Ein Maerchenprinz aus dem Orient
âIch möchte irgendwo übernachten und dann gleich morgen früh aufbrechen, nachdem du von deinem Assistenten in Erfahrung gebracht hast, wo wir suchen müssen. Danach fliegen wir sofort nach Alkaahdar weiter, und von dort aus reise ich wieder nach Texas zurück.â
âUnd wenn ich in deinem Büro anrufe und dich feuern lasse?â
âWie gesagt, tu, was du nicht lassen kannst. Ich muss einfach herausfinden, was aus meinem Vater geworden ist. Diese Chance bekomme ich nie wieder.â Sie stand auf, nahm ihren kleinen Koffer und öffnete die Tür. Dann ging sie die Gangway hinab und verschwand im Flughafengebäude.
Rashid war kurz davor, seine Drohung wahr zu machen. Sie hatte strikt gegen seine Anweisungen gehandelt. Ein Wort von ihm, und sie wäre ihren Job los. Ihm war klar, warum sie ihn hierher entführt hatte.
Er holte sein Handy aus der Tasche und rief ungeachtet der Uhrzeit seinen Assistenten zu Hause an.
Wenig später nahm Rashid sich ein Zimmer in demselben Hotel, in dem sie auch bei ihrem ersten Aufenthalt gewohnt hatten, und erkundigte sich beim Empfangschef, ob Bethanne bereits eingetroffen sei. Dann zog er sich zurück. Er hatte vieles zu überdenken.
Am nächsten Morgen wartete Rashid auf Bethanne in der Hotelhalle. Als sie erschien, ging er auf sie zu, nahm sie am Arm und führte sie in eine ruhige Ecke.
âIch habe einen Wagen bestellt, der uns zum Friedhof nahe der Altstadt bringt. Ich zeige dir, wo dein Vater begraben ist.â
Erstaunt sah sie ihn an. âDu hast es die ganze Zeit gewusst?â
âNein, ich habe es gestern Abend erfahren. Komm, wir frühstücken noch schnell zusammen. Oder hast du schon gegessen?â
Bethanne schüttelte den Kopf.
Sie setzten sich in den sonnigen kleinen Hof neben dem Hotelrestaurant. Nachdem sie dem Ober ihre Wünsche aufgegeben hatten, begann Rashid zu erzählen: âIch habe gestern Abend noch meinen Assistenten angerufen, der inzwischen mit Hasid Kontakt aufgenommen hatte. Danach habe ich mit Khalid gesprochen.â
âMit deinem Bruder?â, fragte Bethanne verwundert.
âMit ihm hat Hasid damals gesprochen, nicht mit mir.â
Wie Bethanne sich jetzt erinnerte, hatte der Mann mit dem Kopf in die Richtung gedeutet, wo Rashid und Khalid gestanden hatten. Offenbar hatte er angenommen, sie wüsste, wen er meinte.
âUnd?â
Rashid blickte sich um, als wollte er sichergehen, dass ihnen niemand zuhörte.
âIch muss mich bei dir entschuldigen, Bethanne. Der Freund deines Vaters hatte recht. Hank hatte tatsächlich einen Geheimauftrag. Es sollte meinem Vater einen Gefallen tun und hier in Quraim Wadi Samil jemanden abholen. Auf dem Rückflug gerieten sie in einen heftigen Sandsturm. Die Maschine stürzte ab, und alle Insassen kamen ums Leben.â
Bethanne blickte ihn starr an. Rashid versuchte einzuschätzen, was in ihr vorging, doch ihre Miene verriet nichts. âWarum sollte niemand davon erfahren?â
Er wollte es ihr nicht sagen. Er konnte es selbst kaum glauben. Doch sein Bruder hatte ihm versichert, dass sich die Geschichte genauso abgespielt hatte, und nachdem er Bethannes Vater des Diebstahls bezichtigt hatte, schuldete er ihr nun eine Erklärung.
âMein Vater hatte eine Tochter mit einer anderen Frau. Er wollte sie sehen, ehe sie in die Schweiz aufs Internat kam. Als er von ihrem Tod erfuhr, erlitt er einen Herzinfarkt und starb kurz darauf. Khalid kannte die Wahrheit, behielt sie aber für sich, bis ich ihn gestern Abend zwang, mir alles zu erzählen.â
Bethanne sagte noch immer nichts.
âIch muss mich bei dir dafür entschuldigen, dass ich deinen Vater verdächtigt habe.â
Sie nickte und sah sich in dem Hof um, als hätte sie jegliche Orientierung verloren.
âEs tut mir so leid, Bethanne.â
Sie nickte wieder. âWeià es deine Mutter?â
âNein. Ihretwegen hat Khalid die Angelegenheit verschwiegen. Er hat nie damit gerechnet, dass Hanks Tochter hier auftauchen würde. Er wollte nur unsere Mutter schützen.â
âUnd dichâ, fügte sie langsam hinzu.
âEs ist unfassbar, dass der aufrechte Mann, den ich so verehrt habe, ein Doppelleben geführt und ein Kind mit einer anderen Frau hatte. Anscheinend hat er auch noch viel Zeit mit ihnen verbracht. Die Ãlfelder in Quraim Wadi Samil dienten ihm offenbar als Vorwand, um beide besuchen zu
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