Ein Magier im Monsterland
daß die Hälfte der Versammlung gerade darüber nachdachte, wie ich wohl in einer herzhaften Sahnesauce schmecken würde. Also tat ich mein Bestes, um den Greifen in einer wahrhaft kameradschaftlichen Art anzugrinsen.
»Oh«, fügte der Greif dann noch hinzu, »und nach dieser Pause bekommst du deine Chance, dem Verein deine mystischen Kräfte zu demonstrieren.«
Kapitel Sieben
Mit dem Leumund eines Magiers steht und fällt das Geschäft, so sagen uns die Weisen. Und, wie jeder Mann von Bildung weiß, ist eine gute Reputation sehr schwer aufzubauen und sehr leicht zu besudeln. Ein Zauberer mit angeschlagenem Ruf läßt sich nur zu oft zu weniger angesehenen Arbeiten verleiten, die, obwohl sie lukrativer sein mögen als alles, was dieser Zauberer vorher unternommen hat, doch nicht die Art von Beschäftigung ist, über die man Mama stolz nach Hause schreibt. Der wahrhaft erfolgreiche Magier sollte also immer drei oder vier verschiedene Reputationen genießen, so daß er sich dann für jede Situation die passende heraussuchen kann.
- aus den LEHREN DES EBENEZUM, Band XIII
Flucht war vielleicht gar nicht so eine schlechte Idee. Ich spähte noch einmal über die Monstermenge hinweg. Ein Dutzend spärlichst bekleideter Frauen schoben große, hölzerne Karren durch die Menge. Die Karren schienen Erfrischungen zu transportieren, große Fässer mit Met, Tabletts mit Plätzchen und kleinen Sandwiches und winzige, sich windende Tierchen, die laut quiekten, während sie verschlungen wurden.
Ich konnte nur hoffen, daß die Monster, die diese Tierchen verspeisten, weniger Appetit auf mich verspüren würden. Ich mußte mich einfach unter die Menge begeben und es ausprobieren.
»Hey! Da ist der Mensch!«
Ich schien bereits einige Aufmerksamkeit auf mich zu ziehen.
»Glaubst du, daß er ein Magier ist?«
Ein heiseres Gelächter antwortete. »Klar, und ich bin ein Pooka!«
»Moment mal, ich dachte, du wärst wirklich ein Pooka!«
»Nein, ich bin eine Nixe. Gütiger Himmel, hast du denn keine Augen in deinem Chimärenkopf?«
»Was soll das heißen? Ich bin keine Chimäre!«
Ich bekam die Fortsetzung der Unterhaltung nicht mehr mit, denn vor mir stand plötzlich eine jener verführerischen, halbnackten Frauen.
»Hallo, großer Junge«, hauchte sie mit rauchiger Stimme.
»Warum-um«, erwiderte ich, während sie meine Hand ergriff. Ihre rosige Zunge spielte aufreizend langsam über die perlweißen Zähne.
»Möchtest du eine Kleinigkeit haben?« fragte die rauchige Stimme.
»Warum-um«, gab ich abermals zur Antwort. Ich war in Schweiß gebadet. Seltsam, der Tag war mir gar nicht so heiß vorgekommen.
»Hey, Hände weg von unseren Nymphen!« Ein gedrungener Kerl mit stacheligem Bart starrte mich zornig an.
»Wer seid Ihr?« Ich hatte das unangenehme Gefühl, daß ein Magier vielleicht mehr über mythologische Wesen wissen sollte. Das wenige, das ich wußte, stammte aus meinen Unterhaltungen mit Hubert, einem Drachen aus meinem Bekanntenkreis, der mittlerweile jedoch eine Bühnenkarriere verfolgte. Und Hubert hatte nie ein Wort über kleine Kerle mit stacheligen Bärten verloren.
»Hör dir diesen Typen an!« Der Stoppelbartkerl, der zudem Hufe und einen Schwanz zu besitzen schien, schnaubte verächtlich. »Du weißt doch hoffentlich, was ein Satyr ist?«
Dem Himmel sei Dank, ich befand mich wieder auf bekanntem Terrain. Das war ein Thema, das ich sehr wohl mit Hubert diskutiert hatte. »Aber sicher, Sir«, antwortete ich ihm. »Das ist eine Art von Komödie, nicht wahr?«
»Wer ist das?« Der frustrierte Blick des Kleinen schien den Himmel nach einer Antwort abzusuchen. »Nein. Satyr. S-A-T-Y-R! Du weißt schon, Panflöten! Mit den Nymphen zwischen Frühlingsblümelein herumtollen und scherzen! Und so weiter.«
»Aber ja, natürlich.« Ich wischte meinen dummen kleinen Irrtum mit einer zauberischen Geste hinweg. »Jetzt, wo Ihr es sagt, natürlich. Ich muß nur im Augenblick an so viele Dinge gleichzeitig denken…«
»So lange es beim Denken bleibt!« Der Satyr warf einen Seitenblick auf die halbnackte Nymphe. »Verschwinde, Süße. Wir tollen und scherzen später ein wenig, okay?«
Die Nymphe schenkte mir ein Abschiedslächeln.
»Vielleicht kann ich irgendwann etwas für dich tun, großer Junge.« Ihre Stimme klang, sofern das möglich schien, noch um einiges rauchiger als zuvor.
»Warum-um«, bemerkte ich abschließend, während ich ihre durch die Menge verschwindende Rückenansicht
Weitere Kostenlose Bücher