Ein Mann von Ehre
ließ Rosalyn zusammenzucken.
„Das reicht!“, herrschte sie ihn zornig an. Sie war nicht willens, sich weitere Ungehörigkeiten von ihm bieten zu lassen. „Ich lasse nicht zu, dass du Damian oder mich noch ein Mal beleidigst. Sag, was du mir mitzuteilen hast, und geh dann!“
„Wie du willst! Ich hatte gehofft, du würdest inzwischen zu Verstand gekommen sein, aber das ist nicht der Fall. Du warst immer eigensinnig und stur. Ich hoffe, du wirst deine Entscheidung nie bereuen.“
„Mach dir keine Gedanken um meine Zukunft, Frederick! Ich bin glücklicher, als ich je zu hoffen wagte!“
Er neigte den Kopf. „Ich lasse dir diese Dokumente hier, die inhaltlich Vaters Testament entsprechen. Lies sie durch und schick sie, wenn du sie unterschrieben hast, meinen Anwälten. Damit ist dann jeder Kontakt zwischen uns beendet.“
„Wie es dir beliebt!“
Rosalyn war wütend und fand den Bruder eigensüchtig und gefühllos.
„Ich habe meiner Gattin verboten, dir zu schreiben. Ich will nicht, dass sie in irgendeiner Weise Umgang mit der Frau eines Mörders hat!“
Wie hatte Frederick das tun können? Am liebsten hätte Rosalyn ihm ins Gesicht geschlagen. Sie zwang sich jedoch, Haltung zu bewahren. „Ich schäme mich deiner, Frederick!“, erwiderte sie und sah ihn voller Verachtung an. „Ich hätte nie gedacht, dass du so herzlos und grausam sein könntest. Du warst immer ein Egoist, doch ich habe angenommen, du würdest mir brüderliche Zuneigung entgegenbringen. Jetzt erkenne ich, dass ich mich getäuscht habe.“
„Du hast dich entschieden, die familiären Bande zu durchtrennen. Dein Schicksal liegt jetzt in deiner Hand.“
„Wirklich, Frederick?“ Rosalyns offener Blick veranlasste ihn, die Augen abzuwenden. „Du hast Damian des Mordes bezichtigt. Ich glaube jedoch, dass auch du einmal an Mord gedacht hast. Prüfe dein Herz, Frederick, und ergründe, ob du noch etwas von dem darin findest, was einst dort war. Falls du das nicht tust, wirst du meiner Meinung nach zu leiden haben.“
Er schaute die Schwester nicht an. „Ich habe gesagt, was ich dir mitzuteilen hatte. Mrs. Forrester hat mir erzählt, wo du wohnst. Ich bin flüchtig mit ihrem Mann bekannt. Solltest du in Zukunft mit mir in Verbindung treten müssen, dann tu das durch meinen Anwalt.“ Er verneigte sich knapp, drehte sich um und verließ den Raum.
Rosalyn blieb noch einen Moment lang stehen. Dann nahm sie die von ihm hinterlassenen Dokumente an sich und legte sie in die Schreibtischschublade. Sie war nicht gewillt, sich jetzt mit ihnen zu befassen, und auch nicht mehr gelaunt, Briefe zu schreiben.
„Oh, Damian! Die Pferde sind wunderschön! Vielen Dank! Ich hätte mir nichts Aufregenderes wünschen können!“
Rosalyn betrachtete die rassigen Kutschpferde, die Damian ihr gekauft hatte. Die Rappen hatten weiße Nasenblessen und passten wunderbar zusammen. Ein besser aufeinander abgestimmtes Gespann hätte man nicht finden können. Außerdem waren sie sehr temperamentvoll. Rosalyn konnte sich denken, dass Damian sich große Mühe gegeben hatte, die Rappen zu finden, die gewiss sehr viel Geld gekostet hatten.
„Es freut mich, dass sie dir gefallen“, erwiderte er und lächelte angesichts von Rosalyns Entzücken. Keines seiner Geschenke hatte bisher dieses Leuchten in ihren Augen hervorzurufen vermocht. „Sobald wir uns irgendwo niedergelassen haben, werde ich dir noch mehr Pferde kaufen. Vielleicht würdest du gern ein Gestüt gründen und Vollblutpferde züchten, die du reiten oder zu Rennen schicken könntest.“
„Könnte ich das machen?“ Staunend schaute Rosalyn ihn an. „Woher wusstest du, dass ich immer Pferde züchten wollte?“
„Das habe ich nicht gewusst“, antwortete er, neigte sich zu ihr und drückte ihr einen sanften Kuss auf den Mund. „Ich hatte gehofft, der Gedanke könne dir zusagen, damit du etwas hast, womit du deine Zeit verbringen und dich amüsieren kannst.“
Er wollte ihr den Verlust der Angehörigen und Freunde ausgleichen.
„Genau das würde ich für mein Leben gern tun“, versicherte Rosalyn und schmiegte die Wange an das von ihr getätschelte Pferd. „Oh, du bist eine Schönheit!“
„Die Pferde heißen Brombeere und Mitternacht“, sagte Damian. „Natürlich kannst du ihnen andere Namen geben, wenn du möchtest.“
„Ich würde sie dann nur verwirren“, entgegnete Rosalyn. „Falls ich ein Gestüt habe, muss ich vielen Pferden Namen geben.“ Sie trat beiseite, als der vor Kurzem
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