Ein Mann - Kein Wort
um den Preis einer längeren Selbsterforschung. Nur so gibt man dem Gegenüber die Möglichkeit, Beobachtetes richtig zu interpretieren und den Partner in seinem So-Sein zu verstehen und zu respektieren. Männer tun sich aus den schon angeführten Gründen mit dieser Selbsterforschung sicher häufig schwerer als Frauen, dennoch sollten sie sich auf die Herausforderung einlassen.
Allerdings hat auch das Warum-Fragen eine Grenze, und zwar, wenn der Gefragte das Gefühl hat, er müsse sich für sein Handeln
rechtfertigen
. »Tut mir leid, dass ich vergessen habe, dich anzurufen!«, sagt der Mann zu seiner Frau. »Warum hast du das vergessen?«, fragt sie zurück. Diese Frage halte ich für überflüssig, sie wirkt wie eine versteckte Anklage. Meine Güte – man wüsste ja selbst oft gerne, warum man etwas vergisst. Auch wenn es um Fragen der Wahrnehmung oder des Geschmacks geht, sind Warum-Fragen leicht realitätsfremd. »Warum gefällt dir diese Musik nicht?« – »Warum findest du diesen Film langweilig?« – »Warum magst du gelbe Kleider nicht?« – »Warum schmeckt dir ausgerechnet Rindsroulade so gut?« – So könnte man unendlich fortfahren, für alles eine schlüssige Begründung zu verlangen. Mein Vater pflegte auf ihm lästige Kinderfragen gerne mit der Gegenfrage zu antworten: »Warum ist die Banane krumm?« 54 Ich neige heute eher dazu, in Fragen des Geschmacks oder des Gefühls auf die Frage »Warum?« mit der Gegenfrage zu kontern: »Warum nicht?« Dann steht nämlich der Fragesteller unter Begründungszwang – undnicht ich. Es gibt eben auch, wie schon zitiert, Gründe, die wir mit unserem Intellekt nicht bis ins Letzte ausloten können. Gerade Frauen müssen dies nicht nur sich, sondern auch ihren Partnern zugestehen – auch wenn ihre Männer meinen, sehr vom Intellekt bestimmt zu sein …
10. Gesprächserfahrungen von Männern mit Frauen
»Der beste Freund wird wahrscheinlich
die beste Gattin bekommen, weil die gute Ehe
auf dem Talent zur Freundschaft beruht.«
F RIEDRICH N IETZSCHE
Auch Männer machen eine Menge bereichernder, aber auch schwieriger Gesprächserfahrungen mit Frauen.
Überstrapazierung der Beziehungsebene
Ein geradezu schon klassisches Beispiel aus der Kommunikationspsychologie lautet: Ein Mann fragt seine Frau: »Was ist denn das Grüne, das da auf der Suppe schwimmt?« – Die auf diese Frage naheliegendste Antwort würde lauten: »Das ist Petersilie …« (oder Schnittlauch oder was auch immer). Mit dieser Auskunft würde die Frau auf der Sachebene bleiben. Die wenigsten Frauen schaffen dies jedoch, sondern sie neigen sofort dazu, die Frage auf dem Beziehungsohr »abzuklopfen« und entsprechend nachzufragen: »Wieso fragst du? Schmeckt dir das Grüne nicht?«, womit sie den Mann in Erklärungszwänge bringen (»Ich frage, weil …«).
Noch gefährlicher ist es, wenn »sie« denkt, sich diese Frage sparen zu können, weil sie die »Beziehungsbotschaft« klar zu erkennen meint und beispielsweise gereizt antwortet: »Du brauchst die Suppe ja nicht zu essen, wenn sie dir nicht schmeckt.« – Oder: »Dann koch doch selber, wenn du nie zufrieden bist!«
In diesem Fall macht sie den Fehler, eher weibliche Kommunikationsmuster auf den Partner zu übertragen und diesem eine Form der indirekten Kommunikation zu unterstellen, die für Frauen durchaus naheliegt, für Männer jedoch untypisch ist. Nun wird die Unterhaltung für den Mann richtig anstrengend, denn er muss sich gegen Unterstellungen wehren. Wenn er beispielsweise auf dieFrage: »Wieso fragst du?« antwortet: »Es hat mich halt interessiert« und sie sofort weiterbohrt: »Aber
warum
hat es dich interessiert? Gib doch zu, dass es dir nicht schmeckt!«, so wird er mit einem Seufzer sagen: »Doch, doch, es schmeckt mir!« und inständig hoffen, dass sie diese Äußerung nicht auch noch kritisch analysiert.
Mit anderen Worten: Es ist meist ein vergebliches – und überflüssiges – Unterfangen, Männern das Geständnis einer »versteckten Beziehungsbotschaft« entlocken zu wollen – denn sie ist in aller Regel nicht enthalten. Dies dem Mann nicht zu glauben, zeugt von mangelnder weiblicher Einfühlung. Fragt eine Frau beispielsweise einen Mann beim Einkauf: »Findest du, das Kleid steht mir?«, und er antwortet mit einem schlichten »Ja, sehr!«, dann sollte sie sich nicht überlegen, welche tiefer liegenden Interessen oder Aussagen sich hinter diesen Worten noch verbergen könnten (»Will er nur seine Ruhe haben?
Weitere Kostenlose Bücher