Ein Mann - Kein Wort
aber nicht wirklich Akzeptierten eines Tages zusammen. Es kann dann zu heftigen Erkrankungen kommen (Depression, Burnout u.a.).
Viele Frauen lassen es jedoch nicht mehr so weit kommen und reichen, wenn ihr Wunsch nach mehr emotionaler Nähe, nach mehr Gespräch und Austausch vom Partner konstant zurückgewiesen wird, eines Tages die Scheidung ein. Erstens können sie es sich dank eigener Berufstätigkeit finanziell oft durchaus leisten, oder sie nehmen finanzielle Einbußen in Kauf; zweitens ist es für Frauen kein Makel mehr, geschieden zu sein.
Warum auch Männer einen höheren Verbundenheitsanspruch haben sollten
Die
Vorteile
von emotionaler Distanz und Verschlossenheit liegen auf der Hand: Der Mann, der nichts oder fast nichts von seinem Inneren preisgibt, schützt sich vor Verletzungen. Er gibt sich keine Blöße, die ihn angreifbar macht. Er muss sich nicht infrage stellen (lassen). Darüber hinaus kann Verschwiegenes auch leichter verdrängt werden als Ausgesprochenes. Nicht zuletzt lässt sich die Fassade vom starken Mann, der im Zweifelsfall Verletzungen »wegsteckt« und keine Probleme mit sich und anderen hat, gut aufrechterhalten.
Doch langfristig ist für diese Vorteile ein hoher Preis von den Männern zu bezahlen: Die innere Einsamkeit, die Neigung zu Verdrängung und der Mangel an Entlastung durch Austausch und Anregung bei Themen, die den Mann emotional und existenziell betreffen, fordern ihren gesundheitlichen und psychischen Tribut.
Zwar ist es Männern meist weniger als Frauen bewusst, wie gut es tut, sich etwas »von der Seele zu reden«, doch ihre Körper wissen es sehr wohl. Zahlreiche Untersuchungen weisen nach, dass Männer, die in ihrem privaten Umfeld keine Möglichkeit der emotionalenÖffnung, des vertrauensvollen Gesprächs haben (oder diese Möglichkeit nicht nutzen), stärker mit gewissen gesundheitlichen Risiken rechnen müssen als Männer, welche die Möglichkeit haben
und
nutzen. So ist es kein Wunder, dass vor einigen Jahren eine Studie Folgendes aufzeigte: Bei den hoch bezahlten Männern (= mehr als 8 000 € monatliches Nettogehalt), die normalerweise in höchst verantwortungsvollen Positionen sind und wenig Zeit für ihr Privatleben haben, leiden 85 Prozent an Gesundheitsproblemen wie chronischen Rücken- oder Kopfschmerzen, hohem Cholesterinspiegel, gelegentlichen Herzrhythmus- und Schlafstörungen. 61
Dem stehen Untersuchungen entgegen, die zeigen: Menschen mit verlässlichen sozialen Bindungen leben deutlich länger als jene mit schlechten oder nur oberflächlichen sozialen Kontakten. Die größte Lebenserwartung haben jene Männer und Frauen, die sowohl auf einen gesunden Lebensstil achten als auch ihre menschlichen Beziehungen bewusst pflegen. Beides gelingt Frauen – auch allein lebenden – leichter als Männern, was mit ein Grund dafür sein dürfte, dass sie derzeit eine zwischen fünf und sieben Jahren höhere Lebenserwartung haben als Männer. 62 Auffallend ist außerdem, dass drei- bis viermal so viele Männer wie Frauen Selbstmord begehen. Sie erleiden auch wesentlich häufiger als Frauen einen Herzinfarkt. Doch selbst bei Herzerkrankten haben sowohl Männer als auch Frauen, die in einer positiv-liebevollen Beziehung leben, eine höhere Lebenserwartung. Eine umfassende Schweizer Studie stellte fest: »Das Funktionieren einer Beziehung und ein soziales Netz sind ganz wichtige Faktoren für das Wohlbefinden von Menschen,die an einer Herzerkrankung leiden … Wer in einer guten Partnerschaft lebt, findet darin Unterstützung und Hoffnung.« 63
Wie der Ulmer Medizinprofessor Harald C. Traue in seiner groß angelegten Untersuchung über den Zusammenhang vom Umgang mit Gefühlen und körperlicher Gesundheit herausfand, bietet das lang anhaltende Verdrängen von belastenden Gefühlen den idealen Nährboden für psychosomatische Krankheiten. 64 Die Alternative – nämlich darüber zu reden – erfordert allerdings, wie schon ausgeführt, neben dem Willen dazu auch ein einfühlsames und aufgeschlossenes Gegenüber! Hier erleben viele Männer, dass sie diese Empathie eher bei Frauen finden als bei anderen Männern – weshalb ihre Auswahl unter männlichen Freunden, Bekannten, Kollegen und »Kumpels« leider oft recht beschränkt ist. Das bedeutet: Die meisten Männer mögen vielleicht ein geringeres Bedürfnis haben, sich über ihre Erlebnisse und Probleme mit anderen Menschen auszutauschen. Dennoch müsste bei ihnen im Lauf der Zeit die Erkenntnis heranreifen, dass
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