Ein Magier auf Höllentrip
»Es ist mein Verlobter, der durch Magie in den schrecklichsten feuerspeienden Drachen im ganzen Königreich verwandelt worden ist! Und er hat geschworen, daß, sollte ich jemals einen Mann küssen, bevor er…«
»Sabber!« Ein Troll grabschte nach meinem Arm und zog mich von meiner Geliebten weg.
»W-was?« stammelte ich, als plötzlich Urrpphhs Gesicht über mir lungerte. »Wer?« Ich schüttelte meinen Kopf, fühlte mich jedoch, als könnte ich nicht vollkommen aufwachen. Warum hörten sie nicht endlich mit dieser viel zu lauten Musik auf? »Wo?«
»Tut mir ja so leid, daß wir dich mitten aus der Umarmung reißen mußten, oh!« feixte der Dämon. »Verzeih mir bitte. Es war wirklich fast mitten in der Umarmung, nicht wahr? Aber wir haben noch eine Menge solcher Gelegenheiten für dich auf Lager, glaub mir. Nur, jetzt mußt du erst mal essen. Wir wollen doch nicht, daß du vom Fleische fällst, nicht wahr?«
Der Troll zerrte mich an einen Tisch, an dem für eine Person gedeckt war. Ein Fladen gräulichen Schleims und zwei Scheiben pappigen Brotes standen für mich bereit.
»Dir steht jetzt ein ganz besonderer Genuß bevor«, flötete Urrpphh. »Dein allererster Schleim-Burger!«
Schleim-Burger? Sie wollten, daß ich Schleim-Burger aß? Das war denn doch zu viel! Selbst die Niederhöllen konnten Wuntvor den Lehrling nicht zu so etwas zwingen. Ich kämpfte mit aller Kraft gegen den unbarmherzigen Griff des Trolls an. Der Troll warf mich ohne viel Aufhebens über seine Schulter und trug mich auf das ekelerregende Mahl zu. Dabei fielen zwei Gegenstände aus meiner Tasche: ein Stück Pergament und eine kleine, rote Karte.
Der Troll hob die Karte auf.
»Kein Sabber!« winselte er entsetzt.
»Zeig mal her!« verlangte Urrpphh. Der Troll entledigte sich der Karte, als habe sie seine Finger verbrannt.
»Wie, du…«, stotterte Urrpphh, beinahe außer sich vor Wut. »Wie bist du da dran gekom…« Er unterbrach sich mit sichtlich großer Mühe, starrte die Karte an und wandte mir dann seinen haßerfüllten Blick zu.
»Hau ab!«
Ja! Es war ja naheliegend! Warum hatte ich nicht schon vorher daran gedacht? Da standen sie, die Blockbuchstaben auf der Karte, deutlich vor unseren Augen: DU KOMMST AUS DEM GEFÄNGNIS FREI!
Meine Zellentür öffnete sich von selbst. Sie ließen mich tatsächlich gehen! Ich wollte mein Glück nicht aufs Spiel setzen, verließ eilig den Raum und rannte den Korridor hinunter.
»Nein!« kreischte der Dramatiker, als ich vorbeirannte. »Keine Zugabe! Alles, nur keine Zugabe!«
Ich konnte dieser armen, verdammten Seele jedoch nichts als einen kurzen Moment des Mitleids zukommen lassen. Durch einen glücklichen Zufall oder die weise Voraussicht meines Meisters war mir der fast sichere Wahnsinn erspart geblieben. Und nun hatte ich eine neue Chance, meine geliebte Norei zu finden und Vushta im Krieg der Welten zu retten.
»Sabber!« grunzten die Trolle bedauernd hinter mir her. »Schlabber!«
Die Geräusche hörten sich an, als seien sie mir dicht auf den Fersen. Zu dicht. Verfolgten sie mich etwa?
»Natürlich, wenn du einmal die Mauern des Zuchthauses verlassen hast«, rief Urrpphh hinter mir her, »kann uns keiner davon abhalten, dich wieder einzufangen.« Er lachte dämonisch. »Und beim nächsten Mal hast du dann keine Karte mehr!«
Ich konnte deutlich ein markantes Geräusch vernehmen. Zweifellos das Zerreißen einer kleinen, roten Pappkarte.
Riesige Bluthunde bellten von den Zinnen des Gefängnisses auf mich nieder. Das Haupttor öffnete sich gerade weit genug, daß ich zwischen seinen blutroten Dornen entweichen konnte.
»Sabber!« erklang der Chor der Trolle, noch dichter an meinen Fersen nun. »Schlabber!«
Ich trat durch das Dornentor in die Freiheit und vermeinte schon, den heißen Trollatem in meinem Nacken zu spüren. Mit Einsatz meiner letzten mir noch verbliebenen Kraft begann ich, über das schwammige Leuchtmoos zu rennen.
»Sabber!« drang eine Trollstimme in mein Ohr.
Wie lange würde ich mich halten können? Ich mußte entkommen, für meinen Meister, für Vushta, für meine Geliebte.
»Norei!« schrie ich, während ich lief.
Und irgend jemand antwortete mir.
Kapitel Zwölf
Wiedersehen können wundervoll sein, besonders dann, wenn keiner der Beteiligten sich mehr an den Grund der Trennung erinnern kann.
- aus den LEHREN DES EBENEZUM, Magiers Digest, Komprimierte Ausgabe
»Sabber!«
»Sabber! Schlabber!«
Die Trolle hatten mich
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