Ein Mann - ein Rost - das Grillbuch
Klecks Sauce – nichts kann aus einem trockenen Stück Hühnerbrust noch einen angenehmen Happen machen. Hähnchen vom Grill ist, leider mit annähernder Gesetzmä-ßigkeit, kein Vergnügen. Selbst das schönste, wohlgenährteste Bio-Huhn schmeckt nach dem Saunagang auf dem Rost wie getrocknetes Pappmachée. Man fragt sich: Wo sind all seine Lebenssäfte hin? Gibt es denn gar keine Möglichkeit, das Fleisch eines Hähnchens den Grill überstehen zu lassen, ohne dass es zwangsläufig austrocknet? Doch. Es gibt eine wirklich wunderbare Methode der Vorbereitung: das „Brining“. > Brining ist wie eine Einparkhilfe. Man braucht sie nicht wirklich, aber ist man einmal damit vertraut, wird man nie wieder darauf verzichten wollen. Will heißen: Wer einmal ein „gebrintes“ Huhn vom Grill gegessen hat, wird sich fragen, wie er eigentlich jemals ohne Brining auskommen konnte. > Brining, vom englischen Verb „to brine“ (= in Salzlake oder Sole einlegen) ist ein Trick, der viel zu lange ausschließlich in Profiküchen angewandt wurde. Doch er ist einfach zu gut, um weiter geheim gehalten zu werden.
Die Einlegetechnik des Brining macht aus mageren Fleischsorten wie Huhn, Wachtel oder Pute – aber auch aus Shrimps, die ebenfalls zu wenig Fettanteil haben, um vor dem Austrocknen überm Feuer sicher beschützt zu sein – zuverlässig ein wirklich saftiges Vergnügen.
| DES RÄTSELS SALZLÖSUNG | Beim Brining kommt das magere Grillfleisch zur Vorbereitung in ein Bad aus in kalter Flüssigkeit aufgelöstem groben Meersalz. Zur Not tut es auch Tafelsalz. Während es ausdauernd badet, saugt das Fleisch sowohl die Flüssigkeit aus der Lösung als auch alle darin enthaltenen Geschmacksstoffe auf. Das hat zwei praktische Vorteile: Das Fleisch bleibt auf dem heißen Rost saftig und ist außerdem schon vorgewürzt.
| DIE KLASSISCHE MISCHUNG | Sie haben zwei Möglichkeiten, die Lake anzusetzen – entweder in einer ausreichend großen Plastikbox mit Deckel oder in einem dichten, reißfesten Plastikbeutel. RechnenSie für die Lake mit zwei Litern Flüssigkeit pro Kilo Fleisch (ein durchschnittliches Hühnchen wiegt ungefähr 800 bis 1200 Gramm). Ob Sie Leitungswasser, Fruchtsaft (zum Beispiel Apfelsaft) oder vielleicht sogar eine selbstangesetzte Mischung aus Saft, Wasser und einem Schluck Whiskey, Honig oder Zucker, ergänzt mit Orangenscheiben und ganzen Knoblauchzehen, verwenden, bleibt ganz Ihnen überlassen. > Wesentlich ist ausschließlich das Mischungsverhältnis von Flüssigkeit und Salz: Rechnen Sie mit 100 Gramm Salz pro Liter Flüssigkeit – wir verwenden für unser Huhn zwei Liter Flüssigkeit, geben also 200 Gramm Salz dazu. > Nachdem Sie das Hühnchen zu Wasser gelassen haben, verschließen Sie den Behälter (die Box mit dem Deckel beziehungsweise den Plastikbeutel mit zwei festen Knoten) und geben ihn in den Kühlschrank. Die Lake sollte nun mindestens zwei Stunden Zeit haben, um einzuwirken.
| CHEMIE | Im Inneren Ihres Kühlschranks, in dieser dunklen, kühlen Höhle, beginnt nun der magische, zauberhafte Prozess des Brinings. In der Lake befindet sich eine hohe Konzentration von Salz; die Menge an Flüssigkeit ist groß, in unserem Beispiel sind es immerhin zwei Liter. Das Fleisch des Huhns besitzt zwar auch einen gewissen Anteil an Flüssigkeit, doch ist es, wie gesagt, eher trocken. Es hat au-ßerdem einen geringeren Salzanteil als die Lake. Um es ganz einfach zu erklären: Die Natur ist nun um Ausgleich bemüht und versucht, die unterschiedlichen Salzkonzentrationen von Umgebung und Einlage (Lake und Huhn) auszugleichen. Die daran beteiligten chemischen Vorgänge nennt man Permeation und Osmose. Das magere Fleisch, seine durchlässige Haut und seine durchlässigen Zellen nehmen Flüssigkeit und damit auch den darin aufgelösten Geschmack (Salz, optional: Zucker und Gewürze) auf. Wenn die Brine in den Zellen des Hühnchens angekommen ist, passiert Folgendes: Das Salz arbeitet weiter, es trennt die Proteine innerhalb der Zellen auf und bildet eine feste Proteinmatrix, die, wenn sie Hitze ausgesetzt wurde, verhindert, dass die aufgenommene Flüssigkeit wieder aus den Zellen verschwindet. Kurz gesagt: Das Hühnchen bleibt nun saftig, selbst wenn die Hitze des Grills versucht, ihm sämtliche Feuchtigkeit zu entziehen.
Brining allerdings ist nicht für jede Sorte Fleisch gleichermaßen geeignet. Es wäre grob fahrlässig, fetthaltiges Grillfleisch wie das vom Lachs, vom Rind oder vom Lamm in der Salzlake mit
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