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Ein magischer Walzer

Titel: Ein magischer Walzer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Gracie
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dafür.“
    Es war eindeutig eine Zurechtweisung. Und Hope wusste, sie verdiente sie. Er wusste, wovon er sprach, denn er hatte es selbst erlebt. Hope schaute Mr. Bemerton an. Seine Augen waren ernst.
    Sebastian Reyne hatte als Kind gelitten, hatte in einer Fabrik gearbeitet. Sein Körper trug die Narben, das Erbe einer Kindheit, die alles andere als einfach gewesen war. Seine Nase mit dem Höcker war ein Zeugnis, wie viele Prügeleien er erlebt hatte. Seine ganze Haltung, sein Auftreten, immer wachsam, immer auf Ärger gefasst, zeigte, dass er ums Überleben hatte kämpfen müssen. Sie dachte an seine armen Finger, zerquetscht in dem vergeblichen Versuch, seinen kleinen Bruder vor dem Tod zu retten.
    Natürlich sah er keinen Fehl daran, wie diese Mädchen lebten. Sie hatten genug zu essen, warme Kleider und ein Zuhause. Sie waren sauber, und sie hatten etwas zu tun. Seiner Meinung nach brauchten sie sonst nichts. Er hielt sie für vom Glück begünstigt, und das waren sie vielleicht auch.
    Kein Wunder, dass seine Augen so leer, so einsam blickten.
    Sie litt mit ihm wegen des Glückes, das ihm als Kind entrissen worden war, wegen seines trostlosen Blickes auf das Leben. Sie litt mit Lady Elinore wegen ihres rationalen Daseins, und sie litt mit jedem einzelnen Mädchen in dieser Anstalt.
    Denn obwohl er recht hatte, irrte er trotzdem so sehr. Sie alle irrten. Außer der kleinen May.
    Das Kind hatte es ausgesprochen und damit alles gesagt: „Träumen schadet doch nicht, Miss.“
    „Also möchten Sie einem Kind beibringen, dass es nichts anderes zu erwarten hat als harte Zeiten? Da bin ich anderer Ansicht. Kinder haben das Recht, etwas Freude im Leben zu erwarten. Wir alle tun das - jeder Einzelne von uns, gleichgültig, wer wir sind: Kind oder Erwachsener, Armer oder Reicher, Waise oder nicht.“ Sie holte tief Luft und erklärte: „Und aus diesem Grund lade ich alle nächste Woche zum Tee bei mir und meiner Schwester ein.“
    Ihre Worte lösten Unruhe aus.
    „Ausgeschlossen!“, keuchte Lady Elinore. „Es wird ihre Routine stören.“
    „Doch nur für wenige Stunden. Ich bin sicher, etwas Abwechslung wird ihnen nur guttun.“
    „Ausgezeichnete Idee, Miss Hope“, sagte Mr. Bemerton. „Langweilige Sache, Routinen. Geschaffen, um gebrochen zu werden, wenn Sie mich fragen.“
    Bei seinen Worten verließ Lady Elinore alle Unsicherheit. Sie bedachte ihn mit einem vernichtenden Blick und verkündete: „Nein, es tut mir leid, Miss Hope, es ist nicht möglich. Es sind zu viele Mädchen. Außerdem wüssten sie gar nicht, wie sie sich in dem Salon einer Dame benehmen sollen.“
    „Das sehe ich anders. Sie haben offensichtlich ausgezeichnete Arbeit geleistet mit Ihrer Erziehung. Aber hier geht es nicht um eine Übung in Etikette. Ich möchte nur, dass sie ein wenig Freude haben, Spaß.“
    „Nicht wissen, wie sie sich benehmen sollen? Enervierend korrekt, wenn Sie mich fragen“, schaltete sich Mr. Bemerton ein. „Wäre eine Erleichterung, die jungen Dinger mal aus der Fassung gebracht zu sehen.“
    Hope und ihre Schwestern schenkten ihm ein strahlendes Lächeln.
    Lady Elinore rümpfte die Nase. „Niemand hat Sie nach Ihrer Meinung gefragt, Mr. Bemerton.“
    Er grinste verwegen. „Oh, das macht nichts. Ich bin nicht schüchtern.“
    Lady Elinore setzte zu einer scharfen Erwiderung an, aber Hope sagte hastig: „Es sind nicht zu viele Mädchen. Ich gebe zu, achtundzwanzig ist nicht wenig, aber im Haus meines Großonkels ist reichlich Platz. Wir werden Droschken mieten, um sie hin- und wieder zurückzubringen.“
    „Reyne und ich können den Transport organisieren“, bot Mr. Bemerton an. „Was, Bastian?“ Er schaute zu Mr. Reyne, der nicht gerade glücklich über die Wendung der Dinge aussah.
    Hope war entzückt über das unerwartete Angebot. „Danke, Mr. Bemerton, Sie sind zu freundlich.“ Sie nahm Lady Elinores Hand. „Bitte, sagen Sie ja, Lady Elinore. Meiner Schwester und mir würde es solche Freude bereiten, Ihre Mädchen zu Besuch zu haben.“
    Lady Elinore schaute Hilfe suchend zu Mr. Reyne. Er kam zu ihrer Rettung. „Es sind keine Mädchen, mit denen Sie und Ihre Schwester sich abgeben sollten“, erklärte er steif. „Sie sind kein passender Umgang für Sie.“
    „Da bin ich völlig anderer Meinung!“, widersprach Hope. „Sie sind sauber und wohlerzogen - besser als ich, das weiß ich. Und meine Schwestern und ich sind ebenfalls Waisen.“ Wie Sie, mahnte ihn ihr Blick. „Ihre Vergangenheit

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