem
Teller. „Die meisten Leute mögen ihr Steak ja Medium, ich hingegen bevorzuge es
Englisch. Da muss das Blut so richtig laufen.“ Danach schickte sie ein
übertrieben freundliches Lächeln über den Tisch, und der Angesprochene schaute
verlegen auf seinen Teller. Christina sah Marc verliebt an und fügte noch
hinzu: „Nicht wahr, cariño?“
    Marc spielte gerne mit, gab ihr einen flüchtigen Kuss und
steuerte nun seinen Teil zur Unterhaltung bei. „Ja, Christina kennt sich aus
und weiß was gut ist. Sie müssen unbedingt einmal zu uns zum Essen kommen.
Meine Zukünftige ist eine begnadete Köchin, kann ich Ihnen sagen. Sie verwöhnt
mich täglich mit absolut Aufsehen erregenden Dingen, die für mich vollkommen
neu sind. Da kommt „Mann“ schon auf seine Kosten! Christina ist immer für eine
Überraschung gut, und so phantasievoll!“
    Sein Kommentar hatte nun vollkommene Verunsicherung in der
kleinen Gesellschaft ausgelöst. Beinahe schockierte Mienen hafteten nun auf dem
frischverlobten Brautpaar, und gerade die Frauen marterten Christina nun mit
ihren verachtenden Blicken, doch Christina spielte das Spiel weiter. „Man muss
seinen Männern schon einmal etwas Außergewöhnliches anbieten. Null Acht
Fünfzehn kann ja jede, nicht wahr?“
     
    Es gab natürlich ebenso Dinge, die Marc so gar nicht an ihr
mochte.
    Das Schlimmste war: Sie zwang ihn zur Hausarbeit! Er musste
ihr Handlanger in der Küche sein. Zwiebeln schneiden, Kartoffeln schälen und
Tisch abräumen waren seine Haupttätigkeiten. Diese Arbeiten hatte er, als
eingefleischter Macho, zuletzt bei seiner Mutter machen müssen.
    Überdies hatte sie einen wahnsinnigen Komplex, was
Orangenhaut und Falten anbelangte. Keine Creme, die sie nicht ausprobierte.
Keine Gymnastikübung ließ sie aus, selbst ihre Gesichtsmuskulatur hielt sie
durch das Schneiden von bestimmten Grimassen elastisch. Jeden Tag schwamm sie
beinahe verbissen ihre Runden im hauseigenen Hallenbad und duldete dabei
keinerlei Ablenkung. Auch ihr allmorgendliches Wiegen konnte er nicht
nachvollziehen. „Christina, ich mag dich, so wie du bist! Mir ist es egal, wenn
du mal ein bisschen mehr wiegst. So knackig bin ich immerhin auch nicht mehr“,
versuchte er ihr geduldig beizubringen, doch es schien vergebliche Liebesmühe
zu sein. „Du bist das Knackigste, was mir je untergekommen ist, und die
Konkurrenz schläft bekanntlich nicht, mein Lieber“, war ihre Antwort darauf.
     
    Sie liebten gemütliche Fernsehabende auf dem Sofa. Aber
egal, was man sich zusammen mit ihr ansah, es ging dabei nie leise zu. Sie sah
sich am Liebsten Liebesfilme an, und Marc konnte die Uhr danach stellen:
Spätestens am Ende war das große Schluchzen angesagt. Es spielte für sie
absolut keine Rolle, ob es der Filme „happy“ endete oder nicht, sie brach in
schöner

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