Ein Mann für alle Lagen
Schulter. „Ich beklage mich nicht, aber hier bekommen wir sonst nicht so viel Haut zu sehen. Verstehen Sie mich? Hören Sie doch einfach auf, Betrunkene anzulächeln.“
Kate riss sich mit Mühe zusammen. „Danke für den guten Rat“, erwiderte sie knapp. „Ich werde ihn beherzigen.“
Jake lächelte. „Wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich sagen, dass Sie reizend aussehen, wenn Sie wütend sind.“ Damit tippte er sich an den Hut und ging wieder zum Billardspielen.
„War er schon immer so?“ erkundigte sie sich bei Nancy.
„Wie?“
„So … so lahm.“
Nancy lachte auf. „Oh, lassen Sie sich davon nicht täuschen. Er ist hellwach. Ihm entgeht nichts.“
„Aber er bewegt sich doch sehr langsam.“
„Das ist halt sein persönliches Energiesparprogramm. Bist du an ihm interessiert?“
„Nein. Er ist nicht mein Typ Und das beruht auf Gegenseitigkeit.“
„Jake mag so ziemlich jeden“, erwiderte Nancy.
Kate blickte sich um und sah, wie eine junge Frau sich angeregt mit Jake unterhielt. Jake schien ihr Interesse jedenfalls nicht unangenehm zu sein, obwohl sie viel zu jung für ihn war.
„Noch ein Bier“, sagte Nancy. „Das geht auf Rechnung des Hauses.“
Kate bedankte sich und unterhielt sich den Rest des Abends mit Nancy, ohne auf die Männer zu achten, die sich Hoffnungen zu machen schienen.
Zwischendurch bediente Nancy an der Bar. Als sie sich gegenseitig aus ihrem Leben erzählten, bildete sich zwischen ihnen eine Freundschaft heraus, und schon bald erwähnte Kate Nancy gegenüber den Plan, den Jessie für sie ausgeheckt hatte.
„Ich weiß, dass das dumm klingt“, sagte Kate.
„Tja, ich bin nicht so sicher“, entgegnete Nancy. „Ist doch besser, als zu Hause zu sitzen und darauf zu warten, dass der Richtige vorbeikommt.“
„Ich habe aber Fehler gemacht“, gestand Kate ein. „Nur weil er erfolgreich sein sollte, habe ich nicht auf andere Eigenschaften geachtet. Du hättest meinen Golfpartner sehen sollen!“
„Ist das der, den du hinterher beatmen musstest? Davon habe ich gehört“, bemerkte Nancy schmunzelnd.
„Und dann der, mit dem ich heute einkaufen war!“ Kate schüttelte den Kopf. „So etwas Überhebliches habe ich noch nicht erlebt.“
„Von dem habe ich auch gehört. Man hat mir auch erzählt, dass du sehr nett bist, und wir haben uns alle gewundert, warum du mit so einem arroganten Kerl überhaupt ausgehst.“
„Die alle?“ fragte Kate nach.
„Es ist ein kleiner Ort. Wir mögen dich.“
‚Ach so“, sagte Kate verunsichert. „Ich mag die Leute auch.“
„Gut. Dann solltest du dich lieber mit Männern von hier treffen als mit den reichen Geschäftsleuten.“
Kate schüttelte den Kopf. „Mein Traummann muss nun mal ein Großstadtmensch sein. Aber er soll nicht nur erfolgreich sein, sondern muss auch ein lieber Mensch sein.“
„Wer weiß, vielleicht ist dein Traummann ganz in deiner Nähe.“
„Bei meinem Glück ist er gerade angeln in Alaska.“
Um zehn Uhr verschwand Penny mit dem „Zahnarzt“, und Kate half Nancy bei der Arbeit. Zwischendurch unterhielten sie sich weiter. Die Wand hinter der Theke war mit Fotos übersät, und während Nancy arbeitete, betrachtete Kate die Bilder eingehend. Es waren junge und alte Leute, einzeln und in Gruppen, aber dennoch hatten sie etwas gemeinsam. Schließlich fand Kate heraus, was es war. Sie alle lächelten so glücklich, dass man erkannte, dass sie sich hier in Toby’s Corners wohl fühlten.
„Woher hast du all die Fotos?“ erkundigte sich Kate.
„Die Leute bringen sie mit“, antwortete Nancy. „Manche sind von der Familie, andere von guten Freunden. Schau mal, das da oben ist Jake.“
„Wo?“
Nancy wies auf einen jungen Footballspieler, der drohend in die Kamera sah. Er musste ungefähr zwölf sein.
„Da trägt er ja fast noch Windeln.“ Kate lachte.
„Er war aber wirklich gut. Allerdings war das bei der schlechten Mannschaft auch nicht schwer. Wir haben regelmäßig den letzten Platz in der Liga.“
Kate lachte wieder.
„Trotzdem war Jake der große Held damals“, meinte Nancy und fügte dann nachdenklich hinzu: „Manchmal denke ich, das ist ein Teil seines Problems.“
„Was stimmt denn mit ihm nicht?“ wollte Kate wissen.
„Ach, er fängt mit seinem Leben nichts an. Das ist hier eigentlich nichts Ungewöhnliches, aber Jake war früher ganz anders. Jetzt ist es Will, der von allen bewundert wird. Ich glaube, Jake ist es ganz recht so. Er war es vielleicht
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