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Ein Magier im Monsterland

Ein Magier im Monsterland

Titel: Ein Magier im Monsterland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Craig Shaw Gardner
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für Euch«, führte ich weiter aus. »Ihr habt sehr viele verschiedene Arten unter Eurer Fahne gesammelt.«
    »Richtig, ich hab’ sie fast alle«, erwiderte der Greif. »Wir warten nur noch auf den Phönix. Er hatte auch versprochen zu kommen.«
    Hatte ich etwa einen Phönix gesehen? Aber warum erschien er dann nicht endlich?
    Sehnsüchtig blickte der Greif zum Himmel hinauf. »Du denkst wohl auch, daß ein paar mehr Vögel guttäten. Ich arbeite immer ungerne mit leerem Magen. Aber das können wir jetzt auch nicht ändern.« Er seufzte. »Wir müssen jetzt Geschichte schreiben.«
    »Kameraden aus der Mythologie!« Die mächtige Stimme des Greifen donnerte über die Köpfe der Versammlung. »Die Zeit der Entscheidung naht! Bringt das Einhorn herbei!«
    Die Menge begann wieder, den Satz zu skandieren, den ich zuvor nicht hatte verstehen können. »Halb vier! Halb vier!« Hatte sich jemand die Zeit so genau gemerkt?
    »Ja, so ist es richtig!« fuhr der Greif fort. »Das ist unser Augenblick in der Weltgeschichte! Wir werden uns nicht länger von Einhörnern, Drachen und ähnlichen Angebern in den Schatten stellen lassen! Wir sind hier, um dafür zu sorgen, daß wir unseren fairen Anteil auf den Wandteppichen der Historie erhalten!«
    Die Menge stand auf ihren Füßen oder Flügeln oder Flossen oder, im Falle des Sumpfblubberers, auf was auch immer.
    »So ist’s gut, mythische Monsterfreunde! Unseren gerechten Anteil am Wandteppich der Historie! Und eine Jungfrau für jedes Monster!«
    Die Menge tobte. »Wandteppich!« brüllten alle. »Wandteppich! Wandteppich!«
    Das hatten sie also gewollt. Wirklich ganz einleuchtend. Wandteppich der Historie.
    Höhnische Pfiffe ertönten plötzlich aus der Masse. Der Hippogreif führte das Einhorn herbei.
    »Hier also, Brüder«, dozierte der Greif, »hier ist unser Hauptrivale!«
    Rufe wie »Nyah-nyah-nyah!« und »Was ist denn das für ein wandelndes Klappergerüst?« begleiteten das Einhorn auf seinem Gang zum Podium. Irgendwie schien das prächtige Wesen über all dem zu stehen.
    »Also, was hat dieses Vieh, was wir nicht haben?« fragte der Greif seinen Verein. »Vielleicht ein goldenes Horn. Ein prächtiges Fell, ja, möglich, auch ein königliches Auftreten vielleicht. Sogar – hah! – einen Hang zu Jungfrauen! Nicht genug, halte ich dagegen. Warum sind die Wandteppiche voll von diesen Einhörnern? Wie kommt es, daß die Drachen den ›Jungfrau-in-Not‹-Markt so vollkommen beherrschen? Das bringt ein mythologisches Wesen schon ins Grübeln, glaubt mir!«
    In einer grandiosen Geste schwenkte der Greif mit einem Flügel in meine Richtung. »Und das ist der Grund, warum wir uns heute einen Magier eingeladen haben. Zugegeben, er hat nicht viel von einem Magier an sich, aber wir hatten schließlich auch nicht viel Zeit für unsere Wahl! Wie dem auch sei, wir wollen dem Magier heute die Gerechtigkeit unseres Anliegens vor Augen führen und seine Magie dazu benutzen, die Nachricht über die ganze Welt zu verbreiten.«
    Eine Stimme erhob sich aus der Menge. »Und danach können wir ihn essen?«
    »Nur, wenn er seine Aufgabe nicht erfüllt!« Der Greif gab einen kurzen, bellenden Laut von sich, der möglicherweise ein Lachen darstellen sollte. »Aber Scherz beiseite, Brüder und Schwestern! Die Jungfrauen werden sich nicht länger ausschließlich vor Drachen und Einhörnern drängeln! Wenn wir erst einmal Erfolg haben, wird jeder Kobold und jeder Hobgoblin und jeder Ork von euch ein Dutzend eigene Wandteppiche haben, und die Jungfrauen werden vor eurer Tür Schlange stehen!«
    »Wandteppich!« röhrte der Mob. »Wandteppich!«
    Eine traurige Stimme war inmitten des Jubels zu hören.
    »Und was ist mit uns Sumpfblubberer?«
    »Auch Sumpfblubberer! Wenn wir erst einmal fertig sind, kann sich ein Sumpfblubberer vor Jungfrauen gar nicht mehr retten.«
    So viele Jungfrauen? Ein fürchterlicher Gedanke! Der Größe nach zu urteilen würde so ein Sumpfblubberer schon einen ganzen Wandteppich für sich brauchen.
    »Und Satyre?« ließ sich ein anderes Wesen vernehmen. »Satyre haben doch schon Jungfrauen.«
    Einer der stoppelbärtigen Kerle sprang nach vorne. »Haben wir nicht! Wir haben Nymphen! Das ist etwas ganz anderes. Man muß seine gesamte Zeit dafür aufwenden, sie durch den Wald zu jagen, puh!« Der Satyr winkte frustriert ab. »Und hat schon mal einer versucht, ein intelligentes Gespräch mit einer Nymphe zu führen? Sie wollen über nichts anderes als das Wetter und

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