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Ein Mädchen aus Torusk

Ein Mädchen aus Torusk

Titel: Ein Mädchen aus Torusk Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Freund von ihm. Es wird also gar nichts geschehen. Man wird den armen Suskin abholen und begraben.«
    »Und der Mörder!«
    »Man wird ihn nie entdecken.«
    »Weil es Tasskan selbst ist!« rief Abels und sprang auf. »Als er zu Ihnen wollte, sah er Suskin gegen die Tür rennen und hat kurz entschlossen zugeschlagen. War es so?!«
    »Denken Sie, was Sie wollen, Nikolai!« Sie sprach jetzt wieder russisch, nachdem das bisherige Gespräch wie von selbst in die englische Sprache geglitten war. »Sie haben mir einmal gesagt, dieses Land sei voller Geheimnisse, die Generationen nicht lösen werden. Gut denn … fügen wir diesem Dunkel ein neues Geheimnis hinzu, das Suskin heißt.«
    Es klopfte. Tasskan kam ins Zimmer und küßte Amalja ungeniert vor Abels auf beide Augen.
    »Mein Engeichen«, sagte er zärtlich und winkte Abels zu, der ans Fenster trat, »es werden zwei Hubschrauber mit der Polizei und dem Kommissar landen. In einer Stunde sind sie hier. Leg dich ins Bett … wir werden ihnen eine wunderschöne Szene bieten …«
    Abels trat an die Tür und sah hinaus auf den Gang. Er war jetzt wieder leer, nur die zugedeckte Leiche Suskins lag auf dem Boden.
    »Hat er laut geschrien?« fragte er plötzlich.
    Tasskan schüttelte den Kopf.
    »Nein, er war sofort tot.«
    Dann merkte er, daß er in die Fangfrage gestolpert war, und lächelte. Es war ein breites, kameradschaftliches Lächeln.
    »Du bist ein gefährlicher Bursche, Nikolai«, sagte er freundlich.
    *
    Der Bezirkskommissar war dick und faul und wirkte wie ein vollgefressener Biber. Wie ein Biber wollte er im Winter auch seine Ruhe haben, lebte lieber in seinem Haus von dicken Kohlsuppen und vollen Flaschen, als daß er in die Kälte hinausging, um zu kontrollieren, ob alles in seinem Distrikt in Ordnung war. Fünfhundert Werst im Quadrat maß sein Gebiet, größer als Bayern etwa und größer als ganz Dänemark. Wie soll man das alles überblicken, Freunde, und dann auch noch mit nur zwei Augen, von denen eins immer blau und geschwollen war, denn außer mit Verantwortung war er auch noch mit Axinja, seinem Weib, gesegnet, die ihre Bratpfanne nicht allein zum Braten und Backen benutzte. Es ist schon ein schweres Leben, so ein langer Winter, eingesperrt mit einem resoluten Weibchen!
    Als er mit dem ersten Hubschrauber landete, schrie er zunächst nach einem feurigen Wodka, denn der Pilot – der Satan drehe ihm den Hals um! – wäre bald mit dem Maschinchen abgestürzt, weil die hinteren Propeller vereisten. Zehn Minuten hatte Distriktkommissar Fjodor Konstantinowitsch Alajew Blut und Wasser, Schweiß und Rotz geschwitzt, bis der Hubschrauber hinter der Datscha Tasskans sicher aufsetzte und der Pilot – man sollte ihn in der Luft zerreißen, diesen Hurensohn! – sich sogar bekreuzigte, als sei er aus der Hölle entwichen.
    Im zweiten Hubschrauber folgten drei Polizisten, ein Schreiber, den man Protokollarier nannte, und ein Leutnant der Gendarmerie, der den Außenposten führte. Der Protokollarier begab sich sofort zur Leiche Suskins und begann zu notieren, was seine ersten Eindrücke waren. Er kam sich mächtig wichtig vor, warf mit lateinischen Worten wie Exitus und Fraktur um sich, stellte immer wieder heraus, daß er auf einem Gymnasium in Irkutsk studiert habe, und verbreitete eine penetrante Mischung von Wissen und Stolz um sich. Keiner im Hause Tasskan mochte ihn, kaum daß zehn Minuten seit seinem Eintreffen vergangen waren. Vielleicht war er ein zu vollkommener Beamter. So etwas stößt ab, Genossen.
    Die Untersuchung ergab folgendes:
    Exitus durch Schädelfraktur und Gehirnaustritt, hervorgerufen durch einen mächtigen Schlag mit einem harten Gegenstand. Dabei rollte der Protokollarier das Wort Exitus wie einen Sahnebonbon im Mund. Wie gesagt, ein ekelhafter Kerl. Suskin war sofort tot und der ihn erschlagen hatte, mußte ein Hüne sein, ein Bulle von Mann, ein Bursche mit eisernen Muskeln, denn es ist gar nicht so leicht, wie man denkt, eine Hirnschale so völlig einzuhämmern, wie es bei Suskin geschehen war.
    »Das ist ein schwerer Fall«, sagte Kommissar Alajew und trank noch ein Gläschen Wodka, Tasskan servierte ihn in halbhohen, schlanken Gläsern, und so hatte auch die Nase etwas Freude, bevor die Kehle die Köstlichkeit verschluckte. Der Duft eines Wodkas übertrifft den einer Frau, sagen Kenner. »Verhören wir erst einmal die Augenzeugen.«
    Augenzeugen waren keine anderen vorhanden außer Amalja Semperowa. Tasskan führte Alajew in das

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