Ein Mann für eine Nacht (German Edition)
Hause aufs Klo gegangen. Ha! Sie konnte sich schon die Begrüßung vorstellen. „Hallo alle, wo ist denn das Klo?“
Kultiviert, oder? Aber wen kratzte das? Sie nicht. Es war nur ein dämliches Treffen mit lauter albernen Schwachköpfen, mit denen sie zur Schule gegangen war. Wen interessierten die? Die hatten das Problem, nicht sie. Anna Allstone war eine Erfolgslady mit einem immens wichtigen Job in London. Sie war single, weil sie es so wollte. Jede dumme Kuh konnte einen Mann finden. Die Welt wimmelte von Männern. Warum sollte Anna sich mit dem Zweitbesten zufrieden geben. Warum? Sie war zu wählerisch, daran lag’s. Sie nahm eben nicht jeden.
„Ist es das hier?“, fragte Mr. Allstone, als er in die Cherrylog Avenue einbog.
„Also, wenn man sich all die BMWs und Mercedes ansieht, müsste es hier sein“, murmelte Anna. „Lass mich hier raus, Daddy. Im Ernst, du musst nicht vorfahren. Danke, Daddy. Gute Nacht. Tschüss.“
Anna stöckelte unsicher die von Bäumen gesäumte Kieseinfahrt entlang in Richtung Eingang. Voller Erstaunen sah sie, dass ein Uniformierter die Autos zum Parken einwies. Das Haus war eher wie ein Hotel. Anna überlegte, wie teuer es wohl gewesen war. Eine Million mindestens. Vielleicht eher zwei. Es war eine majestätische Villa mit Sprossenf enstern. Daneben befand sich auf der einen Seite ein Tennisplatz, auf der anderen ein verglaster Swimmingpool-Anbau. Wow! Die Reddins mussten mehrfache Millionäre sein. Anna fühlte sich plötzlich gar nicht mehr so mutig. Das alles war sehr einschüchternd.
Sie stieg die Steintreppen hinauf und atmete tief durch. Hoffentlich war sie nicht die Erste. Bitte, lass Claire und Simon schon da sein, betete sie. Oh bitte, lass mich nicht ganz allein da sein.
Nervös zog sie an der langen Schnur der Messingglocke. Die großen Holztüren öffneten sich langsam. Ein hochmütig aussehender Mann mittleren Alters im Frack verbeugte sich förmlich. Meine Güte, das war etwas übertrieben. Das sollte ein Klassentreffen sein, Himmel, Arsch und Zwirn.
„Guten Abend, gnädige Frau“, sagte er hölzern. „Und sie sind?“
„Anna Allstone“, antwortete sie. Was glaubte der denn, wen er da vor sich hatte? Die angeheuerte Küchenhilfe? Mit einem roten Stift strich er sorgfältig ihren Namen von einer langen Liste.
„Willkommen“, sagte er, „dürfte ich um Ihren Mantel bitten?“
Meine Güte, wie vornehm das alles klingt, dachte sie. Sie reichte ihm ihren Mantel, und sofort wurde ihr ein Tablett mit Champagner Gläsern unter die Nase gehalten. Himmel, davon brauchte sie eins. Dringend.
„Danke.“ Sie nahm ein Glas von der jungen Bedienung, das in frischer weißer Bluse und engem schwarzem Rock vor ihr stand.
„Äh, wo sind die anderen?“
„Die anderen Gäste sind im Wohnzimmer“, sagte die Bedienung mit gedämpfter Stimme.
„Und wo ist das Badezimmer?“, flüsterte Anna zurück, als wäre es ein Verbrechen, die Stimme zu erheben.
„Die Treppe hinauf und rechts.“
Mit Unbehagen ging Anna die beeindruckende Treppe hinauf. Schon jetzt fühlte sie sich überhaupt nicht wohl. Die Atmosphäre in diesem riesigen alten großartigen Gebäude war voller Spannung. Sie wollte wieder gehen. Wenn sie jetzt hinaushuschte, würde es vielleicht niemand merken. Einfach abhauen, bevor der Abend überhaupt angefangen hatte! Noch war Zeit, um zu gehen, dachte sie. Nichts hinderte sie daran, auf dem Absatz kehrt zu machen und schnurstracks hinauszugehen. Aber nein, jetzt war sie schon mal hier und wild entschlossen diese verdammte Nacht durchzustehen, komme, was da wolle.
Das Badezimmer war so groß wie ihr Apartment in Galway. Ihre zehn-Zentimeter-Absätze versanken vollständig im Teppich. Sie saß auf der Toilette und merkte, dass ihr schwindelig wurde. War das der Wodka? Vielleicht sollte sie die Finger vom Champagner lassen.
„Ist da jemand drinnen?“ Sie hörte ein leises Klopfen an der Tür.
„Einen Augenblick“, rief sie.
Sie spülte und vergewisserte sich, dass sie die Balance halten konnte, bevor sie die Tür öffnete.
„Anna Allstone, die Vergangenheit lässt grüßen.“
Anna stand Carole Levine gegenüber. Sie hatte immer liebend gerne mitgeholfen, wenn Victoria einem die Schultage zur Hölle machte. Caroline hatte zugenommen, stellte Anna schadenfroh fest. Und zu viele Ferien in der Sonne hatten ihrer Haut auch nicht gerade gut getan. Sie trug ein weites weißes Viskosekleid und es schien so, als könne es ihr jeden Moment vom
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