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Ein Mann - Kein Wort

Ein Mann - Kein Wort

Titel: Ein Mann - Kein Wort Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beate Weingardt
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auf eigene Worte und Deutungen verzichtet und nur nachfragt, z.B. mit den Worten: »Wie meinst du das? – Wie soll ich das verstehen? – Kannst du mir das genauer erläutern?«
    Mit all diesen Fragen signalisiert man jedoch nicht nur persönliches Interesse am anderen sowie an einem tiefer gehenden Gespräch, sondern man macht dem Gesprächspartner auch deutlich, dass man möglichst
genau
wissen möchte, was er meint und worum es ihm geht.
    Damit »zwingt« man ihn in gewisser Weise auch dazu, sich nicht verschwommen und diffus, sondern deutlich und präzise auszudrücken und anstatt allgemeinen Anspielungen oder Aussagen möglichst klare, eindeutige Mitteilungen zu formulieren. Dies ist für viele Menschen, die gern unüberlegt, verallgemeinernd oder ungenau daherreden, eine heilsame Übung. Sie leitet dazu an, in Zukunft möglicherweise etwas besonnener und bedächtiger zu sein. Denn nichts ist so verräterisch – und oft auch peinlich –, wie eine Meinung oder Behauptung vollmundig zum Besten zu geben und auf die sachliche Rückfrage: »Wie meinst du das? Kannst du mir das mal genauer erklären?« verlegen ins Stottern zu geraten. Man weiß eben selber nicht genau, wie man es meint!
    Doch Tatsache ist: Die
Kunst des Rückfragens
wird in unserer alltäglichen und gewohnten Kommunikation höchst selten geübt! Man betrachte nur die unzähligen Talkshows im Fernsehen, oder man beobachte eine Diskussion im persönlichen Umfeld: Typisch für alle Beteiligten sind in der Regel blitzschnelle Antworten (oft dabei noch das Gegenüber unterbrechend) sowie prompte, schlagfertige Rückmeldungen. Die Antworten, die gegeben werden, gehen meist nicht wirklich auf das vom Vorredner Gesagte ein. Eher hat man denEindruck, jeder Gesprächspartner lauert nur darauf, bis er wieder an die Reihe kommt und seine Position darlegen kann. Von »Gesprächskultur« keine Spur! Doch natürlich gibt es für diesen auffallenden Verzicht auf Rückfragen eine Menge Gründe:
     Man hat es einfach nicht gelernt, zurückzufragen – und macht es deshalb so gut wie nie.
     Man meint, den anderen gut genug zu kennen, um genau zu wissen, wie er es meint, d.h. um sich das Nachfragen ersparen zu können.
     Man ist sich nicht darüber im Klaren, dass es nicht nur
eine, sondern mehrere
Möglichkeiten gibt, wie etwas zu verstehen ist.
     Man überschätzt die eigene Fähigkeit, den anderen »richtig zu verstehen«, weil man die Möglichkeit von Missverständnissen
unterschätzt
.
     Man hat kein
Interesse
, mehr zu erfahren, weil man gar nicht das Ziel hat, eine möglichst hilfreiche Antwort zu geben oder ein tieferes Gespräch zu führen.
     Man meint, keine weitere Information nötig zu haben, um eine kluge und qualifizierte Antwort zu geben.
     Man will eigene Wissenslücken oder Unsicherheiten nicht zu erkennen geben.
     Man will durch schnelles Antworten den Eindruck hoher Kompetenz und Sachkundigkeit erwecken.
     Man glaubt, durch Rückfragen Schwäche und Unsicherheit (womöglich noch Bildungslücken) zu signalisieren, was man unbedingt vermeiden möchte.
     Man versucht, durch eine schnelle Antwort zu verhindern, dass die eigene Person oder Position noch weiter infrage gestellt wird.
     Man benutzt das Gegenüber lediglich als Stichwortgeber, um seine eigenen Botschaften loszuwerden.
    Haben Sie Ihre eigenen Gründe in dieser Auswahl gefunden? Sicher ändern sie sich von Situation zu Situation, von Mensch zu Mensch und von Thema zu Thema, doch die Mehrzahl der Menschen, mit denen ich mich unterhalte, fragt äußerst selten zurück.
    Ich glaube, dass es von vielen Menschen als wünschenswertesIdeal angesehen wird, auf alles, was ein anderer Mensch sagt, möglichst schnell etwas zu erwidern. Und möglichst nie um eine Antwort verlegen zu sein. Schwingt nicht deutliche Anerkennung darin mit, wenn man von jemandem sagt, er oder sie sei schlagfertig? Doch wer denkt darüber nach, dass dieses Wort eigentlich bedeutet: »bereit zu schlagen« – was gewiss nicht von vornherein als etwas Positives anzusehen ist. Denn Schläge sind mit Verletzung und Schmerz verbunden, egal ob es verbale Schläge sind (dazu gehören auch viele verfrühte und unsensible Rat-Schläge!), körperliche Schläge oder gar Schicksalsschläge!
    Wenn Sie also das nächste Mal einem Gespräch lauschen, das eher einem »Schlagabtausch« als einem achtsamen, konstruktiven Gedankenaustausch ähnelt, dann konzentrieren Sie bitte Ihre Aufmerksamkeit auf einen Punkt:
    Fragen die beiden

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