Ein Magier in Nöten
mit Wällen und Toren, an die fünfhundert Gebäuden und sogar gepflasterten Straßen! Aber das war auch schon alles, was ich sah. Wo waren die Tavernen, wo man eine Rast einlegen und freundlich mit den Einheimischen plaudern konnte? Wo waren die schönen jungen Frauen der Stadt? Wie sollte ich denn Erfahrungen für Vushta, die Stadt der tausend verbotenen Lüste, sammeln, wenn jede Stadt auf dem Weg so tot war wie diese?
Ein Schrei erscholl durch die Nacht. Hendrek gefror zu Eis, doch dem Schrei folgte Frauengelächter, das ihn wieder auftaute. Zumindest hatten andere ihren Spaß, wie ich vermutete. Befand sich denn die ganze Stadt im Dämonenfieber?
Wir kamen zu einem Platz, auf dem ein Gebäude lag, das doppelt so vornehm und fünfmal so groß war wie die anderen Bauten. Eine Wache stand vor der riesigen Palasttür, der erste Mensch, dem wir seit unserer Ankunft in Krenk begegneten.
»Halt!« befahl die Wache, als wir durch den Hof schritten. »Gebt euch zu erkennen!«
Hendrek ließ sich nicht aufhalten. »Auf wichtiger Mission für König Urfoo!«
Der Wachmann zog sein Schwert blank. »Bei Todesstrafe, identifiziert euch!«
»Verdammnis!« brummte der mächtige Kämpfer. »Erkennst du Hendrek nicht, der von einer wichtigen Mission für König Urfoo zurück ist?«
Die Wache blinzelte in der Dunkelheit. »Kenne ich dich nicht? Ich habe deinen Namen nicht ganz mitbekommen!«
»Der furchtbare Hendrek mit dem Zauberer Ebenezum.«
»Ebenezus? Der, über den sie alle singen?« Der Soldat verbeugte sich in Richtung meines Meisters. »Ich bin geehrt, Herr, einem Magier Eures Ranges zu begegnen.«
Er wandte sich zu Hendrek um, der mittlerweile bei der Tür war. »Nun, wie war dein Name doch gleich? Ich kann schließlich nicht jeden durch diese Tür lassen. Weißt du, heutzutage muß man höllisch aufpassen.«
»Verdammnis!« entfuhr es Hendrek; mit einer Geschwindigkeit, die für einen Mann seiner Statur erstaunlich war, zog er Schädelbrecher hervor und hieb ihn der Wache über den Kopf.
»Urk«, sagte der Soldat. »Wer bist du? Wer bin ich? Egal, wen interessiert das schon.« Er fiel auf sein Gesicht.
»Schädelbrecher, die Keule, die die Erinnerungen der Sterblichen trinkt. Er wird sich bald erholen, sich jedoch an nichts und niemand mehr erinnern.« Hendrek steckte die Keule wieder weg. »Kommt! Wir müssen uns mal mit Urfoo unterhalten.« Er trat die Tür auf und stürmte den Palast.
Ich blickte zu meinem Meister. Er strich sich kurz über den Bart, nickte und sagte: »Der Schatz.« Wir folgten Hendrek ins Innere.
Wir schritten durch eine lange Halle. Flackernde Fackeln ließen unsere Schatten auf den Wandbehängen tanzen. Ein Luftzug fuhr in meinen Mantel und ließ mich erschaudern. Dies, so schloß ich geistesgegenwärtig, war das schauderhafte Schloß.
Zwei Wachen warteten vor einer Tür am anderen Ende der Halle. Hendrek schlug sie beide nieder, bevor sie ein Wort sagen konnten.
Auch diese Tür wurde von Hendrek aufgetreten.
»Wer da?« brüllte eine Stimme aus dem hohen Stuhl, der im Zentrum des Raums stand.
»Hendrek«, lautete die Antwort des Kriegers.
»Wer ist das?« Ein Kopf mit Krone lugte über die Armlehne des großen Stuhls. »O richtig, dieser gewichtige Mensch, den wir letzte Woche losgeschickt haben. Was für Neuigkeiten, hm?«
»Ich bringe Ebenezum.«
Es gab ein ziemliches Geraschel, als alle Leute aus ihren Verstecken herauskrochen. »Nenebeezum?« sagte irgend jemand hinter einem Stuhl. »Ebenezix?« kam eine Stimme hinter der Säule hervor.
»Ebenezum«, erwiderte mein Meister.
»Ebenezum!« echote ein Stimmengewirr, als gut zwei Dutzend Leute hinter marmornen Säulen, Wandbehängen und Rüstungen hervorkamen und meinen Meister anstarrten.
»Der Ebenezum? Der, über den alle Welt Lieder singt?« König Urfoo nahm eine aufrechte Haltung in seinem Thron an und zauberte ein Lächeln auf sein Gesicht. »Hendrek, Ihr werdet Eurer gerechten Belohnung nicht entgehen!« Das Lächeln floh aus seinem Gesicht. »Natürlich erst, wenn wir den Fluch von unserem Schatz genommen haben.«
»Verdammnis«, sagte Hendrek.
König Urfoo forderte uns auf, auf gepolsterten Sitzen vor ihm Platz zu nehmen; dann hielt er inne und unterzog die dunklen Raumecken einer eingehenden Untersuchung. Nichts regte sich. Der Herrscher räusperte sich und sprach: »Reden wir am besten gleich vom Geschäft. Heutzutage muß man höllisch aufpassen.«
»Meine Worte, guter König, meine Worte.« Ebenezum erhob
Weitere Kostenlose Bücher