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Ein Mann fürs Grobe

Ein Mann fürs Grobe

Titel: Ein Mann fürs Grobe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Bosetzky
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seiner Assistentin. Er fand sie schließlich hinten an der Wittenauer Straße und setzte sie in Kenntnis über das, was er eben herausgefunden hatte.
    «Mirko Fischer, na wunderbar. Gratuliere zum dicken Fisch.»
    «Noch ist ja alles sehr vage.»
    «Fahr’n wa nach Tegel uff’n Markt?»
    «Willst du gleich was einkaufen da?»
    «Nee, aba wenn wa’n fangen, biste anschließend gleich zu Hause.»
    «Sehr praktisch.»
    «So sind wir alten DDRler ebent.»
    Über Zabel-Krüger- und Waidmannsluster Damm fuhren sie nach Tegel.
    «Wir sind so klug, und dennoch spukt’s in Tegel», zitierte Mannhardt aus dem Faust, als sie in unmittelbarer Nähe des Humboldt-Schlosses in die Karolinenstraße bogen, vor sich die zum Hotel umgebaute Mühle und die postmoderne Bibliothek vor der kleinen Insel, denen man ebenfalls – das Image zu heben – den Namen Humboldt vorangestellt hatte. Dies alles war Yaiza Teetzmann zu erklären, und Mannhardt fand eine alte Weisheit seiner Mutter bestätigt: Durch Reden kommt eine Unterhaltung zustande.
    Sie fanden hinten in der Schloßstraße einen Parkplatz und machten sich auf die Suche nach dem jungen Mann, der dringend verdächtigt wurde, Wuttkowski erschossen zu haben.
    Yaiza Teetzmann hatte wenig Hoffnung. «Wenn er’s wirklich war, wird er schon lange über alle Berge sein.»
    «Ich weiß nicht...» Mannhardt verwies auf seine jahrzehntelange Berufserfahrung. «Es ist komisch, aber ich hab es immer wieder erlebt, daß solche Leute im eigenen Kiez verbleiben. Ja, warum wohl? Vor allem, weil sie glauben, daß wir sie nicht erwischen würden. Ihr Selbstwertgefühl rührt daher, daß sie sich für unheimlich cool und clever halten und uns Bullen für totale Schwachköpfe, die den Durchblick nicht haben. Und weil sie so klug sind, sagen sie sich: Wenn ich woanders hingehe, werde ich automatisch verdächtigt, bleibe ich aber hier, wird keine Fahndung nach mir ausgelöst.»
    Yaiza Teetzmann stimmte dem zwar zu, nicht ohne aber hinzuzufügen, daß sie noch an etwas anderes glaubte. «Ist das bei denen nicht auch so ein verdrängter Wunsch nach Erlösung...? Durch die Festnahme rauszukommen aus allem.»
    «Ja... Vielleicht auch ein unbewußtes Strafbedürfnis, denn verinnerlicht haben sie ja alle mal: Du sollst nicht töten.»
    «Na, hoffentlich der Fischer ooch...»
    Sie streiften durch die Fußgängerzone Alt-Tegel, kamen vom U-Bahnhof und bewegten sich in Richtung See. Dabei ließen sie die diversen Verkaufsstände und Imbißbuden keinen Moment aus den Augen. Da half zwar ab und an ein Faktotum, aber das waren zumeist ältere Männer, alle zwischen Armutsgrenze und Stadtstreicherleben.
    «Hallo, ihr beiden! So leicht möcht ich mein Geld auch mal verdienen: durch Spazierengehen.» Es war Heike, die mit dem Papst im Kinderwagen vom Eisessen kam.
    Mannhardt begrüßte beide mit dienstlich gebremstem Überschwang, hatte aber sofort ein starkes Störgefühl: Wenn Mirko Fischer sich nun der Festnahme entziehen wollte und seinen Sohn als Geisel nahm...
    «Du bist ja so nervös... Ist was...?» Heike musterte ihn.
    «Ja, du... Könntest du bitte so schnell wie möglich weg von hier, denn wir sind hinter einem her, der möglicherweise...»
    «Der vom Taxifahrermord?»
    «Ja.»
    «Paß gut auf dich auf!»
    «Ja, klar.»
    Heike küßte ihn, nickte Yaiza Teetzmann zu und suchte das Weite.
    Mannhardt hatte Angst, von ihr später hysterisch genannt zu werden, und verstärkte seine Bemühungen, das heißt, er ging jetzt auf die Standinhaber zu und fragte ganz direkt nach Mirko Fischer. Eine Viertelstunde blieb das ohne Ergebnis, und sie wollten schon aufgeben, als sie an einen Obststand traten.
    «Entschuldigen Sie, ist der Mirko Fischer bei Ihnen hier...?»
    Kaum war die Frage ausgesprochen, fiel hinter der Plane, die die Vorräte vor der Sonne schützen sollte, ein Stapel Kisten um, und sie sahen einen jungen Mann Richtung Berliner Straße laufen.
    «Das ist er!»
    Mannhardt spurtete los und sah Yaiza Teetzmann neben sich zu Boden stürzen. Sie hatte das Wägelchen eines Straßenfegers übersehen. Den Kavalier zu spielen und ihr hochzuhelfen, unterließ er. Der Impuls dazu hielt ihn aber auf. Noch schwerer fiel es ihm, das zu unterdrücken, worauf er in all den Jahren programmiert worden war: die Waffe herauszureißen und «Stehenbleiben!» zu schreien. Bei den vielen Menschen und der Enge der Straße wäre es Wahnsinn gewesen, dieses Ritual hier abzuziehen. Blieb ihm nur, auf seine Spurtkraft zu setzen,

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