Ein Macho auf Abwegen
beeindruckte
Christina nachhaltig, doch sie ließ sich nicht von ihren Gefühlen leiten und
wimmelte ihn ab. Er versuchte noch einige Male, mit ihr ein Treffen
auszumachen, doch Christina gab immer wieder vor keine Zeit zu haben. „Sie sind
sicher schon gebunden?“, fragte Althoff taktvoll nach. „Ja, so ungefähr“,
antwortete Christina mit einem Lächeln. Bald wussten alle Herren im Hause, dass
es vergebliche Liebesmühe war, sich der neuen Schreibkraft zu nähern, und sie
hatte ihre Ruhe vor ihnen.
Eines Morgens kam Gaby ziemlich aufgedreht und mit einer
Überraschung für ihre Ziehmutter zur Arbeit. Schon beim Hereinkommen rief sie
begeistert: „Du Christina! Bei mir im Nachbarhaus wird eine Wohnung frei!
Genauso eine wie meine. Hättest du nicht Lust, sie dir mal anzuschauen?“
Christina musste gar nicht lange überlegen. Die Lage wäre ideal und die Miete
ebenfalls erschwinglich. Gabys Wohnung war wirklich nett geschnitten, und sie
könnte mit ihrer Freundin zusammen zur Arbeit fahren. Das Frauenhaus war auch
nicht allzu weit entfernt. „Mach’ sofort einen Termin für mich! Die Wohnung
nehme ich! Ungesehen!“, rief Christina.
Die kleine Wohnung war wirklich ideal. Zwei Zimmer, Küche,
Diele, Bad. Die Küche war ziemlich klein, doch das Wohnzimmer bot genug Platz
für eine gemütliche Essecke. Es musste allerdings alles komplett renoviert
werden. Sämtliche Tapeten und Fußböden waren zu erneuern. Die kleine
Einbauküche hatte lediglich eine gründliche Reinigung nötig. Danach wäre sie
wieder brauchbar. Natürlich brauchte Christina komplett neue Möbel. Dafür und
für die Renovierung, nebst Kaution reichte ihr Erspartes allemal aus.
Elisabeth war am Boden zerstört, als Christina ihr die
Neuigkeit euphorisch berichtete. „Ich werde Sie vermissen, Christina. Hätten
Sie doch etwas gesagt, dann hätte ich Ihnen das Zimmer billiger gelassen!“
Christina versuchte ihre enttäuschte Pensionswirtin zu trösten.
„Sie sind wirklich sehr lieb, Elisabeth, aber darum geht es
doch gar nicht. Ich fühle mich wirklich sehr wohl bei Ihnen, das können Sie mir
glauben!“
Elisabeth hatte wirklich alles dafür getan, um für Christina
ein gemütliches zu Hause zu schaffen. Christina brauchte sich um rein gar nichts
zu kümmern. Meistens stand sogar schon das Essen auf dem Tisch, wenn sie von
der Arbeit in die Pension zurückkam. „Ich bin kein Teenager mehr. Ich muss ganz
einfach meine eigenen vier Wände haben, verstehen Sie das Elisabeth?“
Elisabeth war sichtlich getroffen. Sie hatte Christina den
anderen beiden Hausgästen immer vorgezogen. Jetzt sollte sie wieder nur noch
mit Männern ihre Wohnung teilen. „Aber Sie hätten hier doch auch mal einen Mann
mitbringen können. Das hätte mich doch gar nicht gestört!“, versuchte sie gegen
Christinas Entschluss zu argumentieren. „Das weiß ich doch. Wir werden
sicherlich in Kontakt bleiben. Das verspreche ich Ihnen! Ich werde Sie besuchen
und sie mich, okay?“
Christina und Gaby klapperten zusammen die Möbelhäuser der
Umgebung ab, um möglichst viele Angebote und Preise vergleichen zu können. Es
waren ja nicht nur die Möbel, die angeschafft werden mussten. Christina besaß
absolut kein Stück Hausrat. Vom Kaffeelöffel bis zur Waschmaschine reichte ihr
Einkaufszettel.
Als sie den Mietvertrag unterschrieben und den
Wohnungsschlüssel in den Händen hatte, begann sie sofort mit den Vorbereitungen
der Renovierung.
Die Kolleginnen und sogar Anita Gerber boten ihre Hilfe
dabei an. So fuhr sie mit ihrer Chefin zum Baumarkt, um Tapeten, Farbe und
alles Nötige zu besorgen. Mit Bus und Bahn wäre das wirklich nicht zu schaffen
gewesen. Bis spät abends nähte sie mit Elisabeths Nähmaschine die neuen
Gardinen.
Bei der Renovierung der kleinen Wohnung hatte sie mit ihren
Kolleginnen sehr viel Spaß. Manchmal traten sich bis zu zehn Personen beim
Tapetenabreißen, Türenstreichen und Teppichbodenverlegen gegenseitig auf die
Füße. Das ganze Schreibpoolteam wurde bei den allabendlichen
Renovierungstreffen zu Freundinnen. Christina hatte immer reichlich zu essen
vorrätig, und die fleißigen Handwerkerinnen vernichteten einen Riesenvorrat an
Sekt bei der Arbeit. Das Endergebnis war gar nicht so übel. Hier und da gab es
eine Tapetennaht, die nicht ganz korrekt geklebt worden war, oder eine lange
Lacknase schmückte eine frisch lackierte Türe. Aber das führten die
Arbeiterinnen nicht auf ihr weibliches Wesen, sondern auf ihren
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