Ein Macho auf Abwegen
geflennt hatte! Gerade hatten er und
Pam sich wieder vertragen, und dann ließ man ihn einfach so sterben. Was für
eine Ungerechtigkeit! Hätte man da nicht ersatzweise den gemeinen J.R oder
nervigen Cliff Barnes dahinsiechen lassen können? – Nein! Es musste
ausgerechnet Everybody’s Darling sein! Und sie fand es später gar nicht so
ungewöhnlich, dass Bobby nach monatelanger Abstinenz plötzlich unter der Dusche
stand, und Pam seinen Tod nur geträumt hatte. Wie gerne hätte sie Ángel im
Badezimmer vorgefunden, und alles wäre nur ein entsetzlicher Alptraum gewesen!
Oder dieses unsinnige Ende von Titanic. Konnte Leonardo
DiCaprio, anstatt im kalten Atlantik zu erfrieren, sich nicht einfach eine der
vielen umhertreibenden Schiffsplanken angeln? Hätte er sich denn nicht, genau
wie seine rothaarige Liebste, darauf treiben lassen können, um dem
vermeintlichen Tod zu entrinnen? – Nein, der Dummbeutel wollte ja lieber
zunächst jämmerlich erfrieren und danach tragisch auf den Meeresgrund
abtauchen, nur um seine verweichlichte Braut nicht alleine auf der, das Leben
rettenden, Latte paddeln zu lassen! Und das alles nur, weil er aus der dritten
Klasse war. – Gemein!
Die beiden Kolleginnen waren inzwischen nicht nur dicke
Freundinnen geworden, sondern Christina hatte sich zu einer buchstäblichen
Ziehmutter für Gaby entwickelt. Es gab fast nichts, was Gaby ihr nicht
anvertraute, und die Kleine holte sich für alles und nichts den Rat ihrer
mütterlichen Freundin. Christina fiel das überhaupt nicht lästig, im Gegenteil.
Ihr machte es große Freude wieder für einen Menschen in ihrem Leben wichtig zu
sein.
Bei der Arbeit im Musikverlag lief auch alles ausgezeichnet.
Die Kolleginnen des GBM-communicationcentre hatten außer der vielen Arbeit auch
eine Menge Spaß zusammen. Soviel wie in der letzten Zeit, hatte Christina schon
lange nicht mehr gelacht. Auch zu ihrer Chefin pflegte sie ein liebenswürdiges
Verhältnis. Die beiden Gleichaltrigen verbrachten häufig die Mittagspause in
der Kantine miteinander und duzten sich ziemlich rasch. Hier sagte eigentlich
jeder ganz locker „du“. Das brachte die leichtlebige Musikbranche
wahrscheinlich so mit sich.
In der Pension entwickelte Elisabeth wiederum wahre
Muttergefühle für Christina. Sie las ihr jeden Wunsch von den Augen ab,
kümmerte sich um alles, sogar um Christinas Wäsche. Doch trotz alledem sehnte
sich Christina jeden Tag mehr nach ihren eigenen vier Wänden. Die Suche nach
der passenden Wohnung blieb aber weiterhin mühsam und fruchtlos.
Die äußerlich so eisern wirkende Frau Fink im Frauenhaus
entpuppte sich als warmherzige und einfühlsame Person. Christina genoss die
abendlichen Treffen im Büro der Heimleiterin. Die Gespräche mit der Chefin des
Frauenhauses waren der beste Tagesabschluss, den Christina sich denken konnte.
Natürlich war es eines Tages unumgänglich der
sachverständigen Heimleiterin zu offenbaren, welche Erfahrungen sie in ihrer
eigenen Ehe gemacht hatte. Christina erzählte ihr jedenfalls nur von den
Schlägen. Dass sie Mutter von zwei erwachsenen Kindern war, und auch die
Vergewaltigungen, einschließlich Ángels Abartigkeit, erwähnte sie mit keinem
Ton. Selbstverständlich sagte sie auch nichts über das bitterböse und
folgenschwere Ende ihrer Ehe.
„Hatten Sie wenigstens psychologische Unterstützung oder
jemanden mit dem Sie reden konnten nach der Trennung?“, wollte Frau Fink
wissen. „Ja, ich hatte eine Psychologin und eine sehr gute Freundin in Spanien,
die mir sehr geholfen hat.“ Damit hatte Christina wenigstens nicht gelogen. Sie
wurde damals, kurz nach ihrer Verhaftung, psychologisch untersucht. Es handelte
sich allerdings um eine recht flüchtige Angelegenheit, da man die Angeklagte
ausschließlich für das Gericht begutachten ließ. Und Pilar hatte ihr wirklich
die ganzen Jahre zur Seite gestanden.
Einige männliche Mitarbeiter des Verlages starteten den
Versuch, sich mit der Neuen aus dem Schreibbüro zu verabreden. Alle Bemühungen
waren jedoch vergebens. Christina Klasen ging außer mit ihrer Freundin Gaby mit
niemandem aus. Ein einziges Mal hätte Christina allerdings schwach werden
können: Bei dem Leiter der Rechtsabteilung, Dr. Dirk Althoff. Der Anwalt mit
dem südländischen Aussehen, welches genau ihrem Gusto entsprach, interessierte
sich für sie, obwohl Christina mindestens fünf Jahre älter war. Das offene,
sympathische Lächeln des frisch geschiedenen Rechtsanwaltes
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