Ein magischer Walzer
er sie betrachtete, desto gerader saß sie. Sie zupfte ihr Kleid glatt, rückte den Hut gerade und presste ihre Lippen zu einer missbilligenden Linie zusammen.
Als sie Piccadilly passierten, hatte sie ihre Fassung gänzlich wiedergefunden. Das einzige Zeichen ihres tränenreichen Ausbruchs waren ihre leicht gerötete Nase und Augen sowie das kleine feuchte Stück Stoff in seiner Westentasche.
„Erzählen Sie mir von Ihrer Mutter“, bat er schließlich.
Sie schaute ihn argwöhnisch an. „Was wollen Sie wissen?“ „Wann ist sie gestorben?“
„Letzten Februar. Es war ein sehr langsames Sterben.“
„Fehlt sie Ihnen?“
„Natürlich! Wir standen uns sehr nahe.“
„In welcher Beziehung?“
„In jeder Beziehung. Meine Mutter hat sich in allem auf mich verlassen“, erwiderte sie stolz. „Ich habe ihre Korrespondenz erledigt, sie bekam viel Post, weil sie so bekannt war. Und ich habe alle ihre Schriften für den Druck kopiert, denn meine Handschrift ist klar und sauber. Ich habe auch unseren Haushalt geführt, Mutter war mit so vielen anderen Sachen beschäftigt, dass sie ungeduldig wurde mit den Details des Alltags. Ich war, sagte sie immer, ihre rechte Hand. “
„Ihr Mädchen für alles, kurz gesagt.“
„Nein, gar nicht. Ich verwahre mich gegen diese Äußerung. Sie haben keine Ahnung.“ Sie rückte ein paar Zoll weiter von ihm ab, schaute aus dem Fenster und verkündete ärgerlich: „Diese Droschke ist sehr langsam.“
„Und seit ihrem Tod, wie hat sich Ihr Leben da geändert?“ Sie überlegte einen Moment. „Nicht besonders. Ich lebe das Leben, das sie für mich vorgegeben hat, und führe ihre Arbeit fort, so gut ich kann.“
Sanft antwortete er: „Hatten Sie denn keine eigenen Träume, die Sie verwirklichen wollten?“
„Oh nein“, erwiderte sie leise. „Mein Leben mit Mutter war betriebsam und erfüllend.“
Er hob seine Augenbrauen, sagte aber nur: „Erfüllend. Ach so. Ich denke, ich habe Sie nicht auf Gesellschaften gesehen, solange Ihre Mutter lebte.“
Sie errötete. „Nein.“ Sie presste die Lippen zusammen, ein klares Signal, dass sie nicht mehr dazu sagen wollte.
„Manche meinen, es sei ziemlich spät, sich auf den Heiratsmarkt zu begeben. Die meisten jungen Damen, die ihr Debüt machen, sind ein Dutzend Jahre jünger.“ Es war alles andere als ritterlich, ihr Alter zu erwähnen, doch ihm fiel nichts anderes ein, um sie aus der Reserve zu locken.
Sie wurde dunkelrot, rang einen Augenblick mit sich, wollte es ihm nicht erklären, aber auch nicht, dass er die falschen Schlüsse zog. „Mein verstorbener Vater hat in seinem Testament verfügt“, erläuterte sie schließlich, „dass ich erst nach drei Ehejahren in den Genuss des Vermögens komme, das er mir vererbt hat. Meine Mutter hat den Großteil ihres Geldes in Liegenschaften für mehrere wichtige Aufgaben gebunden.“ Verlegen zuckte sie die schmalen Schultern. „Mir blieb nichts anderes übrig, als einen Ehemann zu suchen.“
Giles schwieg eine Weile, dachte über eine Mutter nach, der ihre hirnrissigen, selbstherrlichen Unternehmungen wichtiger waren als die Versorgung ihrer Tochter.
„Haben Sie einen Widerwillen gegen die Ehe?“
„Nein, eigentlich nicht. Müssen fragt nicht nach Wollen.“ Unverblümt sagte er: „Ich möchte nicht, dass mein Freund Mr. Reyne eine Frau bekommt, die ihn insgeheim verabscheut. Sie haben sicher gemerkt, dass er Ihnen den Hof macht.“
Sie zögerte, knetete ihr Retikül in den Händen. „Er hat nichts gesagt, aber ich bin mir seiner Aufmerksamkeit bewusst. Und ich verspüre keinen Abscheu ihm gegenüber. Er ist ein anständiger Mann.“
„Ja. Er wird einen kräftigen, lustvollen Ehemann abgeben.“
Entsetzt starrte sie ihn an.
Er fuhr ungerührt fort: „Und zweifellos werden Sie in den Kindern, die Sie mit ihm haben werden,Trost finden.“
Sie schnappte nach Luft. „Kinder! “ Eine Pause entstand, dann bemerkte sie erschüttert: „Ich muss zugeben, ich hatte nicht an Kinder gedacht. Ich dachte, ich sei zu ... “ Verlegen brach sie ab.
Giles sprach es für sie aus: „Sie sind nicht zu alt für irgendetwas, Elinore.“
Mit glühenden Wangen wandte sich von ihm ab und verkündete scharf: „Ich habe Ihnen nicht die Erlaubnis erteilt, mich mit meinem Vornamen anzusprechen, Sir. Und diese Unterhaltung ist reichlich ungehörig. Sehen Sie nur, wir kommen zum Berkeley Square. Mein Haus ist bloß wenige Schritte entfernt. Es ist besser, wir setzen die Fahrt in
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