Ein Magier im Monsterland
loswerden.«
»Warte einen Moment!« schrie Brax. »Bitte versucht auch nicht nur einen Augenblick lang, uns beide zu vergleichen! Ich bin nichts als ein armer Vertreterdämon, der sein kärgliches Auskommen in einer der turbulentesten und wahrscheinlich auch lukrativsten Epochen der Weltgeschichte zu fristen sucht.«
»Bitte beachte«, ließ sich Snarks vernehmen, »daß er in bezug auf die eigene Person das Adjektiv ›ehrlich‹ vermeidet.«
»Warum kommst du nicht in die Niederhöllen zurück und sagst uns das offen ins Gesicht, Verräter? Warte nur, bis – urk…«
Schädelbrecher machte mit Brax’ Stirn Bekanntschaft. Es gab einen dumpfen Aufprall.
»Wo war ich?« wisperte der Dämon schwach. »Wer war ich? Was war ich?« Er löste sich in einer stinkenden gelben Qualmwolke auf.
»Ah.« Snarks lächelte. »Teamwork!«
»Verdammnis!« gab Hendrek zur Antwort.
Aus den Tiefen des Schuhs drang das mächtige Niesen meines Meisters.
»Genug!« befahl ich. »Der große Magier und sein Gefolge müssen nach Vushta Weiterreisen!«
»Das denke ich nicht«, brummte der Greif mit Nachdruck.
»Aber was ist mit der Warnung des Dämons?« beharrte ich. »Die ekle Kreatur behauptete, daß dieser Plan der Niederhöllen uns alle zerstören könne!«
»Nichts als eine Finte«, antwortete der Greif, »wenn ihr es einmal im enthüllenden Lichte der Vernunft betrachtet. Wir sind mit dämonischen Verkaufspraktiken mehr als vertraut!«
Die riesige, geflügelte Gestalt wandte sich an die Zuhörer. »Denkt darüber nach, meine lieben Mitmonster. Oder noch besser, erlaubt mir, daß ich dem Magier eine Frage stelle. Man könnte sich doch wundern, warum er diesen Blitztrick nicht noch einmal eingesetzt hat.«
Der Greif stolzierte zu dem Schuh hinüber und fuhr sanft mit den Spitzen seiner Krallen über das Leder.
»Mich dünkt, Euch plage da eine gewisse Schwäche, und dies sei auch der Grund, warum Ihr Euch in diesem Schuh verstecken müßt – was, nebenbei bemerkt, Eure Beweglichkeit ganz erheblich einschränkt. Vielleicht könnten wir etwas über Blitzkontrolle lernen, wenn Ihr uns noch einige Zeit mit Eurem Besuch beehren würdet? Ich bin überzeugt, daß Ihr bald die Richtigkeit des mythologischen Standpunktes einsehen werdet…«
»Urk!« kreischte der Greif plötzlich. »Natürlich muß man die Sache auch immer von der anderen Seite betrachten…«
Er brach in einem Haufen aus Federn und Krallen zusammen. Wieder einmal hatte Schädelbrecher sein höllisches Werk vollbracht.
»Verdammnis«, konstatierte Hendrek.
Die Mitglieder des mythologischen Vereins brüllten wie ein Wesen auf und strömten auf die Bühne.
»Wir könnten jetzt aufbrechen«, schlug ich zaghaft vor.
»Uh-oh. Das ist der Moment für Schuhbert-Magie!« Der kleine Kerl stand wieder an meiner Seite. »Warum wünschen wir uns nicht einfach hier raus?«
Der Schuhbert legte eine erwartungsvolle Pause ein.
»Na gut«, sagte ich nach einem Moment des Nachdenkens. »Ich wünsche mir, daß wir von hier verschwinden.«
»Das ist schon besser. Aber wir müssen trotzdem die Formen beachten, weißt du. Also, wie genau? Vielleicht eine kleine Ablenkung?«
»Das ist es!« Er lehnte sich eng an mich und flüsterte: »Ein Schuhregen!«
Der Schuhbert begann, eine fröhliche Gigue zu tanzen.
In weiter Entfernung hörte man ein Rumoren. Die Menge erstarrte, überrascht durch den Krach. Mit einer gewissen Besorgnis blickte der Hippogreif auf; er schien Blitzschläge zu befürchten.
Doch fiel hoch aus dem Himmel ein Paar Sandalen herab, die durch ihre Fersenbänder miteinander verbunden waren. Mit einem dumpfen Knall prallten sie auf die Bühne.
»Ach du liebe Güte«, entschuldigte sich der Schuhbert. »Nicht ganz das, was ich erwartet hatte. Wir rechnen das lieber nicht als Wunsch an. Bitte bedenkt, daß ich mich schließlich noch in der Ausbildung befinde!«
Die Masse stürmte wieder auf die Bühne.
»Wie schmecken wohl Schuhberts?« hörte ich eine einzelne Stimme rufen.
»Ja!« antwortete ihr eine andere Stimme. »Keine Verschwendung von lebenswichtigen Proteinen!«
»Wartet!« rief der Schuhbert. »Vielleicht versuche ich es besser mit dem Tango!«
Beide Arme meines Meisters kamen aus dem Schuh.
»Verdammnis«, flüsterte Hendrek.
Ich wollte, ich hätte meinen Eichenstab! Ohne Kampfe würden wir uns nicht ergeben!
Und dann plötzlich – die Welt hüllte sich in Dunkelheit. Ich sah empor. Etwas sehr, sehr Großes fiel vom Himmel herunter und
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