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Ein Mädchen aus Torusk

Ein Mädchen aus Torusk

Titel: Ein Mädchen aus Torusk Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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aufgelöstes, wildes, leidenschaftliches Gesicht mit den großen Augen betrachten, ohne mich schämen zu müssen.
    »Nimm das Aas weg, Nikolai«, zischte Marfa Umatalskaja. Sie ließ die Hände fallen und stand da in ihrer betörenden Schönheit, die Fetzen des Hemdes um den weißen Körper, bebend vor Wut und Enttäuschung und sich belügend, daß es weitergehen würde. Nicht zugeben wollte sie, daß der Bann gebrochen, daß die Lust zerstoben war wie ein Nebel aus einem Zerstäuber.
    Abels rutschte vom Bett und strich sich die zerwühlten, schweißigen Haare aus der Stirn. Er ging zwei Schritte bis zu einem Stuhl, nahm einen Morgenmantel, der auf dem Sitz lag, trat damit zu Marfa und legte ihn ihr um die Schultern. Mit einer unbeherrschten, einer trotzigen Bewegung warf sie den Mantel wieder ab und faßte Abels vorn ans Hemd. Ihr kleiner, rotglühender Mund zuckte, als jagten elektrische Stöße durch die Lippen.
    »Du wirfst mich weg?« sagte sie leise. »Du nimmst mich nicht?«
    »Marfa –«
    »Du behandelst mich wie eine ausgelaugte Hure? Du treibst mich durch einen Hund aus dem Bett? Du wirfst mich weg, wenn ich mich dir anbiete … Nikolai …« Ihre Stimme sank zu einem heißen Flüstern ab. »Nikolai, du weißt nicht, was du tust. Wer einer Frau so etwas antut, muß sterben. Begreifst du das? Das überlebt keine Frau. Das ist ihr seelischer Tod, und der Mörder muß sterben …« Ihr wildes, aufgelöstes Gesicht war ganz nahe vor ihm. Ihre Augen brannten; es war ihm, als sengten sie Löcher in seine Haut. »Nikolai … zum letztenmal: Nimm mich!«
    »Marfa … begreif es doch …« Abels versuchte, ihre in seinem Hemd festgekrallten Finger zu lösen. Aber je härter er an ihren Händen zog, um so fester gruben sie sich in den Stoff.
    »Ich töte dich … oder ich lasse dich töten«, flüsterte sie. »Ich werde dich anzeigen. Ich liefere dich der Miliz aus. Mir ist alles, alles recht. Ich will nur dich! Dich!« Ihr Mund kam ganz nahe, ihre Zähne bleckten plötzlich weiß zwischen dem Rot der Lippen, das Gebiß einer Raubkatze, bevor sie zubeißt. »Stoß mich jetzt nicht zurück, Nikolai – umfaß mich, trag mich auf das Bett, reiße die letzten Fetzen von meinem Körper … aber nimm mich … nimm mich!«
    Akja, der Wolfshund, sprang vom Bett und stellte sich leise knurrend neben Marfa. Sie starrte zu ihm hinunter, und ihr Haß war so groß, daß sie nach Atem rang und Abels sie auffangen mußte, weil sie, den Kopf nach rückwärts werfend, sonst umgefallen wäre.
    »Jag ihn weg, Nikolai!« stammelte sie. »Ich sterbe, wenn ich ihn sehe. Er ist ein Teufel!«
    Dann brach sie plötzlich zusammen. So eruptiv ihre Wildheit gewesen war, so rätselhaft vergehend war sie jetzt. Sie lag quer über dem Bett, Arme und Beine von sich gestreckt. Erschreckt beugte sich Abels über sie. Sie atmete kaum, die hellroten Lippen hatten sich violett gefärbt, um die Augen bildeten sich dunkle Schatten. Als er eine Decke über ihren nackten Leib warf, sah er, daß ihre Schenkel zuckten, das einzige pulsierende Leben in dem langgestreckten Körper.
    Da lief er aus dem Zimmer, suchte Tasskan und fand ihn in der Bibliothek. Er schrieb an einer neuen Szene des Filmes.
    »Bitte, kommen Sie mit, Wassilij Petrowitsch!« rief Abels. »In meinem Zimmer … Marfa … Sie ist ohnmächtig.«
    Tasskan lächelte, winkte und wies auf einen der bequemen Ledersessel. »Nehmen Sie Platz, Nikolai Stepanowitsch. Trinken wir einen Wodka zusammen?«
    »Marfa …«
    »Ach was, mein Freund! – Sie hat heute ihren erotischen Tag! Dem Kalender nach, man sieht ihn ja nicht, müssen wir bald Neumond haben. Da ist es immer so mit ihr. In Moskau hat sie sogar einen Kanalarbeiter vergewaltigt; dreckig, von der Straße weg, so wie er war, nach Kloake stinkend, hat sie ihn ins Bett gezogen. Sie müssen das erst kennen, Nikolai Stepanowitsch, um ruhig zu bleiben. Marfas Neumond ist berühmt in Kollegenkreisen. Im Theater spielt man Karten darum, und wer verliert, muß es über sich ergehen lassen.« Tasskan lachte hell, goß Wodka ein und hob das schlanke Glas. »Trink, Brüderchen!« rief er fröhlich. »Da Sie ihr entwichen sind, wird es jetzt vielleicht der Kutscher Fedja sein oder der arme Wassja, unser jugendlicher Komiker. Er ist dann immer zwei Tage lang krank. Ist ja auch noch ein zartes Jüngelchen, der Wassja!« Er lachte wieder und trank.
    Abels schluckte den Wodka in kleinen, vorsichtigen Zügen. Er dachte an Anuschka, an ihre Reinheit, an ihre

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