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Ein Mann - Kein Wort

Ein Mann - Kein Wort

Titel: Ein Mann - Kein Wort Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beate Weingardt
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ihren Gesprächspartnern aufzubauen, sie sozusagen aus der emotionalen Reserve zu locken, die man bei einer Begegnung mit einem fremden Menschen, dazu noch vor laufenden Kameras, normalerweise empfindet. Im Mai 2008 war der fast 90-jährige Politiker Helmut Schmidt bei ihr zu Gast, den sie sehr gut kannte, weil sieeinen Film über ihn gedreht hatte. Dennoch zeichnete sich Helmut Schmidt durch eine extrem zurückhaltende, gefühlsarme und Distanz wahrende Form der Kommunikation aus: Er sprach sehr sachlich und wohlüberlegt, sah dabei sein Gegenüber selten an, verzog kaum eine Miene, lächelte äußerst selten und hatte eine nachdrückliche, aber auch emotionslose Sprechweise. Es war interessant zu beobachten, wie dieser Kommunikationsstil im Lauf der Sendung immer mehr auf Sandra Maischberger abfärbte – ihre Handbewegungen wurden sparsamer, ihre Sprechweise sachlicher, ja, sogar die Sprachmelodie passte sich derjenigen von Helmut Schmidt an. Das heißt, dass sie seine Beziehungsbotschaft: »Kommen Sie mir persönlich bitte nicht zu nahe!« perfekt verstanden hatte und ihre eigene Tendenz zur Emotionalität abschwächte.
    Was hier zu beobachten war, findet bei uns allen statt: Wir reagieren unbewusst – selten bewusst –
immer
auf die körpersprachlichen Signale, die unsere verbale Kommunikation begleiten. Wir achten darauf, welche Botschaft über sich – oder über sein Verhältnis zu uns – jemand mit seinen Blicken, seinem Gesichtsausdruck, seiner Stimme (sie ist extrem aussagekräftig, denn die Stimme transportiert Stimmung und Verstimmtheit!), seiner Haltung und seinen Gesten vermittelt. Schaut er mir, während er spricht, tief in die Augen, oder weicht er meinem Blick aus? Wandern die Augen meines Gegenübers unruhig umher, wenn ich spreche, werden die Augenbrauen hochgezogen? Umspielt seine Lippen ein freundliches, ein bitteres oder ein spöttisches Lächeln? Runzelt er die Stirn, zuckt er mit den Schultern, oder zeigt er mir gar die »kalte Schulter«? Spricht er laut oder leise, wie betont er die Worte, wie ist die Stimme? Wie viel Abstand nimmt er – falls wir stehen – beim Gespräch zu mir ein, wann – falls wir sitzen – beugt er sich vor, wann lehnt er sich zurück? Was macht er mit seinen Händen?
    Das alles nehmen wir, während wir sprechen oder zuhören, unterschwellig
präzise wahr
und interpretieren es blitzschnell, doch ohne uns über Wahrnehmung und Interpretation Rechenschaft zu geben. Zumindest ist dies die Regel. Oft klappt dieses zweigleisige Kommunizieren reibungslos, oft entstehen aus dieser Unbewusstheitim körpersprachlichen Bereich jedoch eine Menge an kommunikativen Problemen, auf die wir später eingehen werden.
    Grundsätzlich gilt jedoch: Frauen schenken den körpersprachlichen Signalen anderer Menschen mehr Beachtung als Männer – und sind selbst im Senden solcher Signale oft äußerst virtuos. Dies zeigt, dass sie generell der Beziehungsebene mehr Gewicht geben und ihr dementsprechend auch mehr Aufmerksamkeit schenken. Das macht ihre Gespräche vielschichtiger und facettenreicher, aber auch bisweilen komplizierter und störungsanfälliger!

9. Gesprächserfahrungen von Frauen mit Männern
    »›Der Klügere gibt nach!‹ – Eine traurige Wahrheit; sie begründet
die Weltherrschaft der Dummheit.«
    M ARIE VON E BNER -E SCHENBACH
      Schwerhörigkeit oder Taubheit auf dem Beziehungsohr
    Eine Frau sagt zu ihrem Mann: »Ach, mir ist es heute gar nicht gut, ich habe dauernd so Schwindelgefühle und leichte Übelkeit …!« – Mann: »Dann geh doch zum Arzt!« – Frau: »Mein Gott, auf die Idee komme ich auch selber!« – Mann: »Ja, was soll ich denn sonst sagen?«
    Jede Frau würde an dieser Stelle vermutlich spontan die Antwort wissen: Die Frau will keinen Ratschlag hören, sondern sie will Anteilnahme, Einfühlung und Interesse vonseiten des Partners spüren. Sie wäre höchst zufrieden, wenn er sagen würde: »Na, so etwas. Vielleicht macht dir das Wetter zu schaffen? Oder du hast zurzeit einfach ein bisschen viel am Hals? Komm, lass dich mal in den Arm nehmen, wenn dir dann schwindlig wird, macht das gar nichts aus!« – Auf eine solche Antwort kommen Frauen sehr wohl, Männer nicht unbedingt. Sie sehen stattdessen in einem Gespräch in erster Linie einen Informationsaustausch auf der Sachebene: »Worum geht’s? Welchen Sachverhalt teilt mir der andere mit? Welches Problem erkenne ich, und welche Lösung habe ich dafür parat?« Mit dieser Fokussierung bzw.

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