Ein Macho auf Abwegen
reichte ihr Vorstellungsvermögen nicht mehr aus,
und sie überkam der absolute Brechreiz. Wenn selbst so hochgeschätzte
Mitglieder des mächtigen Stadtrates von Marbella wie Ángel Moreno und Robert
Kaiser dort Stammgäste gewesen waren, wer, aus dem politischen Leben Málagas,
deckte dieses kranke Treiben bis zum heutigen Tag? Der Polizeichef? Der Leiter
des Ordnungsamtes oder gar der Bürgermeister? Vielleicht auch ein Staatsanwalt
oder womöglich ein Richter? Unvorstellbar! Unbegreiflich! Nicht zu fassen! –
Ein Rätsel. – Nicht zu knacken. Ein immerwährendes Geheimnis. – Für alle
Zeit, in Ewigkeit. – Amen!
Wer gehörte womöglich dem weiblichen Kundenkreis an? Die
Gräfin von und zu
Was-Weiß-Ich? Oder ließ sich irgendeine
Edelboutiquebesitzerin aus der Altstadt regelmäßig, ganz nach persönlichem
Geschmack, von einem x-beliebigen fehlgeleiteten Herrn Gymnasialdirektor den
Hintern versohlen und die Handschellen umlegen? Vielleicht Señora Perez oder
López, die freundliche Bäckereifachverkäuferin von nebenan? Wer prügelte mit
Vergnügen, und wer hatte nichts dagegen, sich ein bisschen verkloppen zu
lassen? No, no, die sind doch alle nicht gesund im Hirnstübchen! Das ist doch
alles krankhaft, abartig und unnatürlich. Die gehören doch allesamt in
geschlossene psychiatrische Anstalten, dachte Christina.
Pilar hatte versucht, zu den Prostituierten Kontakt
aufzunehmen, doch sie hatte leider keins dieser leichten Mädchen gefunden,
welches Ángel oder Robert auf den Fotos wiedererkannte. Es war einfach viel zu
lange her. In diesem Gewerbe gab es logischerweise keine langfristigen
Arbeitsverhältnisse und naturgemäß genauso wenig langjährige Mitarbeiterinnen.
Die heutigen Señoritas waren gegenüber der Anwältin auch nicht besonders
auskunftsfreudig und wahrten das oberste Gebot ihres Berufszweiges, nämlich die
Diskretion. Selbst mit Geld kam Pili bei den sonst so simpel käuflichen Putas
nicht weiter.
Christina verließ langsam aber sicher der Mut. Musste in
ihrem Leben denn alles, wirklich restlos alles schief gehen? Konnte ihr denn
nicht wenigsten in dieser einen Sache etwas gelingen? Vollkommen
niedergeschlagen von Pilis Negativbericht, rief sie schnippisch wie ein kleines
Mädchen in die Sprechmuschel des Telefonhörers: „Dann musst du eben die Videos
von Robert direkt besorgen!“ Die Videos erschienen ihr sowieso wesentlich
eindeutiger als eine zwielichtige Zeugenaussage. Was sollten ihre Kinder mit
der Aussage einer Nutte anfangen?
„Bist du jetzt völlig bekloppt geworden, Christina?“,
brüllte Pilar aufgebracht. „Was denkst du dir eigentlich? Soll ich etwa in sein
Haus einbrechen? Oder jemanden mit einem Einbruch beim „Autokaiser“
beauftragen? Wie stellst du dir das denn vor, Christina? Du weißt, ich helfe
dir gerne, aber schlage dir das aus deinem elenden Dickschädel! Ich werde keine
krummen Dinger drehen, auch nicht für dich!“ Christina schluckte einmal
kräftig. So hatte sie ihre Freundin ja noch nie erlebt! „Hola, Pili, jetzt halt
aber mal die Luft an! Habe ich das von dir verlangt?“ Sie erwartete überhaupt
keine Antwort vom anderen Ende der Leitung. „Wir können doch eine von diesen
Nutten dafür bezahlen, dass sie zu Robert ins Haus geht. Wenn sie dann mit dem
perversen Fettsack fertig ist, und das dicke Ekelpaket eingeschlafen oder
volltrunken irgendwo in der Ecke ‘rumliegt, kann sie in aller Ruhe nach den
Filmen suchen.“
Pilar dachte einen Moment nach. „Und wie viel wird so eine
Aktion kosten? Wer weiß, ob Kaiser überhaupt so ein Subjekt in sein Haus lässt?
Was sollen denn da die Nachbarn sagen? – Kann ich mir beim besten Willen
nicht vorstellen, Christina!“
„Ist doch vollkommen egal, was das kostet. Es ist auf jeden
Fall den Versuch wert. Also, bitte. Entweder du organisierst so eine
Professionelle, oder du schaust mal deine Mandantenkartei durch, gibst mir ein
paar Namen, und ich komme nach Málaga, um den Kontakt zu machen. Du wirst da
gar nicht mit reingezogen, Pili!“
„Sei nicht albern, Christina! Du kennst doch die
Kaiser-Villa! Meinst du, da kommt so schnell einer hinein?“
Ja, Pilar hatte Recht. Es war aussichtslos. Robert, der
Autokaiser, hatte sein Haus gesichert wie die Festung eines Monarchen. Er hatte
Ángel und ihr einmal die Sicherheitsanlage vorgeführt. Selbst ein Profi würde
sich daran die Zähne ausbeißen, wenn er überhaupt das Grundstück betreten
könnte und unbeschadet bis an das Haus
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