Ein Mann für eine Nacht (German Edition)
Claire erzählen, dass sie eine Lebensmittelvergiftung hatte! Ja, gut. Als ob Claire ihr glauben würde. Werd endlich mal vernünftig, Anna. Du bist eine erfolgreiche Karrierefrau, und die Welt liegt dir zu Füßen. Werd erwachsen, und benimm dich wie eine Dreißigjährige!
Sie brauchte Hilfe. Sie musste sich Mut antrinken. Ein Brandy würde ihren Nerven gut tun, oder? Nur ein kleiner Brandy. Das konnte nicht schaden.
Und wo kriegte sie den her? Den ganzen Weg zum Laden zu marschieren, kam überhaupt nicht in Frage. Es gab doch wohl etwas im elterlichen Büffet?
Sie schlich nach unten und fühlte sich wieder wie sechzehn. Vorm Büffet blieb sie stehen und betete inständig, dass ihr alter Herr nicht plötzlich aus der Küche stürzte und eine Erklärung verlangte. Vorsichtig öffnete sie die kleine Mahagonitür. Sie quietschte laut. Herrje, wahrscheinlich war sie seit Weihnachten nicht mehr benutzt worden. Eine ungeöffnete Flasche Wodka stand neben der halbleeren Brandyflasche. Bildete sie es sich ein oder schrie der Wodka geradezu danach, geöffnet zu werden? Schnell griff sie sich die Flasche und schlich auf Zehenspitzen die Treppe wieder hinauf, wobei ihr Herz etwas schneller klopfte als sonst. Sie fühlte sich wie ein ungezogenes Kind, das gerade die Quality Street Weihnachtsdose geklaut hat. Als sie wieder auf dem Bett saß, begutachtete sie die ungeöffnete Flasche. Sie brauchte etwas zum Mixen. Sie war zwar nervös, aber nicht so nervös. Den Wodka konnte sie nicht pur trinken.
„Oh, Anna, du siehst bildschön aus“, rief Mrs. Allstone aus, als ihre Tochter in High Heels in die Küche stöckelte. „Findest du nicht auch, James?“ Ihr Vater sah sie an. „Sie könnte ein bisschen weniger Schmierkram im Gesicht haben.“
„Danke, Dad.“ Anna seufzte. Manches änderte sich nie.
„Das Kleid ist ein bisschen kurz“, grummelte Großvater.
„Lasst mich bitte einfach in Ruhe“, jammerte Anna. „Ich wollte mir nur einen Schluck Cola holen. Ich verdurste fast.“
„Da steht Cola im Kühlschrank, Liebes“, sagte Annas Mutter. „Nimm dir ein Glas.“
„Ich glaub, ich nehme die Flasche mit hoch“, Anna vermied es, sie anzusehen. „Ich bin wirklich durstig.“ Als sie wieder ungestört in ihrem Zimmer war, schenkte Anna sich reichlich Wodka ein und fügte einen Tropfen Cola hinzu. Sie nahm einen Schluck. Er brannte in der Kehle. Und dann noch einen. Ah, das war schon besser. Sie warf noch einen kurzen Blick in den Spiegel. Vielleicht sah sie doch nicht so schlecht aus. Ihr Haar hatte einen weil-ich-es-wert-bin Schimmer, und die Sonnenbank hatte ihren Wangen ein gesundes gerade-zurück-aus-der-Sonne Glühen gegeben.
Das Kleid hatte ein kleines Vermögen gekostet. Es gab nichts, wofür sie sich schämen musste. Sie konnte mithalten. Noch einen Schluck Wodka. Wirklich sie sah ganz hübsch aus. Sogar ihre Mutter hatte das gesagt. Ihre Mutter warf nicht gerade mit Komplimenten um sich. Was hatte sie noch gesagt? Bildschön. Also, das hing davon ab, was für ein Bild man ansah. Solange es kein Bild von einem Schweinehintern war. Anna kicherte und trank noch etwas Wodka. Mein lieber Schwan, das war ein hartes Zeug.
Sie trank noch etwas. Wo hatten ihre Eltern dieses Zeug her? Es war wohl ein Weihnachtsgeschenk. Was für eine Verschwendung. Wenigstens wurde es jetzt einem guten Zweck zugeführt, soviel war sicher. Anna genoss in vollen Zügen. “Prost“, sagte sie zu ihrem Spiegelbild. Ihr Spiegelbild lächelte zurück. Sie sah ziemlich fantastisch aus, befand sie. Wirklich ziemlich fantastisch. Victoria Reddin fürchte dich! Ein Klopfen an der Tür schreckte sie auf. Panisch rannte sie zum Kleiderschrank und verstaute die halbvolle Flasche auf dem Boden. Halbvoll! Hatte sie wirklich so viel getrunken?
„Wer ist da?“, rief sie.
„Dein Vater. Soll ich dich schnell hinfahren?“
„Oh danke, Dad, das wäre toll.“
Sie saß auf dem Beifahrersitz und merkte, wie ihr Kleid die Schenkel hoch rutschte. Sie legte ihren Mantel über den Schoß, um einen Kommentar zu vermeiden.
Es war immer noch hell. Anna warf einen flüchtigen Blick in den Seitenspiegel. Bildete sie es sich ein, oder sah sie aus, als hätte sie ihr Make-up mit dem Spachtel aufgetragen?
Mr. Allstone schlich mit ungefähr zehn Meilen in der Stunde von Stillorgan nach Blackrock. Ich will irgendwann heute Nacht noch ankommen, bitte Dad, dachte Anna, und schlug die Beine unter ihrem Mantel übereinander. Warum war sie bloß nicht noch zu
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