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Ein Mädchen aus Torusk

Ein Mädchen aus Torusk

Titel: Ein Mädchen aus Torusk Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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daß der Hund ihn als seinen Meister anerkannte, schlief er mit ihm unter einer Decke, aß mit ihm das gleiche Essen, ließ ihn immer um sich sein und stärkte von Tag zu Tag das Gefühl des Zusammengehörens.
    Zweimal nahm er ihn dann mit, wenn Anfim die Fallen kontrollierte. Akja bewies, was er gelernt hatte … er jagte einen Fuchs bis an die Datschapalisaden, wo ihn Anfim mit einem Knüppel erschlug.

An einem Abend war es unmöglich, Marfa Umatalskaja weiter auszuweichen. Abels kam in sein Zimmer, Akja knurrte leise, und als er Licht machte, saß Marfa am Ofen und sah ihn aus ihren großen, schwarzen Augen an. Sie trug wie damals Amalja nur ein dünnes Nachtgewand, allerdings mit vielen Spitzen; es war das gleiche Kleidungsstück, das sie in ihrem neuen Film als Dirne tragen mußte.
    »Sie werden sich erkälten, Marfa«, sagte Abels grob und schloß die Tür. Akja kroch an das Bett, legte sich und beobachtete die Umatalskaja aus grünschillernden Augen.
    »Sie haben Wärme genug, Nikolai Stepanowitsch. Wer Tiere so liebt wie Sie, ist ein guter Mensch. Ich mag gute Menschen.« Und plötzlich sprang sie auf, lief auf ihn zu, warf sich an ihn und umklammerte seinen Nacken. »Warum weichen Sie aus …«, stammelte sie, und es war, als glühe ihr zarter Körper wie die Holzkloben in dem Ofen. »Warum laufen Sie vor mir weg, Nikolai? Kann man vor dem Schicksal weglaufen? Sie wissen, was ich fühle, und ich weiß, was Sie fühlen … Ihre Flucht ist sinnlos, glauben Sie es mir! Alles in uns ist stärker als der Wille, es nicht zu tun … O Gott, wie stark Sie sind! Wie herrlich groß und stark! Was sehe ich denn, Nikolai? Helden, die nur im Film heldisch sind, aber sonst weiche Memmen, die sich vor jedem Luftzug fürchten. Aber Sie sind Erde, Nikolai, Sie sind Kraft, die aus dem Sturm geboren wurde … Nikolai … flüchten Sie nicht mehr … ich werfe mich Ihnen an den Hals … ich werde zur Dirne in Ihren Armen … ich verleugne alle Scham, ich spucke auf die Moral … ich will nur spüren, was Leben ist, wahres Leben … Ich will Sie, Nikolai!«
    Abels versuchte, sich aus ihrer wilden Umklammerung zu befreien. Aber je mehr er mit ihr rang, um so fester umfaßte sie ihn. Er spürte ihren weichen, warmen Körper unter seinen Händen, er hörte, wie das dünne Nachtgewand zerriß, sie hing an ihm und drückte seinen Kopf herunter, und ihre Wildheit war so stark, daß er zu taumeln begann und rücklings auf das Bett fiel. Sie lag über ihm, eine leichte, aber nicht abzuschüttelnde Last; ihre schmalen Hände umfaßten sein Gesicht; die langen schwarzen Haare flossen über ihn, und unter diesem dunklen Schleier näherten sich ihre geöffneten, feuchten, rotglänzenden Lippen.
    »Marfa!« keuchte Abels und versuchte den Kopf wegzudrehen. »Wir können nicht wahnsinnig werden! Sie wissen nicht, wer ich bin!«
    »Du bist ein großer, starker Mann, ein Bär, ein Tier aus dem Urwald … mehr will ich nicht.« Ihre Stimme war rauh und hatte keine Ähnlichkeit mehr mit ihrer Filmstimme, die glockenhell klang. »Und wenn du der Satan wärst … ich sehne mich nach dem Teuflischen!«
    Sie preßte ihre Lippen auf seinen Mund, ihr Körper wand sich auf ihm wie ein Schlangenleib, und Abels spürte, wie die Natur in ihm nachgab und er die Seligkeit zu empfinden begann, wehrlos in diesem heißen Wind zu liegen.
    Neben dem Bett, mit grünschillernden Augen, böse und beobachtend, lag Akja, der Wolfshund.
    Es geschah ganz plötzlich, lautlos und mit der Schnelligkeit eines unerwarteten Windstoßes.
    Marfa Umatalskaja schrie auf und wälzte sich von Abels weg. Ein Schatten war neben ihr ins Bett gefallen, ein massiver, greifbarer Schatten, der mit harten Tatzen gegen ihre Schultern stieß, seine spitze Schnauze zwischen ihr und Abels' Gesicht schob und mit heißem Atem und spitzen Zähnen nach ihrer Kehle zielte.
    Marfa sprang vom Bett und deckte beide Hände über ihre aus dem zerrissenen Nachthemd heraussehenden Brüste. Ihr zarter, schmaler Körper zitterte wild.
    »Nimm den Hund weg!«, schrie sie. »Nikolai, nimm die Bestie weg! Ich werde sie umbringen, ich werde sie erschlagen, ich … ich …« Sie suchte nach Worten und fand keine, die ihren Haß ausdrücken konnten.
    Abels wälzte sich zur Seite. Er atmete auf. Mein guter Akja, dachte er. Du hast eben mehr gerettet als einen Zipfel Moral. Ich war dabei, Anuschka zu verraten. Aber nun kann ich sie offen anschauen, kann ihren Leib, ihre schlanken, rehhaften Beine, ihr

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